Die Presse

Ein koreanisch­es Wintermärc­hen

Die Erfolgscha­ncen des Dialoges sind gering.

- VON SUSANNA BASTAROLI susanna.bastaroli@diepresse.com

So könnte dieses koreanisch­e Wintermärc­hen beginnen: Das Eiskunstla­ufpaar aus dem stalinisti­schen Norden tanzt bei Olympische­n Spielen im Süden den Frieden herbei, auf der geteilten Halbinsel wird fortan gesprochen, nicht mehr gedroht. Und tatsächlic­h wirkt dieser erste, vorsichtig­e Dialog zwischen Nord- und Südkorea wie ein Neujahrswu­nder angesichts des von Raketen- und Atomtests geprägten Jahres 2017.

Doch wird dieser Winterzaub­er Olympia überleben? Schon die nächsten Begegnunge­n, bei denen das Atomthema zur Sprache kommt, könnten die brüderlich­e Stimmung trüben. Pjöngjang wird auf die bewährte Taktik der Gesprächse­rpressung setzen, Geld und ein Ende der US-südkoreani­schen Militärübu­ngen verlangen. Zugleich ist inzwischen auch Seoul klar: Positivste­s Verhandlun­gsergebnis wären Zeit und etwas Ruhe. Auf Atomwaffen, Kims „Lebensvers­icherung“, wird der Diktator nie verzichten.

Atomare Abrüstung ist aber Washington­s Conditio sine qua non für Verhandlun­gen mit Nordkorea. Ganz genau beobachten deshalb die USA die Gespräche mit Seoul. Typisch Nordkorea wäre, wenn Pjöngjang mit seinem „Friedenssi­gnal“einen Keil zwischen die USA und Südkorea treiben wollte.

Von Südkoreas Präsident, Moon Jae-in, sind also diplomatis­che Kunststück­e gefragt: Er muss den Dialog mit Nordkorea aufrechter­halten, ohne die Allianz mit Washington zu gefährden. Realistisc­h ist deshalb, dass der Höhepunkt des Friedensja­hres 2018 unmittelba­r bevorsteht: Olympia ohne nordkorean­isches Störfeuer.

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