„Ich sehe manches anders als Josef Moser“
Interview. Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) über Schwarz-Blau in Linz und Türkis-Blau in Wien, den Lernprozess des Kanzlers und den Wunsch nach Fortführung einer Auslagerung von Bundesstellen in die Länder.
In Oberösterreich gibt es seit 2015 eine schwarz-blaue Landeskoalition. War das die Blaupause für die neue Bundesregierung? Thomas Stelzer: Eins zu eins lässt sich das nie umlegen. Im Bund gibt es andere Kompetenzen und bei der FPÖ auch eine andere Schwerpunktsetzung. Was ich an unserer Zusammenarbeit im Land schätze, ist, dass alles hält, was man vereinbart hat. Ich hoffe, dass das im Bund auch so sein wird.
In den vergangenen Tagen gab es Aufregung über eine unpassende Formulierung von FPÖ-Innenminister Herbert Kickl und eine Bosnien-Reise von FPÖ-Klubchef Johann Gudenus. Wie stehen Sie zu diesen Vorfällen? Der Innenminister hat das sehr rasch klar gestellt – Gott sein Dank, muss ich sagen. Ich hoffe auch, dass in Zukunft Sorge getragen wird, dass es zu solchen Ausrutschern erst gar nicht kommt. Man muss natürlich auch sehen, dass die FPÖ jahrelang Oppositionspolitik betrieben hat. Die Umstellung auf Regierungspolitik ist nicht über Nacht zu schaffen.
Haben Sie Bedenken, dass sich das Antlitz der ÖVP durch diese Koalition verformen könnte? Ich glaube, dass wir durch Sebastian Kurz ein starkes Profil und eine gute Ausrichtung haben und da nichts zu fürchten haben.
Mit dem ehemaligen Rechnungshof-Chef Josef Moser ist nun ein Minister für eine Verwaltungsre- form verantwortlich, der die Rolle der Länder immer kritisch gesehen hat. Steuert man da auf einen Konflikt zu? Es ist kein Geheimnis, dass ich manches anders sehe als Moser. Aber ich habe mit ihm eine gute Gesprächsbasis. Ich stemme mich auch nicht gegen Veränderungen oder eine Neuordnung der Strukturen. Wir Länder sind allerdings in vielen Punkten schneller und günstiger.
In der Regierung gibt es eine starke Ostlastigkeit. Dagegen formiert sich eine Westachse schwarzer Landeshauptleute. Wo steht hier Oberösterreich? Das Ziel der Neuaufstellung der Volkspartei war, dass wir die Bünde- und Länderlogik hinter uns lassen und dem Bundeskanzler ermöglichen, was auch wir als Landeshauptleute in Anspruch nehmen: das eigene Team selbst aufzustellen. Er muss mit dem ja auch gerade stehen.
Tatsache ist doch, dass sich die ÖVP einem Kreis von vier bis fünf Personen ausgeliefert hat. Vieles ist in Österreich durch die Finanzverfassung geregelt. Wenn es also zu großen Veränderungen kommen soll, muss mit Ländern und Gemeinden beim Finanzausgleich verhandelt werden. Wir besprechen das in der Volkspartei intensiv.
Hat der Kanzler diesbezüglich einen Lernprozess hinter sich? Es lernen immer alle dazu. Und die ÖVP hat sich mit dem Unterwerfungsakt unter den Machtanspruch eines einzelnen abgefunden? Die ÖVP hat sich darauf eingestellt, dass sie den Kanzler stellt. Ich will, dass diese Kanzlerschaft gelingt und werde dafür alles tun.
Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter hat kürzlich gesagt, die Tüchtigen dürfen bei Reformen nicht die Blöden sein? Sehen Sie im Regierungsprogramm die Gefahr von zentralistischen Maßnahmen? Ich stimme Platter voll zu. Daher ist die grundsätzliche Ansage der Regierung, wonach man Leistungswillige fördern will, wichtig.
FPÖ-Sozialministerin Beate Hartinger-Klein hat gesagt, dass es im Zuge der Kassen-Fusionen keine Finanzhoheit der Länderkassen geben wird. Ich verlasse mich auf das, was im Programm niedergeschrieben wurde. Und da heißt es: Budgethoheit und Rücklagen bleiben bei den Ländern.
In der vergangenen Legislaturperiode wurde begonnen, Bundesstellen von Wien in die Länder auszulagern. Soll das fortgesetzt werden? Das hat sanft begonnen, und ich bin sehr dafür, dass das weiter verfolgt wird, insbesondere in Zeiten der Digitalisierung. Der Bund muss viele seiner Stellen in die Länder auslagern.
Eine Frage zur neuen Farbenlehre in der ÖVP: Sind Sie ein Schwarzer oder ein Türkiser? Ich lasse mich als Schwarzer bezeichnen – aber auch als Türkiser.
Sehen Sie Unterschiede zwischen Bundes- und Landes-FPÖ? Die FPÖ in Oberösterreich ist schon lange Regierungspartei, während die FPÖ auf Bundesebene Oppositionspartei war. Darum muss da ein Unterschied bemerkbar sein. Ich nehme an, dass sich da durch die Aufgabe in der Regierung etwas ändern wird.
In der Regierung sitzt kein Oberösterreicher. Sind die Wunden der Regierungsbildung verheilt? Ich habe mit Bundeskanzler Kurz ein gutes Einvernehmen. Er weiß auch aus sehr klaren Gesprächen, dass wir für den Standort eine Erwartungshaltung haben. Mit Klubobmann August Wöginger hat die oberösterreichische ÖVP zudem jemanden an zentraler Stelle.
Es heißt, es sei abgemacht gewesen, dass Oberösterreich den Finanzminister stellen soll, Kurz habe aber in letzter Minute abgeblockt. Wir haben jetzt die Aufstellung so wie sie ist.
In Oberösterreich setzt SchwarzBlau eine Reformagenda um, auf Bundesebene ist davon noch nichts zu sehen. Muss da nicht noch mehr kommen? Ich weiß aus Gesprächen, dass es Ziel ist, auch im Bund etwas zu erreichen. Derzeit setzt man aber noch andere Schwerpunkte. Ich fordere einen Reformkurs auch ein. Man kann Veränderung nicht nur proklamieren.