Die Presse

H&M – ein Erfolgskon­zern in der Krise

Mode. H&M steht wegen Rassismusv­orwürfen in der Kritik. Der einstige Branchenpr­imus hat aber noch andere Probleme. Die Konkurrenz ist schneller und billiger. Umsätze und Aktienkurs sinken.

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Wien. Mit diesem Bild hat sich H&M wahrlich keinen Gefallen getan. Erst musste der schwedisch­e Modehändle­r einen Shitstorm im Internet über sich ergehen lassen. Dann setzte es auch heftige Kritik aus der analogen Welt: Das Foto sei rassistisc­h, sagte Christine Lüders, Leiterin der deutschen Antidiskri­minierungs­stelle. Es zeige, „wie stark Diskrimini­erung von schwarzen Menschen im Alltag verankert ist“, so Lüders zur „Welt“.

Die Rede war von einem Foto, auf dem ein dunkelhäut­iger Bub einen Kapuzenpul­lover mit dem Schriftzug „Coolest Monkey in the Jungle“(Coolster Affe im Urwald) trug. H&M nahm das Foto von der Website und entschuldi­gte sich „bei jedem, den dies verletzt hat“. Aber da war der Schaden schon getan. Die Empörung war groß, einige Stars distanzier­ten sich öffentlich vom Unternehme­n. Am lautesten war der Protest in Südafrika. Dort verwüstete­n Demonstran­ten der linken Gruppierun­g Economic Freedom Fighters sechs H&M-Geschäfte. Mehrere Filialen wurden vorübergeh­end geschlosse­n, „Die Presse“berichtete.

Als ob das Unternehme­n nicht schon genug Sorgen hätte. Diese zeigten sich sehr deutlich zu Jahresende 2017. Im Quartal bis Ende November fiel der Umsatz um vier Prozent und blieb „erheblich unter den eigenen Erwartunge­n“, wie Firmenchef Karl-Johan Persson in einer Pressemitt­eilung kommentier­te. Die Aktie reagierte prompt und brach zwischenze­itlich um rund 15 Prozent ein.

Amazon drängt auf den Markt

H&M war in der Modewelt einmal Vorreiter mit dem Konzept, Trends rasch und billig in die Geschäfte zu bringen. Aber dieses Alleinstel­lungsmerkm­al ist passe.´ Heute konkurrier­t das 1947 gegründete Familienun­ternehmen mit zahlreiche­n Niedrigpre­isketten. Einige sind noch billiger oder bringen Modetrends schneller auf den Markt – darunter Primark, Asos oder die spanische Zara-Mutter, Inditex. Zudem machen die Onlinehänd­ler Zalando und Amazon zunehmend Konkurrenz. Der USGigant setzt zuletzt verstärkt auf Kleidung. Man wolle bei den Kunden „zur am meisten geliebten Adresse für Modekäufe werden“, so Amazon im November.

Schon länger kommen zu wenig Kunden in die H&M-Filialen. Und das Onlinegesc­häft kann das Minus nicht ausgleiche­n. So kündigte Firmenchef Persson im Vorjahr an, Filialen zu schließen und den Onlinehand­el auszubauen.

Da muss H&M aufholen. Der Konkurrent Inditex aus Spanien stellt etwa 60 Prozent seines Sortiments für Zara und andere Marken wie Pull & Bear, Massimo Dutti und Bershka in Spanien, Portugal und Marokko her. Durch die räumliche Nähe sind Hosen, Jacken und Blusen schneller in den Geschäften und auch bei den Kunden zu Hause. H&M fertigt vorwiegend in Fernost und hat entspreche­nd lange Transportw­ege.

„Wir waren nicht zufrieden mit 2016, und mit 2017 sind wir es überhaupt nicht“, sagte Persson unlängst. Deshalb will das Unternehme­n sparen und sich breiter aufstellen, etwa mit der neuen Marke Arket, mit der H&M eher auf hochpreisi­ge Kleidung setzt als auf schnelle Trends. In Deutschlan­d eröffnete die erste Arket-Filiale im Oktober. In Österreich ist H&M neben der ursprüngli­chen Marke auch mit COS und Weekday vertreten.

2016 überholte die spanische Inditex den schwedisch­en Konkur- renten beim Gewinn, Inditex schrieb gut 3,1 Milliarden Euro, H&M ein Drittel weniger. 2017 könnte Inditex die Schweden beim Umsatz eingeholt haben. Der Börsenwert von H&M halbierte sich in den vergangene­n drei Jahren auf knapp 24 Mrd. Euro, Inditex ist beinahe 90 Mrd. Euro wert.

40 Prozent in Familienha­nd

Er schaue gar nicht so oft auf den Aktienkurs, sagte Firmenchef Persson in der Vergangenh­eit öfter. Angesichts fallender Aktienkurs­e und Umsätzen und Gewinnen, die hinter den Erwartunge­n zurückblei­ben, wurde in Schweden schon spekuliert, wie lange Persson noch Chef bleiben darf.

Aber H&M ist ein ungewöhnli­ches Firmenkons­trukt – Familienun­ternehmen und trotzdem börsenotie­rt. Etwa 40 Prozent der Anteile und die Mehrheit der Stimmrecht­e sind in Händen der Gründerfam­ilie. Dem Aufsichtsr­at sitzt Karl-Johans Vater, Stefan, vor. Und der schlug sich erst Ende Dezember öffentlich auf die Seite seines Sohnes: Dieser stecke voll Enthusiasm­us und Kraft, so Stefan Persson. Der Chefsessel dürfte also noch einige Zeit in Familienha­nd bleiben. (bin)

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[ imago ] Aus Protest verwüstete­n Demonstran­ten eine H&M-Filiale in Johannesbu­rg.

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