Neuer Generalstabschef mit Bosnien-Erfahrung
Kulissengespräche. Verteidigungsminister Mario Kunasek muss die Spitzenposition im Heer neu besetzen. Generalmajor Robert Brieger ist Favorit für die Nachfolge von Generalstabschef Othmar Commenda.
Wien. Verteidigungsminister Mario Kunasek muss in den ersten Monaten seiner Amtszeit gleich seine wichtigste Personalentscheidung treffen: Der Vertrag von Generalstabschef Othmar Commenda läuft im Mai aus. Commenda wird heuer 64 Jahre alt und kommt für eine weitere Amtszeit nicht infrage.
Bis vor wenigen Monaten wäre die Nachfolge klar gewesen: Sektionschef Karl Schmidseder galt unbestritten als der fachlich geeignetste und hat unter drei Ministern – Norbert Darabos, Gerald Klug und Hans Peter Doskozil – eine zentrale Rolle gespielt. Mit dem Ministerwechsel hat SPÖMann Schmidseder plötzlich keine Chance mehr. In die erste Reihe gerückt ist jetzt Generalmajor Robert Brieger.
Kunasek hat den Abteilungsleiter in der Sektion III bereits in sein Kabinett geholt und zu seinem Stabschef gemacht – ein Präjudiz, wie viele meinen. Brieger (61) hat eine lange Bundesheer-Karriere hinter sich: Er war Stellvertreter des langjährigen Sektionschefs Christian Segur-Cabanac, dann einige Jahre Kommandant der Eufor-Truppe in Bosnien und Herzegowina. Danach bewarb er sich als Leiter der Sektion IV – doch ihm wurde Schmidseder vorgezogen.
Gegen die Bestellung Briegers spricht nicht viel. Auch er ist im Bundesheer fachlich anerkannt. Und er ist – im Gegensatz zu anderen möglichen FPÖ-nahen Kandidaten – in der richtigen Position und noch nicht zu jung für diesen Karrieresprung. Gegen ihn spricht nur, dass er die Funktion altersbedingt nur eine einzige Periode lang ausüben kann (was aber auch für seine Vorgänger galt). Und dass die Kommunikation nach außen nicht als seine Stärke gilt.
Kein Anwärter auf den Job ist der Vorgesetzte des künftigen Generalstabschefs. Der neue Generalsekretär des Ministeriums, Wolfgang Baumann, der einst schon im Kabinett von Herbert Scheibner die Fäden gezogen hat, bekleidet den Rang eines Obersts und gehört nicht dem Generalstab an. Ihn zum Chef des Generalstabs zu machen käme einem Affront der Offiziere gleich.
Mit seiner Bestellung hat Kunasek übrigens eine neue Hierarchieebene im Ministerium eingezogen, die einigermaßen seltsam wirkt: In den anderen Ministerien ist der Generalsekretär Vorgesetzter der Sektionschefs. Im Verteidigungsressort gibt es das bereits: Da ist der Generalstabschef den anderen Sektionen mit Ausnahme der „zivilen“Sektion I übergeordnet.
Die Alternative zu Brieger wäre kein FPÖ-Kandidat, sondern einer, der dem Koalitionspartner nahesteht: Rudolf Striedinger, einst Militärkommandant in Niederösterreich, von Hans Peter Doskozil zum Leiter des Heeres-Abwehramtes, also des Inlandsgeheimdienstes des Bundesheers, bestellt.
Neben der Personalentscheidung hat Kunasek in den ersten Monaten noch eine zweite wichtige Aufgabe: Er muss mit Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) die ersten zwei Budgets ausverhandeln. Da wird sich zeigen, ob das Bundesheer tatsächlich wie angekündigt deutlich höhere Budgetmittel zugestanden bekommt. In den Regierungsverhandlungen hat die FPÖ ein Prozent des BIPs verlangt, was eine Steigerung von 2,1 auf 3,6 Milliarden Euro bedeutet hätte. Das wird es nicht spielen – aber wird es über drei Milliarden Euro gehen? Im Regierungsprogramm wurden konkrete Aussagen zum Heeresbudget vermieden.
Vom Erfolg dieser Verhandlungen wird auch das Standing Kunaseks im Heer abhängen. Dort hat man den Minister weitgehend freundlich empfangen, auch wenn hinter vorgehaltener Hand mancherorts gelästert wird, er würde die Probleme des Heers „aus dem Blickwinkel eines Oberstabswachtmeisters“betrachten. Gibt es nicht die versprochene Budgetaufstockung, wird die Kritik zunehmen.