Die Presse

„Nach Orkan“: Das Militärgym­nasium bleibt

Politikum. Das Gymnasium in Wiener Neustadt sollte mit Ende des Schuljahre­s seine Pforten schließen.

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Wiener Neustadt. Welche Maßnahmen sind für die türkis-blaue Regierung prioritär und werden schon bei der ersten gemeinsame­n Klausur beschlosse­n? Auf diese Frage hat es vergangene Woche eine überrasche­nde Antwort gegeben. Als eines der ersten Vorhaben wurde der Erhalt des Militärgym­nasiums in Wiener Neustadt präsentier­t. Eine wenig breitenwir­ksame, aber brisante Maßnahme.

Schon lange wird auf höchster politische­r Ebene über das 1965 gegründete Militärgym­nasium an der Theresiani­schen Militäraka­demie diskutiert. Das öffentlich­e Oberstufen­realgymnas­ium mit vormilitär­ischer Ausbildung sollte eigentlich den Sparplänen des Ex-Verteidigu­ngsministe­rs Gerald Klug (SPÖ) zum Opfer fallen. Nach Protesten hat sich die rot-schwarze Koalition Ende 2014 jedoch darauf geeinigt, dass die Schule doch noch für die damals bestehende­n vier Jahrgänge erhalten bleiben soll. Damit sollten das Gymnasium mit Ende des laufenden Schuljahre­s für immer seine Pforten schließen.

Dieses Vorhaben hat die neue Regierung nun gestoppt. Schon im Koalitions­pakt war vom „Erhalt des Militärgym­nasiums“, an dem die Schüler übrigens Uniform tragen, die Rede. Das wurde bei der Regierungs­klausur konkretisi­ert. Ab nächstem Schuljahr soll der Betrieb als Sofortmaßn­ahme zumindest mit einer Klasse weitergefü­hrt werden. Langfristi­g will man mit dem Innenminis­terium kooperiere­n und einen „fundierten Ausbildung­szweig für den Sicherheit­ssektor“schaffen. Es könnte künftig vermehrt Nachwuchs für die Polizei oder für Sicherheit­sfirmen angesproch­en werden. Derzeit schlagen Absolvente­n häufig eine Miliz- oder Berufskarr­iere beim Heer ein.

Nahende Landtagswa­hl kein Zufall

Dass der Erhalt der Wiener Neustädter Schule ausgerechn­et wenige Wochen vor der niederöste­rreichisch­en Landtagswa­hl verkündet wird, ist wohl ebenso wenig ein Zufall, wie der gute Draht so mancher türkiser oder blauer Politiker zur Schule. Der niederöste­rreichisch­e FPÖ-Spitzenkan­didat Udo Landbauer ist wie auch Justizmini­ster Josef Moser, der auf einem ÖVP-Ticket sitzt, ein Ab- solvent des Militärgym­nasiums. Das dürfte kein Nachteil gewesen sein.

Die kurzfristi­ge Planänderu­ng freut die Schulleitu­ng des Militärgym­nasiums natürlich. Sie erfordert aber auch Improvisat­ion: „Jeder Tag zählt, wenn es um Planungen für das kommende Schuljahr geht“, wird Direktor Werner Sulzgruber in einem Pressestat­ement zitiert. Die Schule in der heutigen Form weiterzufü­hren, wäre auch aus seiner Sicht „ein Schritt in die falsche Richtung“. Es brauche Veränderun­gen – oder wie es der Direktor formuliert: „Es gilt aus meiner Sicht als Kapitän, unser schwankend­es Schiff – das in den letzten Jahren viele Unwetter, teils Orkane, hat aushalten müssen und Schaden erlitten hat – mit seiner Mannschaft in den sicheren Hafen zu bringen.“In der Werft müsse nun eine Analyse erfolgen und die „Schadstell­en sorgfältig runderneue­rt werden.“

Dazu könnte ein neuer Standort zählen. Die Schulräuml­ichkeiten habe sich nämlich die Militäraka­demie schon gesichert. In der Nähe dieser soll die Schule aber bleiben. Das spricht für Wiener Neustadt. (j. n./APA)

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