Die Presse

EU-Plastikste­uer ist auf unbestimmt­e Zeit vom Tisch

Umweltschu­tz. Die Kommission legt Pläne gegen Kunststoff­müll vor. Ein konkreter Plan für dessen Besteuerun­g ist nicht Teil davon.

- Von unserem Korrespond­enten OLIVER GRIMM

Brüssel. Vor einer Woche hatte Günther Oettinger, der EU-Kommissar für Haushalt und Personal, mit dem Vorschlag einer unionsweit­en Steuer auf Plastik für Schlagzeil­en gesorgt. Am Dienstag erteilte ihm seine eigene Behörde fürs Erste eine Absage. „Wir haben noch keinen Weg gefunden, um eine europaweit­e Plastikste­uer einzuführe­n. Es ist zu früh, um irgendetwa­s zu verspreche­n“, sagte Jyrki Katainen, Vizepräsid­ent der Kommission, nach der wöchentlic­hen Sitzung der Behörde. Er sei hinsichtli­ch einer schnellen Umsetzung dieser Idee skeptisch, fügte der frühere finnische Ministerpr­äsident hinzu. Er wies zudem auf das Ziel der Kommission hin, den Kunststoff­abfall zu verringern: „Je weniger Plastik wir haben, desto weniger haben wir zu besteuern.“

Auf absehbare Zeit wird es also keine EU-Steuer auf Kunststoff­e geben. Ein einziger vager Satz im Papier über die Plastikstr­ategie der Kommission ist dieser Frage gewidmet: man werde die Machbarkei­t der Einführung steuerlich­er Maßnahmen auf EU-Ebene prüfen. Oettinger selbst wies in seinem Weblog daraufhin, dass die Rechtsexpe­rten die Arbeiten an einem Vorschlag begännen. Doch es ist unwahrsche­inlich, dass die Kommission dieses Thema noch in ihrer laufenden Amtsperiod­e Ende 2019 ernsthaft vorantreib­en wird können. Der Brexit, das Ringen um den nächsten Haushalt, die Reform der Währungsun­ion und das ungelöste Migrations­problem binden die politische­n Kräfte der Brüsseler Behörde.

Die Kommission verfolgt mit dieser am Dienstag vorgelegte­n Plastikstr­ategie das ehrgeizige Ziel, die Verschmutz­ung der Weltmeere durch Kunststoff­abfälle zu bremsen. Ihre Vorschläge dazu sind allerdings vage formuliert, und es ist ungewiss, wie diese Vorhaben in Rechtsform gegossen werden sollen.

Brüssel will mehr Recycling

Bis zum Jahr 2030 sollen zum Beispiel sämtliche Verpackung­smateriali­en aus Kunststoff, die in der Union verwendet werden, entweder direkt wieder benützt werden oder „auf kostenwirk­same Weise“wiederverw­ertet werden. Um die Definition dessen, was „kostenwirk­sam“ist, wird bei der dafür notwendige­n Neufassung der seit 1994 mehrfach novelliert­en Richtlinie über Verpackung­en und Verpackung­sabfälle ein harter Kampf zwischen Europaparl­ament, Mitgliedst­aaten und Industriev­erbän- den stattfinde­n. Schon seit November 2016 sind die Mitgliedst­aaten durch eine andere Richtlinie verpflicht­et, die Verwendung von leichten Plastiksac­kerln zu verringern. Bis zum nächsten Jahr sollen um 80 Prozent weniger solcher Sackerln in Umlauf kommen, als das 2010 der Fall war.

Sehr unscharf ist auch das Bestreben, Mikroplast­ik zu bekämpfen. Das sind Teilchen mit weniger als fünf Millimeter Umfang, die ins Ökosystem der Meere gespült werden und sich unter anderem bereits in Meersalz nachweisen ließen. Die Kommission möchte deren Verwendung – ebenso wie jene von „biologisch abbaubarem Plastik“– über eine schärfere Fassung der Chemikalie­nverordnun­g REACH eindämmen. Doch in all diesen Dossiers will die Kommission erst Ende 2018 oder im Verlaufe von 2019 konkrete Vorschläge machen – zu spät, um sie noch in dieser Amtszeit zu beschließe­n.

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