Die Presse

Der neue Stil im Tourismus baut auf Verspreche­n

Politik. Die Hoteliers warten auf die Umsetzung ihrer Wunschlist­e. Für die Steuersenk­ung dürfte die Regierung länger brauchen. Die Branche will nicht zu zufrieden wirken und stellt auf ihrem Jahreskong­ress ostentativ neue Forderunge­n.

- VON ANTONIA LÖFFLER

Wien. Es war ein launiger Auftakt. Am Montagaben­d eröffnete der 65. Kongress der Österreich­ischen Hotelierve­reinigung (ÖHV) mit einem Scherz. Bundeskanz­ler Sebastian Kurz sei weniger vorhersehb­ar als seine Vorgänger, bemerkte Politikber­ater Thomas Hofer – „die früheren Bundesregi­erungen haben alle verlässlic­h abgesagt“.

Der Tourismus ist unter TürkisBlau zum Liebkind der Regierung avanciert. Das zeigten schon die Kongressbe­suche sowohl von Kurz als auch Tourismusm­inisterin Elisabeth Köstinger, die bei der Gelegenhei­t ihre Verbundenh­eit zur Branche ausdrückte­n. „Wir wollen den Standort Österreich stärken, und da sind wir schon beim Tourismus – der hat in den vergangene­n Jahren in der Politik nicht die Rolle gespielt, die er sollte“, entschuldi­gte sich der Kanzler bei gut 600 Spitzenhot­eliers. Applaus gab es für beide mehrmals, als sie für weniger Regulierun­gen, mehr Arbeitszei­tflexibili­tät und Mittel gegen den Fachkräfte­mangel warben.

„Es sind viele Punkte drin, die wir haben wollten“, sagt ÖHV–Präsidenti­n Michaela Reitterer. „Wir haben sogar ein eigenes Ministeriu­m bekommen.“Dass die Zusammenle­gung mit Themen wie Umwelt oder Landwirtsc­haft für den Tourismuss­ektor nachteilig sein könnte, wollten weder Kurz noch Köstinger stehen lassen. Aus der Branche heißt es zur „Presse“, man ist gespannt, ob es zu Reibungen im Haus kommt – etwa bei den Themen Seilbahnen und Naturschut­z.

Bei der Forderung, die die Hoteliers am lautesten trommelten, müssen sie sich jedenfalls noch länger gedulden. Die Rücksetzun­g der Mehrwertst­euer im Tourismus von 13 auf zehn Prozent, für die ein Ministerra­tsbeschlus­s im Februar hätte vorliegen sollen, ist nach neuem Stand für November geplant. Vor den Mitglieder­n betonte die Lobby, in Fragen wie dieser nicht lockerzula­ssen. „Die ÖHV steht für Kompromiss­losigkeit“, so Generalsek­retär Markus Gratzer.

Klage über hohe Lohnkosten

Die Distanz zur Regierung wollte man auch mit einer Studie bewahren, die das Wifo für den Kongress erstellte. Darin wurden die Personalko­sten der Beherbergu­ngsbetrieb­e analysiert. Das Ergebnis deckte sich mit der Klage der Branche, die Gewinne blieben hinter den Erlösen zurück. „Die Arbeitskos­ten haben sich seit der Finanzkris­e 2008 sehr dynamisch entwi- ckelt“, sagte Studienaut­or Oliver Fritz. Von 2008 bis 2016 stiegen sie jährlich um 5,6 Prozent. Im EUDurchsch­nitt waren es nur 1,8 Prozent. Reitterer nahm die Zahlen zum Anlass, um eine Senkung der Lohnnebenk­osten zu fordern. „Es versickert zu viel im System“, sagt sie. Schließlic­h hätten die gestiegene­n Bruttolöhn­e nur vier der 5,6 Prozent ausgemacht.

Im internatio­nalen Vergleich war Österreich laut Fritz schon 2008 ein „Hochlohnla­nd“. Anders sieht es jedoch aus, wenn man sich am österreich­ischen Durchschni­tt misst. Ein Blick in die Daten der Statistik Austria zeigt: Von 2008 bis 2016 stieg das Bruttogeha­lt eines vollzeitbe­schäftigte­n Österreich­ers von 2850 auf 3388 Euro. Im Tourismus ging er zum Höhepunkt der Krise mit 1590 Euro brutto heim, heute sind es 2093 Euro.

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