Nur ein Sturm im Wasserglas
Gastkommentar. Obwohl das Insolvenzrecht geändert worden ist, ist alles beim Alten geblieben. Nur Schuldner haben es schwerer.
Es gab große Aufregung, als vor einem Jahr eine Änderung des Insolvenzrechts und da besonders im Bereich des Privatkonkurses angekündigt wurde. Der Konkurs sollte nur noch drei Jahre dauern, und es sollte auch keine Mindestquote geben. Also: Auch wenn jemand gar nicht zahlt, sollte er von seinen Schulden befreit werden.
Den Menschen werde so das Schuldenmachen zu leicht gemacht, hörte man insbesondere Leute aus der Wirtschaft jammern. Inzwischen ist das Gesetz da – und man kann das kurze Resümee ziehen: Es ist alles beim Alten geblieben. Ja, für die Schuldner wurde es sogar noch ein bisserl schwieriger.
Jetzt – wie auch früher schon – haben die Schuldner zwei Möglichkeiten, das Konkursverfahren mit Restschuldbefreiung zu beenden: Der Zahlungsplan, der ein unter gerichtlicher Aufsicht geschlossener Vergleich ist und nicht länger als sieben Jahre dauern darf. Sonst gibt es keine Regeln. Dem Plan müssen aber die Hälfte der Gläubiger, die auch die Hälfte der Schulden halten, zustimmen. Kommen diese Mehrheiten nicht zustande, wird ein Abschöpfungsverfahren eröffnet, bei dem alles, was pfändbar ist, abgeschöpft wird.
Da kommt jetzt der Unterschied: Das Verfahren dauert nur noch fünf Jahre, und es gibt keine Mindestquote mehr. Bisher dauerte es sieben Jahre, und es mussten mindestens zehn Prozent der Schulden zurückgezahlt werden.
Gerichte sollen Sache klären
Die größte Änderung wurde indes zum Rohrkrepierer: Bisher konnte man erst dann zum Abschöpfungsverfahren kommen, wenn der Zahlungsplan – wiewohl zulässig – von den Gläubigern abgelehnt wurde. Im Internet wurde bereits ein Formular für ein Abschöpfungsverfahren „ohne Zahlungsplan“aufgelegt.
Reine Makulatur! Es geht nämlich nicht ohne Zahlungsplan, die einschlägige Gesetzesstelle wurde nämlich nicht geän- dert. Neu ist lediglich, dass jemand, der am Existenzminimum lebt, „keine Zahlungen“anbieten muss. Wohl aber einen Zahlungsplan. Und das ist selbst für Juristen nur schwer erklärlich: Ist die planvolle Aneinanderreihung von Zusagen, nichts zu zahlen, ein Zahlungsplan? Optimisten vor allem im Ministerium hoffen auf „die Gerichte“, die das klären werden.
Auch Zeit spielt eine Rolle
Dann gibt es aber noch ein Problem: Das Gericht muss beim Konkursantrag prüfen, ob wenigstens die Kosten des Treuhänders, der das Gepfändete an die Gläubiger weiterreicht, aufgebracht werden können. Woher aber, wenn der Schuldner ohnehin nur null Euro anbietet, weil mehr nicht geht? Wenn aber die rund 15 Euro im Monat aufgebracht werden können, warum werden sie dann nicht den Gläubigern in einem Zahlungsplan angeboten? Immerhin könnten sie dann die Entscheidung treffen, ob sie dies als Rate annehmen.
Und damit bleibt alles wieder beim Alten. In der Praxis wird ja immer eine kleine Rate angeboten, die dann bei der Tagsatzung auf eine realistische Höhe hinaufverhandelt wird. Und auch die Zeit spielt eine Rolle: Meist knüpfen die Gläubiger ihre Zustimmung zum Zahlungsplan an eine Laufzeit von sieben Jahren.
Denn das Abschöpfungsverfahren ist bei den Schuldnern zu Recht nicht beliebt: Immerhin muss jährlich der Nachweis erbracht werden, dass man sich um eine Arbeit bemüht und keine zumutbare Beschäftigung ausgeschlagen hat.
Das ist schon kompliziert genug. Dass das fünfjährige Verfahren mit einer siebenjährigen Prüfung eingeleitet werden muss, kümmert nur weniger. Das ist ein Schlampigkeitsfehler in der Gesetzesnovelle.