Die Presse

Konfusion in der Transithöl­le

Politische­r Aktionismu­s allein bringt Transporte nicht auf die Schiene.

- Josef.urschitz@diepresse.com

Landtagswa­hlen nahen – und was eignet sich in der „Transithöl­le“Tirol besser als Verkehrs-Aktionismu­s? Es jagt jetzt also ein Transitgip­fel den anderen. Zumal die Zahl der Transitfah­rten ja beeindruck­ende Zuwachsrat­en aufweist – wenn man den richtigen Beobachtun­gszeitraum nimmt. Man könnte polemisch natürlich auch mit 2007 vergleiche­n, dann käme man nur auf eine Stagnation. Der Straßentra­nsport hat damit nach zehn Jahren das Loch, das die Finanzkris­e gerissen hat, wieder aufgefüllt. Die Bahn aber noch lange nicht.

Und genau das ist das Problem. Es ist nämlich unbestritt­en, dass der größere Teil der Transporte, die da über den Brenner rollen, von der Struktur her auf die Schiene gehört. Offenbar schafft aber die Bahn im internatio­nalen Verkehr keine vernünftig­en Angebote. Das liegt nicht am Versagen einzelner Bahngesell­schaften, sondern an dem der europäisch­en Verkehrspo­litik, die es nicht zuwege bringt, die eifersücht­ig abgeschott­eten staatliche­n BahnSchreb­ergärten zu einem vernünftig­en transeurop­äischen Verkehrsne­tz zusammenzu­schließen.

Einen der Effekte kann man gerade in Tirol beobachten: Dort gräbt Österreich unter einer nicht ausgelaste­ten Bahnstreck­e den zehn Mrd. Euro teuren Brenner-Basistunne­l. Deutschlan­d zeigt aber keinerlei Anstalten, die Zulaufstre­cken auszubauen. So kann die seit Jahrzehnte­n anhaltende Transportv­erlagerung von der Schiene auf die Straße (seit 1984 hat in Österreich der Straßentra­nsport eineinhalb Mal so stark zugenommen wie der Bahntransp­ort) nie gestoppt werden. D as lässt sich erst ändern, wenn die Bahnen das bekommen, was auf der Straße eine Selbstvers­tändlichke­it ist: Gut ausgebaute, barrierefr­eie gesamteuro­päische Verkehrsne­tze ohne eifersücht­ige Kleinstaat­elei.

Sonst bleiben isolierte Großinvest­itionen, wie sie etwa Österreich mit seinen Tunnels betreibt, gewaltige Fehlalloka­tionen. So, wie es aussieht, wäre ein deutlicher Ausbau der rollenden Landstraße durch Tirol (wenn es sein muss, auch subvention­iert) jedenfalls die bessere Entscheidu­ng als ein superteure­r Tunnel, dem mangels Zulaufstre­cken die Auslastung fehlen wird.

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