„Falscher“Impfstoff nur in Gemeindespitälern
Grippe. Ärzte im AKH und in Privatkrankenhäusern wurden mit dem Vierfachimpfstoff versorgt, nur jene in Gemeindespitälern bekamen die großteils unwirksame Impfung.
Wien. Während die Grippewelle auf ihren Höhepunkt zurollt, ist der Großteil des medizinischen Personals in Wiens Gemeindespitälern ungeschützt. Wie „Die Presse“berichtete, wurden Ärzte und Pfleger nur mit einer Dreifachimpfung versorgt, die nicht gegen das Influenza-B-Virus der Linie Yamagata immunisiert – das aber hauptverantwortlich ist für die diesjährige Grippewelle. Rund zwei Drittel der Erkrankten sind mit diesem Virus infiziert.
Schutz hätte der – in Österreich in diesem Jahr erstmals zugelassene und mittlerweile wegen der hohen Nachfrage nicht mehr lieferbare – Vierfachimpfstoff geboten. Die zuständige MA 15 (Gesundheitsdienst der Stadt Wien) hat ihn aber gar nicht erst bestellt. Weil es keine explizite Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gegeben habe, lautet die Begründung dafür auf Anfrage. Das ist nicht ganz falsch, aber auch nicht ganz richtig.
Tatsächlich empfahl die WHO bereits Anfang März 2017 Impfun- gen sowohl mit dem Dreifach- als auch mit dem Vierfachimpfstoff – weil sich schon damals das sogenannte Yamagata-B/Phuket/3073/ 2013-like Virus als dominierender Erreger abzeichnete.
Für die Stadt kam diese Empfehlung aber angeblich zu spät, weil man die Impfstoffe bereits Anfang des Jahres bestellen musste. Diese frühe Bestellung sei „weltweit üblich“, sagt ein Sprecher auf die Frage, warum man nicht etwas zuwartete, um besser abschätzen zu können, welches Virus hauptverantwortlich für die Grippewelle der kommenden Sai- son sein würde. Der eigentliche Grund für die aktuelle Situation ist aber die, nennen wir es Unflexibilität der Stadt Wien.
Impfstoff bereits 2015 bestellt
Denn wie „Die Presse“erfuhr, wurden die Impfstoffe für den laufenden Winter bereits vor drei Jahren, also Anfang 2015, bestellt – und zwar für die Winter 2015/2016, 2016/2017 und 2017/2018. Für die nächsten drei Jahre wird eine neue Bestellung aufgegeben, die auch den Vierfachimpfstoff beinhaltet.
Heißt das, dass die Stadt den heuer erstmal erhältlichen Vier- fachimpfstoff gar nicht hätte besorgen können und somit keine Verantwortung dafür trägt, dass der Großteil des medizinischen Personals ungeschützt ist? Nein, was unter anderem das AKH und die Privatspitäler Wiens beweisen, die ihrem Personal sehr wohl den nötigen Vierfachimpfstoff zur Verfügung gestellt haben. Die MA 15 hätte also zusätzlich zur Dreijahresbestellung weitere Vakzine einkaufen müssen, worauf schlicht verzichtet wurde.
Abgesehen von der Stadt Wien hat niemand eine fehlende oder zu späte Empfehlung der WHO als Argument dafür genutzt, um auf den Vierfachimpfstoff zu verzichten. Was etwa im AKH zur grotesken Situation geführt hat, dass die – der Med-Uni Wien unterstehenden – Ärzte mit dem Vierfachimpfstoff geimpft wurden, was im Übrigen auch vom nationalen Impfgremium empfohlen wird. Nicht aber das Pflege- und Verwaltungspersonal, denn für dieses ist wiederum die Stadt Wien zuständig – sie bekamen den Dreifachimpfstoff, was in vielen Stationen für Unmut gesorgt hat und weswegen sich zahlreiche Mitarbeiter auf eigene Kosten mit dem Vierfachimpfstoff eingedeckt haben.
Auch die Privatspitäler Wiens haben ihr Personal keinen Gefahren ausgesetzt und Vierfachimpfstoffe angeboten – beispielsweise das Krankenhaus Göttlicher Heiland, das zur Vinzenz-Gruppe gehört. Oder sämtliche Spitäler der Premiquamed-Gruppe, also die Privatkliniken Confraternität, Döbling und Goldenes Kreuz.
Empfehlung bleibt aufrecht
Obwohl Vierfachimpfstoffe nicht mehr lieferbar sind, hält die Apothekerkammer an ihrer Empfehlung fest, sich impfen zu lassen – auch mit dem Dreifachimpfstoff. Dieser wirkt gegen das Influenza-A-Virus und gegen einige B-Stämme, aber eben nicht gegen das in diesem Winter grassierende B-Virus der Yamagata-Linie. Eine Immunität stellt sich nach zehn bis 14 Tagen ein. B-Viren dominieren auch in vielen anderen europäischen Ländern wie etwa Irland, Portugal, Spanien, Frankreich, der Schweiz, Schweden, Norwegen, der Türkei und Kroatien.