Katzenjammer auf Kryptomärkten
Krypto. Nach dem Boom erleben Bitcoin und Co. eine Korrektur. Vor allem gehypte „Shitcoins“erwischt es besonders hart. In China und Korea gehen die Behörden gegen Spekulation vor.
Wien. What goes up, must come down. Was raufgeht, muss auch runterkommen. Weisheiten wie diese kommen nicht von ungefähr. Aber sie werden in Phasen der Euphorie gern vergessen. Da unterscheiden sich der Kryptomarkt rund um Bitcoin und Co. nicht vom normalen Finanzmarkt. Überhaupt halten sich die Charts von Kryptowährungen und anderen Assets in diesem Sektor erstaunlich oft an die konventionellen „Regeln“.
Mit einem entscheidenden Unterschied: Alles geht viel, viel schneller. Was bei den Aktien Jahre dauern kann, ist bei Bitcoin binnen weniger Wochen abgehandelt. Manchmal geht es besonders schnell. So wie am Dienstag: Da erlebten die Kryptospekulanten ein wahres Blutbad. Der Kurs der Referenzwährung Bitcoin rutschte um fast 20 Prozent nach unten, sie war zwischenzeitlich „nur“noch rund 11.000 Dollar wert. Den anderen Kryptoassets ging es nicht besser. Ethereum, die Nummer zwei auf dem Markt, verlor 23 Prozent. Ripple (die Nummer drei) gar 33.
Boom bei „Shitcoins“
Aber was auf den traditionellen Märkten als lupenreiner Crash durchgeht und am Dienstag auch für einige Aufregung gesorgt hat, kann auch nur eine handelsübliche Korrektur sein, wie sie Bitcoin und Co. auf ihrem rasanten Weg nach oben schon oft erlebt haben. So ist Bitcoin schon 40 Prozent unter seinem Allzeithoch von fast 20.000 Dollar, das Mitte Dezember erreicht wurde. In der Vergangenheit gab es zahlreiche solche Korrekturen, die sich im Bereich von 30 bis 40 Prozent abgespielt haben.
Manche Investoren und Analysten blieben am Dienstag deshalb auch gelassen. Bitcoin ist im vergangenen Jahr von etwa 1000 auf rund 20.000 Dollar gestiegen. Dass bei solch rasanten Kursentwicklungen Rücksetzer kommen müssen, sollte jedem klar sein. Noch dazu, da in den vergangenen Wochen, als Bitcoin sich kaum rauf- oder runterbewegt hatte, der Rest des Marktes einen bizarren Boom erlebte. Zwar ist es normal, dass in solchen Phasen vielversprechende Projekte wie Ethereum oder das chinesische Pendant Neo zulegen. Immerhin können diese Plattformen dank ihrer „Smart Contracts“(es wird automatisch überprüft, ob Bedingungen eines Vertrags erfüllt sind, und gegebenenfalls werden die nächsten Schritte gesetzt) weit mehr als nur ihren Dienst als Währung versehen. Aber wie schon öfters in der Vergangenheit ist es auch diesmal wieder zu extremen Übertreibungen gekommen. Der Gesamtmarkt ist in den vergangenen Wochen auf mehr als 800 Mrd. Dollar angewachsen – und in der letzten Phase wurden sogar Coins in den Himmel gehoben, die weder ein Produkt noch einen konkreten Plan haben.
Solche Coins werden von der Community gern als „Shitcoins“verspottet. Sie haben stets dann ihre große Stunde, wenn der Markt viel zu heiß gelaufen ist – und erweisen sich vor allem für Neueinsteiger als besonders attraktiv. Ein gutes Beispiel für so eine Coin ist das unausgegorene chinesische Projekt Tron, das mit Gerüchten rund um angebliche Connections zum Onlinehändler Alibaba nach oben getrieben wurde. Zwischenzeitlich war eine Tron-Münze fast 25 Cent wert, die Marktkapitalisierung lag bei mehr als 15 Mrd. Dollar. Seit einigen Tagen geht es aber bergab. Allein am Dienstag um 35 Prozent. Wenn diese Korrektur so ausgeht wie vorangegangene, dann werden Projekte wie Tron in der Bedeutungslosigkeit verschwinden, bevor es für die TopCoins rund um Bitcoin wieder bergauf geht.
Was den jüngsten Abverkauf auf den Märkten ausgelöst hat? Da wäre die Einführung von Futures am 18. Dezember. Aber die allein können es nicht gewesen sein. Im Gegenteil: Auf den Märkten geht man davon aus, dass die neuen Derivate auf den Preis kaum Einfluss haben. Was aber sehr wohl Einfluss hat, sind die asiatischen Märkte. Vor allem Japan, China und Südkorea sind von Bedeutung. Und in den beiden letztgenannten Ländern sind die Behörden zuletzt hart gegen die Spekulation mit virtuellen Coins vorgegangen.
China und Korea als Problem
China will die Mining-Industrie loswerden, die sich in günstigen Teilen des Landes angesiedelt hat. Und Südkorea will den Wildwuchs eindämmen, der Krypto zu einem nationalen Phänomen gemacht hat. In beiden Ländern ist von Verboten die Rede, was die Märkte zusätzlich verunsichert. Die entsprechenden Meldungen werden abwechselnd dementiert und bestätigt. Sicher scheint nur: Nach einem monatelangen Bullenmarkt ist die aktuelle Korrektur nicht überraschend. Wie lang sie noch andauern kann, weiß niemand.