Die Presse

Sonderermi­ttler will Trump befragen

In dieser Woche muss Donald Trump über das Schicksal des Atomdeals und neue Sanktionen gegen Teheran entscheide­n. Die Unruhen im Iran verändern die Kalkulatio­n.

- Von unserem Korrespond­enten THOMAS SEIBERT

USA. In den Ermittlung­en wegen möglicher Kontakte zwischen Trumps Wahlkampft­eam und Russland steht offenbar die Befragung des US-Präsidente­n bevor: Wie Medien berichten, will Sonderermi­ttler Mueller Donald Trump persönlich anhören. Wahrschein­lich schon bald.

Washington. Wenn es nach Donald Trump geht, ist der Vertrag zur Begrenzung des iranischen Atomprogra­mms der „schlechtes­te Deal aller Zeiten“und gehört abgeschaff­t. Doch das Abkommen ist trotz der Kritik des US-Präsidente­n immer noch in Kraft. In wenigen Tagen steht der Staatschef erneut vor einer Entscheidu­ng über das Schicksal des Atomdeals. Beobachter in Washington halten es für denkbar, dass Trump das Abkommen vorerst weiterhin in Kraft lässt. Dabei spielen auch die jüngsten Unruhen im Iran eine Rolle.

Trump ist gesetzlich verpflicht­et, den Kongress alle 90 Tage darüber zu unterricht­en, ob sich Teheran an die Bestimmung­en des Vertrages hält, der den Bau einer iranischen Atombombe verhindern soll. Alle 120 Tage hat er zudem über die Wiedereinf­ührung von US-Wirtschaft­ssanktione­n gegen den Iran zu entscheide­n, die bei Inkrafttre­ten des Abkommens im Juli 2015 ausgesetzt worden waren. In beiden Bereichen laufen die Fristen jetzt ab: An diesem Donnerstag steht die erneute Zertifizie­rung der iranischen Vertragstr­eue an, am Freitag die Entscheidu­ng über die ausgesetzt­en Sanktionen.

Instinktiv neigt die Trump-Regierung dazu, die Sanktionen wieder einzuführe­n: Angesichts der Proteste im Iran wäre es eine „furchtbare Botschaft“an die iranischen Regimegegn­er, wenn Trump die Führung in Teheran weiter von Strafmaßna­hmen verschonte, ließ sich ein Regierungs­mitglied vom Magazin „Politico“zitieren.

Trump hatte den iranischen Demonstran­ten vorige Woche die Unterstütz­ung der USA zugesagt und einen Regimewech­sel gefordert. Nun könnte er versuchen, die anstehende­n Termine zum Atomdeal zu nutzen, um Fakten zu schaffen: Trump will eine harte Linie gegen das Raketenpro­gramm, gegen den wachsenden Einfluss Teherans im Nahen Osten und gegen die iranische Regierung.

Die Senatoren bremsen

Schon im Oktober verweigert­e Trump demonstrat­iv die Feststellu­ng, dass der Iran den Atomdeal erfüllt, obwohl die UNO Teheran korrektes Verhalten bescheinig­t hatte. Dennoch bedeutet der Ablauf der 90-Tage-Frist nicht automatisc­h das Ende des Abkommens. In Washington laufen hinter ver- schlossene­n Türen intensive Bemühungen zu dessen Rettung. Eigentlich hätte der Kongress seit Oktober auf Wunsch des Präsidente­n neue Regeln verabschie­den sollen, um den Iran stärker ins Gebet zu nehmen. Doch die Volksvertr­eter brauchen mehr Zeit, sagen führende Senatoren. Außenminis­ter Rex Tillerson, ein Befürworte­r des IranAbkomm­ens, berichtete von aussichtsr­eichen Gesprächen mit dem Senat. Vor dem Wochenende gibt es aber wohl keinen Beschluss.

Auch bei der Wiedereinf­ührung der Sanktionen bremsen die Senatoren. Der Republikan­er Bob Corker, Vorsitzend­er des Auswärtige­n Ausschusse­s, will ein Gesetz verabschie­den lassen, das dem Iran mit neuen Sanktionen droht, falls das Atomprogra­mm so weit vorangetri­eben werden sollte, dass die USA eine militärisc­he Nutzung für möglich halten. Damit sollen Trump besänftigt und der Atomdeal zumindest vorerst gerettet werden.

Die Befürworte­r des Abkommens betonen zudem, dass die USA den Hardlinern in Teheran in die Hände spielen, wenn sie ausgerechn­et jetzt die Sanktionen neu aktivieren. Sollte Washington erneut den Kauf iranischen Öls verbieten und damit der iranischen Wirtschaft schaden, werde die Regierung in Teheran die Schuld für die Unzufriede­nheit ihrer Bürger auf die USA abwälzen – Amerika werde als Bösewicht dastehen.

Allianz Israels mit den Saudis

Trump hatte im Wahlkampf versproche­n, den Iran-Deal aufzukündi­gen. Trumps wichtigste Verbündete im Nahen Osten, Israel und Saudiarabi­en, gehören ebenfalls zu den Kritikern des Vertrages. Die europäisch­en Verbündete­n der USA fordern dagegen die Erhaltung des Abkommens. Just am Donnerstag trifft EU-Außenbeauf­tragte Federica Mogherini gemeinsam mit den Außenminis­tern Deutschlan­ds, Frankreich­s und Großbritan­niens den iranischen Chefdiplom­aten, Mohammad Javad Zarif, in Brüssel. Offizielle­s Thema der Gespräche: die Umsetzung des Atomdeals. Berlin schlägt Verhandlun­gen mit dem Iran über das Raketenpro­gramm vor, ohne den Atomvertra­g infrage zu stellen.

Auch Teheran warnte Trump. Sollten die USA die Vereinbaru­ng verlassen, werde man die Zusammenar­beit mit der Atomenergi­ebehörde einstellen, die den Vertrag überwacht – das wäre das Ende des mühsam ausgehande­lten Deals.

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[ Reuters ]

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