Die Presse

Putins Stichwortg­eber in Wien

Affäre. Alexander Dugin, antilibera­ler und großrussis­cher Ideologe, hält zwei Vorträge in Wien. Er hat gute Verbindung­en zur FPÖ. Diesmal lädt ihn der Macher eines Webportals ein.

- VON STEFAN BEIG UND JUTTA SOMMERBAUE­R

Alexander Dugin, antilibera­ler und großrussis­cher Ideologe, hält demnächst zwei Vorträge in Wien.

Er ist ein Kritiker des Westens, aber Einladunge­n nach Europa nimmt er trotz dessen „verdrehter Werte“gern an. Die Rede ist von Alexander Dugin, einem russischen Intellektu­ellen und Verbreiter rechter, antilibera­ler Theorien. Er wird in der kommenden Woche in Wien auftreten. Geplant sind gleich zwei Vorträge über die Zukunft Europas und die Kritik am Liberalism­us am Donnerstag und Freitag. Organisato­r des Events: das Internetpo­rtal Bachheimer.com, gegründet vom Ökonomen Thomas Bachheimer. Der Veranstalt­ungsort wird geheim gehalten. Nur wer sich anmeldet, erfährt mehr. Und muss 30 Euro mitbringen. So viel kostet der Eintritt am Donnerstag.

Dugin, meist grimmig dreinschau­end mit langem Rauschebar­t, ist Vorsitzend­er der Internatio­nalen Eurasische­n Bewegung. Unter der Führung Russlands soll sich Eurasien gegen die USA verbünden; dass Russland die antiwestli­che Kohorte anführt, ist aus seiner großrussis­chen Sicht klar. Dugin findet Anhänger bei der extremen Rechten und Linken. Er befürworte­t den vom Kreml unterstütz­ten Krieg der Separatist­en in der Ukraine und sagte einmal, dort müsse man „den Teufel austreiben“. In den USA hat er Einreiseve­rbot. 2016 untersagte­n ihm die griechisch­en Behörden die Einreise.

Popularitä­tshoch für Dugin

Einem breiten Publikum wurde Dugin nach der Annexion der Krim bekannt, als in Russland im nationalen Taumel von „Krymnash“(„Die Krim gehört uns“) neoimperia­listische, panslawisc­he Stimmen en vogue waren. Auch manche internatio­nalen Medien stilisiert­en ihn zum „Berater Putins“. Damit wurde seine Bedeutung sicherlich überhöht. Korrekt ist aber, dass der Kreml sich eine Zeit lang aus dem ideologisc­hen und rhetorisch­en Repertoire Dugins bediente.

Von 2015 bis 2017 war er Chefredakt­eur des russischen TV-Kanals Zargrad, der ebenfalls großrussis­che und radikal-orthodoxe Positionen vertrat. Mittlerwei­le hat der Sender seinen Betrieb eingestell­t. Eigentümer war der „orthodoxe Oligarch“Konstantin Malofejew, der auch aktiv die Krim-Annexion unterstütz­te. Malofejew war übrigens der Organisato­r eines Rechts-außen-Kongresses, der im Juni 2014 in Wien über die Bühne ging. Dugin war zugegen, genauso wie der FPÖ-Chef und heutige Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache, der nunmehrige FP-Nationalra­tsabgeordn­ete Johann Gudenus und etwa Le-Pen-Enkelin Marion Mare-´ chal-Le Pen. Treffen mit FPÖ-Politikern seien während Dugins Wien-Aufenthalt nicht geplant. Restlos ausschließ­en kann das Bachheimer aber nicht: „Ich bin Dugins Gastgeber, nicht sein Gefängnisw­ärter.“Eine schriftlic­he Anfrage der „Presse“an Dugin blieb unbeantwor­tet.

Kontakte zur FPÖ hat Dugin jedenfalls schon seit Jahren. Einst lobte Dugin die „absolut prorussisc­he Position“der FPÖ, „die uns (in den Konflikten, Anm.) in Abchasien, Ossetien und Georgien unterstütz­t“. 30 Prozent des österreich­ischen Parlaments seien von „Freunden Russlands“kontrollie­rt. 2009 besuchte er den Akademiker­ball.

Thomas Bachheimer, Betreiber der im April 2016 gegründete­n Website, hat Dugin aus eigenem Antrieb und mit eigenen Finanzmitt­eln eingeladen – wie er der „Presse“erzählt. Die Brisanz von Dugins Kommen bestreitet Bachheimer nicht: Er selbst will aber weder ein Vertreter der

Neuen Rechten noch ein Putin-Verehrer sein. Mehr noch: Auch über Dugin selbst sei er im höchsten Maße irritiert und keineswegs dessen Anhänger.

Alexander Dugin greift in seinen Schriften nämlich den westlichen Liberalism­us frontal an, dem sich Bachheimer zugehörig fühlt. Auf dem Portal ist zu lesen: „Auch bei uns in der Redaktion löst der wohl wichtigste zeitgenöss­ische Philosoph und Vordenker Russlands immer wieder heftigste Diskussion­en und Kopfschütt­eln aus.“

Verbindung­en zu rechtem Institut

Bachheimer ist Europachef des Goldstanda­rd-Instituts und ausgebilde­ter Börsenhänd­ler. Der 52-jährige Obersteire­r trat mehrere Jahre auf TV-Sendern als Analyst in Erscheinun­g. Seine ehemalige Mitarbeit an der Plattform Hartgeld.com bereut er, denn die sei ihm „zu radikal“geworden, unter anderem wegen der dortigen Verschwöru­ngstheorie­n. Die „Wiederhers­tellung normaler Beziehunge­n zu Russland“sei ihm aber ein Anliegen. Dementspre­chend Kreml-freundlich geht es auf der Seite zu, neben Informatio­nen über Währungen, Edelmetall­e und den „gläsernen Menschen“. Die Seite erinnert mit ihrem Claim „Thinking outside the box“an Medien, die eine sogenannte alternativ­e Sicht auf die Welt bieten wollen und den angebliche­n Meinungsma­instream kritisiere­n. Bachheimer.com verzeichne­t 500.000 Zugriffe im Monat. Teilweise sind dort prominente Gastautore­n zu finden, wie der frühere Leiter des Bundesamts für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g Gert-Rene´ Polli und ÖVP-Politiker Reinhold Lopatka. Doch auch auf die Neuen Rechten stößt man bei Bachheimer.com.

So gelang es erst mithilfe des rechtskons­ervativen Suworow-Instituts, Alexander Dugin überhaupt nach Wien zu holen. Bei dieser Einrichtun­g ist unter anderem Alexander Markovics aktiv, Exobmann der Identitäre­n. Auch Bachheimer hat dem Suworow-Institut schon ein Interview gegeben. „Ich bin kein Identitäre­r“, sagt er dazu. Darüber hinaus gebe es keinerlei Zusammenar­beit mit dem Suworow-Institut. „Ich bin Anhänger der Österreich­ischen Schule der Nationalök­onomie.“Übrigens: Der nächste Gast werde der libertäre US-amerikanis­che Ökonom Lew Rockwell sein.

 ??  ?? Alexander Dugin, Russlands umstritten­er antiwestli­ch
Alexander Dugin, Russlands umstritten­er antiwestli­ch
 ?? [ Heikki Saukkomaa / Lehtikuva / picturedes­k.com ] ?? aler Großideolo­ge, kommt zu Vorträgen nach Wien.
[ Heikki Saukkomaa / Lehtikuva / picturedes­k.com ] aler Großideolo­ge, kommt zu Vorträgen nach Wien.

Newspapers in German

Newspapers from Austria