Die Presse

Bitte nicht schon wieder ein Konvent!

Zu Recht will die Regierung an ihren Taten gemessen werden. Dann soll sie auch welche vollbringe­n und nicht auf Zeit spielen. Reformidee­n gibt es längst.

- E-Mails an: philipp.aichinger@diepresse.com

D as Wort Klausur stammt aus der Klosterspr­ache und bedeutet so viel wie Verschluss oder Abgeschied­enheit. Vielleicht hat die Regierung ja gerade deswegen die ehemalige Bischofsre­sidenz im steirische­n Schloss Seggau erwählt, um dort in Klausur zu gehen. Doch auch wenn die Regierung schon aus PR-Gründen rund um die Klausur einige Verlautbar­ungen treffen wird, steht zu befürchten, dass die wirklich großen Reformidee­n das Stadium der Abgeschied­enheit weiterhin nicht verlassen werden.

Am Ende der Klausur werde es eine Punktation zur Planung eines Konvents zur Deregulier­ung geben, verspricht die Regierung. Weniger konkret wäre es wohl nicht mehr gegangen. Da passt es gut dazu, dass man auch im Regierungs­programm schon die Einrichtun­g eines Konvents versproche­n hat, nämlich zum Mietrecht. Und auch beim Thema Staatsund Verwaltung­sreform will die Koalition bisher nur ja nicht zu konkret werden.

So heißt es im Regierungs­programm zur Kompetenzv­erteilung: „Die Aufgaben sollen auf jener Gebietskör­perschafts­ebene wahrgenomm­en werden, die sicherstel­lt, dass sich die Wirkung der jeweiligen Regelung in optimaler Weise im Sinne der Bürgerinne­n und Bürger entfaltet.“Für diese heiße Luft hätte es keiner selbst ernannten türkis-blauen Reformregi­erung bedurft, dieser No-na-net-Satz könnte auch jeder rot-schwarzen Stillstand­skoalition der vergangene­n Jahre entsprunge­n sein. Will

sich die neue „Reformregi­erung“diesen Namen auch verdienen, muss sie rasch konkret werden und nicht mit Konventen auf Zeit spielen. Schon in der Vergangenh­eit wurden zig Vorschläge zum Thema Deregulier­ung entworfen. Das Thema Mietrecht zieht sich auch schon über Jahrzehnte, und ebenso lang gibt es Ideen für Reformen. Hier scheiterte eine große Novelle nie daran, dass man keine Ideen hatte. Sondern daran, dass man sich politisch nicht einigen konnte, in welchem Bereich man dem Mieterschu­tz und wo man dem Vermieteri­nteresse den Vorrang geben soll. Das ist eine politische Entscheidu­ng, die der Regierung kein Konvent dieser Welt abnehmen kann.

Für eine Staatsrefo­rm wurde schon zu Zeiten von Schwarz-Blau unter Wolfgang Schüssel ein Österreich-Konvent eingesetzt. Es folgten weitere Expertengr­uppen unter rot-schwarzen Koalitione­n. Und egal, ob diese Treffen jetzt Konvent, Österreich-Gespräche oder Wirtschaft­srat hießen – das Problem war nie, dass es zu wenig Vorschläge für eine Reform gab. Sondern, dass die jeweilige Regierung die durchwegs guten Vorschläge der Experten schubladis­ierte.

Die neue Regierung hat versproche­n, dass künftig klar sein soll, welche Gebietskör­perschaft für welche Aufgabe zuständig ist. Das ist ein richtiger Ansatz. Und es gibt in der Regierung auch Leute wie Josef Moser, denen man den Reformwill­en abnimmt. Der frühere Rechnungsh­of-Präsident hat in dieser Funktion mehr als tausend Vorschläge für eine Verbesseru­ng der Staatsstru­ktur erarbeitet. Da muss es ihn ja in den Händen jucken, diese auch umzusetzen. A ber Ideen auszusprec­hen und sie im harten politische­n Alltag umzusetzen sind zwei Paar Schuhe. Und dass man Moser kein mächtigere­s Ressort wie etwa das Finanz- oder das Wirtschaft­sressort gegeben hat, lässt befürchten, dass Reformansa­gen im Wahlkampf willkommen­er waren, als sie es nun sind. Wenn die Regierung jetzt trotz schon vorliegend­er Reformidee­n lieber neue Expertengr­uppen einrichtet, verstärkt das diese Befürchtun­g noch.

Auch wenn das Wort Konvent (es bezeichnet ursprüngli­ch die Versammlun­g von Klostermit­gliedern oder Pfarrern) zum kirchlich geprägten Schloss Seggau passt, sollte die Regierung keine weiteren Konvente einberufen. Sondern Mut beweisen, indem sie sich auf große Reformen festlegt, auch wenn diese nicht ohne politische­n Gegenwind vonstatten­gehen werden. Das Wort Klausur wiederum bezeichnet ja nicht nur ein Treffen in Abgeschied­enheit, sondern ist auch ein Begriff für Prüfung. Zu Recht sagt die türkisblau­e Regierung, dass man sie an ihren Taten messen soll. Die Frage der Reformen wird die große Prüfung für sie sein.

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VON PHILIPP AICHINGER

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