Putins Stichwortgeber in Wien
Affäre. Alexander Dugin, antiliberaler und großrussischer Ideologe, hält zwei Vorträge in Wien. Er hat gute Verbindungen zur FPÖ. Diesmal lädt ihn der Macher eines Webportals ein.
Alexander Dugin, antiliberaler und großrussischer Ideologe, hält demnächst zwei Vorträge in Wien.
Er ist ein Kritiker des Westens, aber Einladungen nach Europa nimmt er trotz dessen „verdrehter Werte“gern an. Die Rede ist von Alexander Dugin, einem russischen Intellektuellen und Verbreiter rechter, antiliberaler Theorien. Er wird in der kommenden Woche in Wien auftreten. Geplant sind gleich zwei Vorträge über die Zukunft Europas und die Kritik am Liberalismus am Donnerstag und Freitag. Organisator des Events: das Internetportal Bachheimer.com, gegründet vom Ökonomen Thomas Bachheimer. Der Veranstaltungsort wird geheim gehalten. Nur wer sich anmeldet, erfährt mehr. Und muss 30 Euro mitbringen. So viel kostet der Eintritt am Donnerstag.
Dugin, meist grimmig dreinschauend mit langem Rauschebart, ist Vorsitzender der Internationalen Eurasischen Bewegung. Unter der Führung Russlands soll sich Eurasien gegen die USA verbünden; dass Russland die antiwestliche Kohorte anführt, ist aus seiner großrussischen Sicht klar. Dugin findet Anhänger bei der extremen Rechten und Linken. Er befürwortet den vom Kreml unterstützten Krieg der Separatisten in der Ukraine und sagte einmal, dort müsse man „den Teufel austreiben“. In den USA hat er Einreiseverbot. 2016 untersagten ihm die griechischen Behörden die Einreise.
Popularitätshoch für Dugin
Einem breiten Publikum wurde Dugin nach der Annexion der Krim bekannt, als in Russland im nationalen Taumel von „Krymnash“(„Die Krim gehört uns“) neoimperialistische, panslawische Stimmen en vogue waren. Auch manche internationalen Medien stilisierten ihn zum „Berater Putins“. Damit wurde seine Bedeutung sicherlich überhöht. Korrekt ist aber, dass der Kreml sich eine Zeit lang aus dem ideologischen und rhetorischen Repertoire Dugins bediente.
Von 2015 bis 2017 war er Chefredakteur des russischen TV-Kanals Zargrad, der ebenfalls großrussische und radikal-orthodoxe Positionen vertrat. Mittlerweile hat der Sender seinen Betrieb eingestellt. Eigentümer war der „orthodoxe Oligarch“Konstantin Malofejew, der auch aktiv die Krim-Annexion unterstützte. Malofejew war übrigens der Organisator eines Rechts-außen-Kongresses, der im Juni 2014 in Wien über die Bühne ging. Dugin war zugegen, genauso wie der FPÖ-Chef und heutige Vizekanzler Heinz-Christian Strache, der nunmehrige FP-Nationalratsabgeordnete Johann Gudenus und etwa Le-Pen-Enkelin Marion Mare-´ chal-Le Pen. Treffen mit FPÖ-Politikern seien während Dugins Wien-Aufenthalt nicht geplant. Restlos ausschließen kann das Bachheimer aber nicht: „Ich bin Dugins Gastgeber, nicht sein Gefängniswärter.“Eine schriftliche Anfrage der „Presse“an Dugin blieb unbeantwortet.
Kontakte zur FPÖ hat Dugin jedenfalls schon seit Jahren. Einst lobte Dugin die „absolut prorussische Position“der FPÖ, „die uns (in den Konflikten, Anm.) in Abchasien, Ossetien und Georgien unterstützt“. 30 Prozent des österreichischen Parlaments seien von „Freunden Russlands“kontrolliert. 2009 besuchte er den Akademikerball.
Thomas Bachheimer, Betreiber der im April 2016 gegründeten Website, hat Dugin aus eigenem Antrieb und mit eigenen Finanzmitteln eingeladen – wie er der „Presse“erzählt. Die Brisanz von Dugins Kommen bestreitet Bachheimer nicht: Er selbst will aber weder ein Vertreter der
Neuen Rechten noch ein Putin-Verehrer sein. Mehr noch: Auch über Dugin selbst sei er im höchsten Maße irritiert und keineswegs dessen Anhänger.
Alexander Dugin greift in seinen Schriften nämlich den westlichen Liberalismus frontal an, dem sich Bachheimer zugehörig fühlt. Auf dem Portal ist zu lesen: „Auch bei uns in der Redaktion löst der wohl wichtigste zeitgenössische Philosoph und Vordenker Russlands immer wieder heftigste Diskussionen und Kopfschütteln aus.“
Verbindungen zu rechtem Institut
Bachheimer ist Europachef des Goldstandard-Instituts und ausgebildeter Börsenhändler. Der 52-jährige Obersteirer trat mehrere Jahre auf TV-Sendern als Analyst in Erscheinung. Seine ehemalige Mitarbeit an der Plattform Hartgeld.com bereut er, denn die sei ihm „zu radikal“geworden, unter anderem wegen der dortigen Verschwörungstheorien. Die „Wiederherstellung normaler Beziehungen zu Russland“sei ihm aber ein Anliegen. Dementsprechend Kreml-freundlich geht es auf der Seite zu, neben Informationen über Währungen, Edelmetalle und den „gläsernen Menschen“. Die Seite erinnert mit ihrem Claim „Thinking outside the box“an Medien, die eine sogenannte alternative Sicht auf die Welt bieten wollen und den angeblichen Meinungsmainstream kritisieren. Bachheimer.com verzeichnet 500.000 Zugriffe im Monat. Teilweise sind dort prominente Gastautoren zu finden, wie der frühere Leiter des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Gert-Rene´ Polli und ÖVP-Politiker Reinhold Lopatka. Doch auch auf die Neuen Rechten stößt man bei Bachheimer.com.
So gelang es erst mithilfe des rechtskonservativen Suworow-Instituts, Alexander Dugin überhaupt nach Wien zu holen. Bei dieser Einrichtung ist unter anderem Alexander Markovics aktiv, Exobmann der Identitären. Auch Bachheimer hat dem Suworow-Institut schon ein Interview gegeben. „Ich bin kein Identitärer“, sagt er dazu. Darüber hinaus gebe es keinerlei Zusammenarbeit mit dem Suworow-Institut. „Ich bin Anhänger der Österreichischen Schule der Nationalökonomie.“Übrigens: Der nächste Gast werde der libertäre US-amerikanische Ökonom Lew Rockwell sein.