Wer Häupls Nachfolge entscheidet
SPÖ. 981 Delegierte wählen am 27. Jänner den Nachfolger von Michael Häupl. Woher kommen sie? Wer sind sie? Nach welchen Kriterien wählen sie? „Die Presse“bringt die wichtigsten Antworten.
Wien. Es ist der Tag der Entscheidung. In rund zehn Tagen steht fest, wer Michael Häupl nachfolgt. Die SPÖ-Delegierten entscheiden dabei zwischen Wohnbaustadtrat Michael Ludwig und dem SPKlubchef im Parlament, Andreas Schieder. „Die Presse“beantwortet die wichtigsten Fragen.
1 Wird am 27. Jänner der neue Wiener Bürgermeister gewählt?
Nein. Am Landesparteitag, dem höchsten Gremium der SPÖ Wien, entscheiden 981 Delegierte über die Nachfolge Michael Häupls als Parteichef. Wer die Abstimmung gewinnt, dem übergibt Häupl (im Mai) aber das Bürgermeisteramt. Dazu muss der neue SPÖ-Chef im Gemeinderat zum Bürgermeister gewählt werden, wofür die Stimmen des grünen Koalitionspartners notwendig sind.
2 Wer ist Delegierter – wer entscheidet über die Häupl-Nachfolge?
Delegierte werden von den roten Bezirksorganisationen entsendet, vom Wiener Ausschuss (sozusagen die erweiterte Parteiführung mit Gemeinderäten und Bezirksvorstehern) und den SPÖ-Organisationen wie VSSTÖ (rote Studenten), Kinderfreunde etc. Wer Delegierte entsenden darf, ist in den Statuten der Wiener SPÖ geregelt.
3 Wer stellt die meisten Delegierten? Wer ist Königsmacher?
Die SP-Bezirksorganisationen stellen rund 600 Delegierte. Wie viele ein Bezirk hat, hängt von der Mitgliederzahl ab – womit die SPÖDonaustadt deutlich mehr Delegierte besitzt als die SPÖ im ersten Bezirk. Dazu kommen knapp 160 Delegierte vom Wiener Ausschuss (siehe Frage zwei) und rund 200 von zahlreichen unterschiedlichen SPÖ-Organisationen wie Sozialistische Jugend, VSSTÖ, SPÖ-Frauen, Mietervereinigung, Freiheitskämpfer, Red Biker (SPÖMotorradorganisation) bis zu den SPÖ-Briefmarkensammlern. Als Königsmacher gilt die Gewerkschaft, die 120 Delegierte stellt. Sie steht hinter Michael Ludwig.
4 Wie wird man Delegierter – wer bestimmt das?
Delegierte werden beim Parteitag der jeweiligen SPÖ-Bezirkspartei (Bezirkskonferenz) nominiert, oder bei Bezirksausschüssen. Naturgemäß soll ein Delegierter die Linie des Bezirks vertreten. Deshalb ist es logisch, dass der SPÖParteichef eines Bezirks dafür Vertraute entsendet, damit diese entsprechend die Linie des Bezirks vertreten. Welche Delegierten eher für Ludwig, welche eher für Schieder stimmen, kann also oft an der Position des jeweiligen Bezirksparteichefs abgelesen werden. Damit dürften die Delegierten der Flächenbezirke großteils für Ludwig, jene der Innenstadtbezirke großteils für Schieder stimmen.
5 Stimmen alle Delegierten einer Organisation gleich ab?
Nein. In jedem Bezirk, in jeder Organisation gibt es Delegierte, die für Ludwig bzw. für Schieder stimmen werden. Einerseits ist es eine geheime Wahl. Es ist also nicht kontrollierbar, ob ein Delegierter so stimmt, wie es sich sein Parteichef im Bezirk wünscht. Dazu kommt: Ludwig und Schieder haben überall Fans. Ein Delegierter wird jenen Kandidaten wählen, den er sympathischer findet, dem er ideologisch nähersteht oder eher einen Erfolg bei der Wien- Wahl 2020 zutraut. „Für viele Delegierte wird es das entscheidende Kriterium sein“, ist in der Partei zu hören: „Verliert der Häupl-Nachfolger die Wahl 2020, verlieren viele ihre Jobs.“
Dazu kommt: Ein Delegierter kann mehrere „Hüte“haben. Ist jemand als Gewerkschafter, Bezirksfunktionär und auch bei einer roten Organisation engagiert, ist unklar, welche dieser Funktionen sein Wahlverhalten am meisten beeinflusst. Bei manchen Organisationen ist es allerdings absehbar: Die Führung der Gewerkschaft hat sich bei einer internen Abstimmung mit 80 Prozent für Michael Ludwig als nächsten Bürgermeister ausgesprochen. Bei den Gewerkschaftsdelegierten sieht es nach „Presse“-Information ähnlich aus.
6 Was passiert, wenn ein Delegierter krank oder verhindert ist?
Bei rund 1000 Delegierten kann es naturgemäß passieren, dass einige krank werden, manche eine seit Längerem gebuchte Fernreise nicht stornieren können oder kurzfristig verhindert sind. In diesem Fall darf die jeweilige Bezirksorganisation Ersatz nominieren.