Was Peter Pilz (nicht) droht
Strafrecht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen eines möglichen Sexualdelikts des früheren Abgeordneten. Aber welche Sanktionen wären möglich? Und ist der Vorwurf nicht schon verjährt?
Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen eines möglichen Sexualdelikts des früheren Abgeordneten.
Die Vorkommnisse beim Forum Alpbach im Sommer 2013 haben ein Nachspiel: Die Staatsanwaltschaft Innsbruck ermittelt gegen den langjährigen Abgeordneten Peter Pilz. Doch welche Straftat könnte Pilz begangen haben, unter welchen Umständen wäre der Vorwurf schon verjährt, und was müsste Pilz bei einer Verurteilung fürchten?
1 Was wird Pilz laut der Aussage der Betroffenen vorgeworfen?
„Zuerst umklammerte er meinen Arm, mit der anderen Hand war er bei meinem Hals und dann an meinem Busen und Rücken. Auch sein Gesicht war viel zu nahe an mir. Das ging alles ziemlich schnell. Ich konnte mich nicht bewegen, nicht atmen, geschweige denn wehren“, hatte die Betroffene des Vorfalls laut „Falter“im Vorjahr erklärt. Pilz bestreitet diese Vorwürfe: „Ich bin mir persönlich sicher, weil ich mich an so etwas erinnern würde.“
2 Welche strafrechtlichen Delikte könnten infrage kommen?
Laut aktuellem Gesetz kann bereits eine intensive Berührung des Gesäßes, des Unterbauchs oder des Oberschenkels sexuelle Belästigung darstellen. Diese Verschärfung des Sexualstrafrechts trat aber erst 2016 in Kraft und kann daher auf den Vorfall 2013 nicht angewendet werden. Doch schon damals gab es den Tatbestand der sexuellen Belästigung. Und es war bereits strafbar, wenn man eine geschlechtliche Handlung an einer Person vornahm. „Darunter fällt die intensive Berührung des männlichen oder weiblichen Geschlechtsteils“, sagt Klaus Schwaighofer, Professor für Strafrecht an der Uni Innsbruck. „Wenn es ein Zugreifen auf die Brust war, könnte es tatbildlich gewesen sein“, sagt der Experte.
Neben der sexuellen Belästigung käme der Tatbestand der „geschlechtlichen Nötigung“infrage. Sie liegt vor, wenn Gewalt angewendet wird. Damit dieses Delikt verwirklicht ist, müsste der Täter etwa „die Frau körperlich an sich ziehen oder sie an die Wand drücken und dann auf die Brust greifen“, sagt Schwaighofer. Die Gewalt (das Ziehen) müsste also wohl mit einer anderen Hand ausgeübt werden „als mit der Hand, die dann grapscht“, analysiert der Professor den Tatbestand. Die Zeugenaussage spreche aber eher für sexuelle Belästigung als für Nötigung.
3 Wäre eine mögliche Straftat aus dem Sommer 2013 bereits verjährt?
War es sexuelle Belästigung, ist die Tat bereits nach einem Jahr, also im Sommer 2014, verjährt.
Bei geschlechtlicher Nötigung hingegen beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre, hier wäre also noch bis zum nächsten Sommer eine Strafverfolgung möglich. Das heißt nicht, dass bis dahin ein Urteil ergehen müsste. Entscheidend für die Verjährung ist der Zeitpunkt, ab dem ein möglicher Täter als Beschuldigter einvernommen wird.
4 Welche Sanktionen könnten bei Vorliegen einer Straftat drohen?
Bei einer sexuellen Belästigung würde die Höchststrafe bis zu sechs Monate Haft oder eine Geldbuße bis zu 360 Tagessätze betragen. Dieses Delikt wäre aber eben schon verjährt. Bei geschlechtlicher Nötigung (noch nicht verjährt) würde die Strafe zwischen sechs Monaten und fünf Jahren Haft betragen.
Bei beiden Delikten ist eine Diversion (Einstellung des Strafverfahrens gegen Geldbuße, keine Vorstrafe) möglich. Nötig dafür ist, dass der Täter eine gewisse Einsicht zeigt, er muss aber kein Geständnis ablegen. Für eine Diversion spräche, dass die mögliche Tat in Alpbach unter Alkoholeinfluss und da- mit unter verminderter Zurechnungsfähigkeit geschehen sein soll, sagt Schwaighofer. Eher dagegen spräche, wenn das Opfer die Tat vor den Augen mehrerer Leute erdulden musste.
„Ich begrüße es sehr, dass es erstmals ein rechtsstaatliches Verfahren gibt“, sagte Pilz dem „Standard“. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck erklärte gegenüber der „Presse“, mit Blick auf alle infrage kommenden Sexualdelikte zu ermitteln.