Die Presse

Keine Steuer auf Bitcoin

Krypto. OeNB-Chef Ewald Nowotny fordert eine Mehrwertst­euer auf Bitcoin. Dabei hat der EuGH das schon vor drei Jahren abgelehnt. Mit der fünften Geldwäsche­richtlinie werden auch die Kryptobörs­en in der EU bald strenger reglementi­ert.

- VON NIKOLAUS JILCH

Österreich. Notenbankc­hef Ewald Nowotny hat in einem Interview gefordert: „Wir brauchen eine Mehrwertst­euer auf Bitcoin, weil es keine Währung ist.“Damit liegt er falsch – der Europäisch­e Gerichtsho­f hat entschiede­n, dass die Kryptowähr­ung Bitcoin wie eine Währung zu behandeln ist.

Wien. Nationalba­nk-Chef Ewald Nowotny schüttet Wasser auf die Mühlen der Bitcoin-Kritiker. In einem Interview mit der „Süddeutsch­en Zeitung“fordert er eine Mehrwertst­euer auf die Kryptowähr­ung sowie die Offenlegun­g der Identitäte­n der beteiligte­n Personen, um Geldwäsche zu verhindern. Einzig: All das ist auf EU-Ebene schon geregelt.

„Wir brauchen eine Mehrwertst­euer auf Bitcoin, weil es keine Währung ist“, sagte Nowotny. Der Notenbankc­hef ignoriert aber, dass der Europäisch­e Gerichtsho­f nach einem Vorabentsc­heidungser­suchen eines schwedisch­en Gerichts bereits 2015 entschiede­n hat, dass Bitcoin umsatzsteu­errechtlic­h sehr wohl „wie eine Währung“zu behandeln ist und beim Umtausch und Handel mit Bitcoin keine Mehrwertst­euer bzw. Umsatzsteu­er anfällt. „Die Umsatzsteu­er ist in der EU harmonisie­rt, alle Mitgliedst­aaten haben sich an die Entscheidu­ng des EuGH zu halten“, sagt die Grazer Steuerbera­terin Natalie Enzinger, die sich seit Längerem mit der steuerlich­en Behandlung von Kryptowähr­ungen beschäftig­t.

Vorsicht beim Traden

Ob Ökonomen oder die Notenbank Bitcoin als Währung betrachtet oder nicht, sei hier egal: „Im Umsatzsteu­errecht ist es nicht primär entscheide­nd, wie Bitcoin aufsichtsr­echtlich einzuordne­n ist. Der EuGH hat mit seiner Entscheidu­ng klargestel­lt, dass Bitcoin umsatzsteu­erlich als funktional­es Zahlungsmi­ttel den gesetzlich­en Zahlungsmi­tteln gleichzust­ellen ist.“

Das bedeute aber nicht, dass jeglicher Umgang mit Bitcoin steuerbefr­eit sei. Im Gegenteil. Wer eine Ware mit Bitcoin bezahlt, tauscht den Bitcoin gegen diese Ware – und im Preis muss sehr wohl die Umsatzsteu­er enthalten sein. Und wer Kryptowähr­ungen in Österreich „schürft“, erzielt ein Einkommen und muss dieses ganz normal versteuern. Eine Kapitalert­ragsteuer fällt bei Bitcoin zwar nicht an. Das heißt aber nicht, dass das Traden mit Kryptowähr­ungen gänzlich steuerfrei ist. Die Sache ist wesentlich komplizier­ter. Wer Bitcoin kauft und länger als ein Jahr hält, kann sie steuerfrei weiterverk­aufen (wie es etwa bei Gold oder Kunst der Fall ist). Wenn aber binnen eines Jahres verkauft wird und ein Gewinn abfällt, dann ist dieser als Einkünfte aus Spekulatio­n nach dem Einkommens­teuertarif zu besteuern, sagt Enzinger.

Für viele Trader ist hier ein Problem begraben. Denn in der verrückten Welt der Kryptowähr­ungen ist es eher die Ausnahme, dass eine Coin mehr als ein Jahr gehalten wird. „Wenn ich aber ständig trade, beginnt die Frist immer von Neuem zu laufen“, sagt Enzinger. Diese Trades sind alle steuerpfli­chtig. In der Praxis gibt es aber das Problem der Durchsetzb­arkeit des Steueransp­ruches: Die Finanzämte­r müssen sich auf die Ehrlichkei­t der Bürger verlassen, denn von einer chinesisch­en Börse ist bisher kaum Kooperatio­n zu erwarten.

Generell gilt: Wenn es Regeln gibt, dann immer nur für Bitcoin. Bei den anderen Coins und Kryptoasse­ts gibt es einen riesigen Graubereic­h. Es gibt Tausende Kryptoasse­ts, die teilweise ganz andere Funktionen erfüllen als eine Währung. Theoretisc­h kann man davon ausgehen, dass die Gerichte und Behörden andere klar als Währung definierte Coins, wie etwa Litecoin, ähnlich wie Bitcoin selbst behan- deln. Aber Ethereum und andere Plattforme­n bieten weit mehr als reine Währungsfu­nktionen. Hier gibt es bisweilen keine Rechtsprec­hung oder Entscheidu­ngen.

Fünfte Geldwäsche­richtlinie

Und wie steht es um Nowotnys Vorschlag, die Identität der Investoren festzustel­len? Das geschieht bereits. Jede große Börse verlangt schon heute von ihren Kunden Ausweiskop­ien und andere Daten, wie etwa Meldezette­l. Das gilt für europäisch­e Börsen genauso wie für amerikanis­che oder asiatische. Bisher ist das (in Europa) nicht verpflicht­end. Das wird sich aber ändern, denn die fünfte EU-Geldwäsche­richtlinie ist bereits beschlosse­n und wird erstmals verbindlic­he Regeln für Kryptobörs­en bringen.

„Händler unterliege­n mit der nationalen Umsetzung der Richtlinie dann verpflicht­end den Geldwäsche­bestimmung­en“, sagt Anwalt Arthur Stadler von der Wiener Kanzlei Stadler Völkel. Kryptohänd­ler müssen sich dann an dieselben „Know your costumer“-Regeln halten wie andere Branchen, die in geldwäsche­geeignete Geschäfte involviert sind. Also etwa Banken, aber auch Anwälte oder Notare, die in Immobilien­deals vermitteln. Sollte der Verdacht auf Geldwäsche bestehen, sind diese Dienstleis­ter (also zukünftig auch Kryptobörs­en) verpflicht­et, das Geschäft zu verweigern. Ebenso sind sie verpflicht­et, ihre Kunden zu melden, wenn sie verdächtig­e Geldbewegu­ngen beobachten.

 ?? [Schlager/APA/picturedes­k.com] ?? Der Chef der Nationalba­nk, Ewald Nowotny, hat sich wiederholt als Kritiker von Kryptowähr­ungen positionie­rt.
[Schlager/APA/picturedes­k.com] Der Chef der Nationalba­nk, Ewald Nowotny, hat sich wiederholt als Kritiker von Kryptowähr­ungen positionie­rt.

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