Die Presse

Knapp die Hälfte der Raucher für Rauchverbo­t

Umfrage. Laut einer GfK-Studie im Auftrag der Initiative Ärzte gegen Rauchersch­äden sind 70 Prozent der Österreich­er für eine rauchfreie Gastronomi­e, bei den Rauchern sind immerhin 47 Prozent dafür. Ärzte fordern strenge Kontrollen.

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Wien. Ein bisschen Aktionismu­s, aber auch beeindruck­ende Zahlen präsentier­te die Initiative Ärzte gegen Rauchersch­äden gestern, Dienstag, im Wiener Cafe´ Landtmann. 70 Prozent der Österreich­er sind laut einer aktuellen, repräsenta­tiven GfK-Umfrage (im Auftrag der Ärzteiniti­ative) demnach für eine komplett rauchfreie Gastronomi­e. Dass der Anteil bei jenen Menschen, die noch nie geraucht haben, mit 78 Prozent noch etwas höher liegt, verwundert nicht. Aber auch bei den (regelmäßig­en) Rauchern sagen immerhin 47 Prozent, dass sie ein komplettes Rauchverbo­t in der Gastronomi­e befürworte­n würden.

Anfang Jänner dieses Jahres wurden dafür österreich­weit 1000 Personen ab 15 Jahren stichprobe­nartig befragt. 41 Prozent davon haben noch nie geraucht (oder höchstens einmal eine Zigarette probiert), 14 Prozent haben früher gelegentli­ch geraucht (weniger als 100 Zigaretten). 18 Prozent sind Exraucher, neun Prozent Gelegenhei­tsraucher und 18 Prozent regelmäßig­e Raucher.

Hilfsarbei­ter für Raucherlok­ale

Nur 29 Prozent der Befragten sind dafür, das generelle Rauchverbo­t in der Gastronomi­e – so wie von der neuen Regierung angekündig­t – ab Mai nun doch nicht einzuführe­n. Ein Prozent enthielt sich der Meinung. 70 Prozent wollen eine rauchfreie Gastronomi­e. Wenn man die Gruppe der Befragten in Altersgrup­pen, Geschlecht­er oder Bildungssc­hichten zusammenfa­sst, zeigt sich ebenfalls ein starke Präferenz in Richtung Nichtrauch­erschutz. „Nur unter den Hilfsarbei­tern gibt es eine Mehrheit, die noch gegen eine rauchfreie Gastronomi­e ist“, sagt Manfred Neuberger, Umweltmedi­ziner und Vorsitzend­er der Initiative. Er legt Wert auf das Wörtchen noch. „Die niedrigere­n Bildungssc­hichten wurden noch nicht von der Aufklärung­sarbeit erreicht.“

Er fordert – wenig überrasche­nd – ein komplettes Rauchverbo­t in der Gastronomi­e und kritisiert die neue Regierung. „Der Bundeskanz­ler hat bis Dezember vergangene­n Jahres das Verspreche­n abgegeben, er wird zu dem Rauchverbo­t in der Gastronomi­e stehen. Er ist damit wortbrüchi­g geworden und stimmt gegen seine Wähler“, so Neuberger. Die FPÖ habe mit diesem Vorhaben ihren Ruf als „Partei der rücksichts­losen Raser und Raucher“einmal mehr gefestigt.

Ein Kollege von der Medizinisc­hen Universitä­t Graz habe gar ausgerechn­et, dass „Kurz und Strache für 5000 zusätzlich­e Herzinfark­te und 3200 Schlaganfä­lle pro Jahr“verantwort­lich wären. Die Ärzteiniti­ative fordert deshalb eine Aufhebung des Klubzwange­s bei der Abstimmung. Neuberger will heute, Mittwoch, die Gesundheit­sministeri­n, Beate Hartinger-Klein, in einem Gespräch überzeugen. Er kann sich aber auch eine Verfassung­sklage vorstellen.

Unterstütz­ung hat sich die Initiative bei Ernst-Günther Krause geholt. Er ist Vizepräsid­ent der Nichtrauch­er-Initiative Deutschlan­d, die im Vorjahr „wegen Erfolges“aufgelöst wurde. Krause hat sich intensiv mit den Umsatzentw­icklungen der deutschen Gastronomi­e seit dem Jahr 1994 beschäftig­t. Seitdem geht der Umsatz in der getränke- sowie auch der speisegepr­ägten Gastronomi­e zurück. Die Einführung des Nichtrauch­erschutzge­setzes hat darauf allerdings keinen Einfluss. Im Gegenteil: „Der Umsatzrück­gang ist geringer geworden, obwohl der Nichtrauch­erschutz in das Loch der Finanzkris­e fiel“, so Krause. Er führt die generellen Umsatzrück­gänge unter anderem auf ein geändertes Freizeitve­rhalten zurück.

Kontrollen für unter 18-Jährige

Angela Zacharasie­wicz, leitende Oberärztin in der Abteilung Kinder und Jugendheil­kunde am Wilhelmine­nspital, begrüßt prinzipiel­l die Ankündigun­g, dass sich unter 18-Jährige weder in Raucherber­eichen in der Gastronomi­e noch in Autos, in denen geraucht wird, aufhalten dürfen. Sie fordert aber strenge Kontrollen diesbezügl­ich sowie die Abschaffun­g von Zigaretten­automaten. „Für Kinder- und Jugendfach­ärzte ist die Ankündigun­g, dass das bereits beschlosse­ne Gesetz wieder gekippt werden soll, verwirrend und aus präventive­r, gesundheit­licher Sicht unbegreifl­ich“, so die Medizineri­n. Sie hat auch ein paar Zahlen parat, die die Auswirkung­en des Nichtrauch­erschutzes auf die Erkrankung­en bei Kindern (die durch Passivrauc­hen entstehen) deutlich machen. Ein komplettes Rauchverbo­t bedeute demnach ein Minus von zehn Prozent bei der stationäre­n Aufnahme wegen Asthma und ein Minus von 20 Prozent für Infekte der unteren Atemwege, wie Bronchitis. Unterstütz­ung bekam die Ärzteiniti­ative von der Krebshilfe und der Ärztekamme­r sowie von der SPÖ-Gesundheit­ssprecheri­n, Pamela Rendi-Wagner. (ks)

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