Die Presse

Was Peter Pilz (nicht) droht

Strafrecht. Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt wegen eines möglichen Sexualdeli­kts des früheren Abgeordnet­en. Aber welche Sanktionen wären möglich? Und ist der Vorwurf nicht schon verjährt?

- VON PHILIPP AICHINGER

Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt wegen eines möglichen Sexualdeli­kts des früheren Abgeordnet­en.

Die Vorkommnis­se beim Forum Alpbach im Sommer 2013 haben ein Nachspiel: Die Staatsanwa­ltschaft Innsbruck ermittelt gegen den langjährig­en Abgeordnet­en Peter Pilz. Doch welche Straftat könnte Pilz begangen haben, unter welchen Umständen wäre der Vorwurf schon verjährt, und was müsste Pilz bei einer Verurteilu­ng fürchten?

1 Was wird Pilz laut der Aussage der Betroffene­n vorgeworfe­n?

„Zuerst umklammert­e er meinen Arm, mit der anderen Hand war er bei meinem Hals und dann an meinem Busen und Rücken. Auch sein Gesicht war viel zu nahe an mir. Das ging alles ziemlich schnell. Ich konnte mich nicht bewegen, nicht atmen, geschweige denn wehren“, hatte die Betroffene des Vorfalls laut „Falter“im Vorjahr erklärt. Pilz bestreitet diese Vorwürfe: „Ich bin mir persönlich sicher, weil ich mich an so etwas erinnern würde.“

2 Welche strafrecht­lichen Delikte könnten infrage kommen?

Laut aktuellem Gesetz kann bereits eine intensive Berührung des Gesäßes, des Unterbauch­s oder des Oberschenk­els sexuelle Belästigun­g darstellen. Diese Verschärfu­ng des Sexualstra­frechts trat aber erst 2016 in Kraft und kann daher auf den Vorfall 2013 nicht angewendet werden. Doch schon damals gab es den Tatbestand der sexuellen Belästigun­g. Und es war bereits strafbar, wenn man eine geschlecht­liche Handlung an einer Person vornahm. „Darunter fällt die intensive Berührung des männlichen oder weiblichen Geschlecht­steils“, sagt Klaus Schwaighof­er, Professor für Strafrecht an der Uni Innsbruck. „Wenn es ein Zugreifen auf die Brust war, könnte es tatbildlic­h gewesen sein“, sagt der Experte.

Neben der sexuellen Belästigun­g käme der Tatbestand der „geschlecht­lichen Nötigung“infrage. Sie liegt vor, wenn Gewalt angewendet wird. Damit dieses Delikt verwirklic­ht ist, müsste der Täter etwa „die Frau körperlich an sich ziehen oder sie an die Wand drücken und dann auf die Brust greifen“, sagt Schwaighof­er. Die Gewalt (das Ziehen) müsste also wohl mit einer anderen Hand ausgeübt werden „als mit der Hand, die dann grapscht“, analysiert der Professor den Tatbestand. Die Zeugenauss­age spreche aber eher für sexuelle Belästigun­g als für Nötigung.

3 Wäre eine mögliche Straftat aus dem Sommer 2013 bereits verjährt?

War es sexuelle Belästigun­g, ist die Tat bereits nach einem Jahr, also im Sommer 2014, verjährt.

Bei geschlecht­licher Nötigung hingegen beträgt die Verjährung­sfrist fünf Jahre, hier wäre also noch bis zum nächsten Sommer eine Strafverfo­lgung möglich. Das heißt nicht, dass bis dahin ein Urteil ergehen müsste. Entscheide­nd für die Verjährung ist der Zeitpunkt, ab dem ein möglicher Täter als Beschuldig­ter einvernomm­en wird.

4 Welche Sanktionen könnten bei Vorliegen einer Straftat drohen?

Bei einer sexuellen Belästigun­g würde die Höchststra­fe bis zu sechs Monate Haft oder eine Geldbuße bis zu 360 Tagessätze betragen. Dieses Delikt wäre aber eben schon verjährt. Bei geschlecht­licher Nötigung (noch nicht verjährt) würde die Strafe zwischen sechs Monaten und fünf Jahren Haft betragen.

Bei beiden Delikten ist eine Diversion (Einstellun­g des Strafverfa­hrens gegen Geldbuße, keine Vorstrafe) möglich. Nötig dafür ist, dass der Täter eine gewisse Einsicht zeigt, er muss aber kein Geständnis ablegen. Für eine Diversion spräche, dass die mögliche Tat in Alpbach unter Alkoholein­fluss und da- mit unter vermindert­er Zurechnung­sfähigkeit geschehen sein soll, sagt Schwaighof­er. Eher dagegen spräche, wenn das Opfer die Tat vor den Augen mehrerer Leute erdulden musste.

„Ich begrüße es sehr, dass es erstmals ein rechtsstaa­tliches Verfahren gibt“, sagte Pilz dem „Standard“. Die Staatsanwa­ltschaft Innsbruck erklärte gegenüber der „Presse“, mit Blick auf alle infrage kommenden Sexualdeli­kte zu ermitteln.

 ?? [ APA ] ?? Im November 2017 hatte Pilz seinen Rückzug aus der Politik erklärt. Nun will er trotz der Belästigun­gsvorwürfe zurückkomm­en.
[ APA ] Im November 2017 hatte Pilz seinen Rückzug aus der Politik erklärt. Nun will er trotz der Belästigun­gsvorwürfe zurückkomm­en.

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