Es geht um Österreichs Ansehen in Südosteuropa
Strache und Gudenus sollten den Präsidenten der Republika Srpska besser zu konstruktiver Politik bewegen. Und auch Außenministerin Kneissl ist gefragt.
E in großes Geheimnis machen die Spitzen der FPÖ nicht daraus, was sie über die Zukunft des Staates Bosnien und Herzegowina denken. Erst besuchte FPÖKlubobmann Johann Gudenus den Präsidenten der bosnischen Serben, Milorad Dodik, um aus dessen Hand einen Orden entgegenzunehmen. Und zwar just am Nationalfeiertag der Republika Srpska, den Bosniens Oberstes Gericht als verfassungswidrig eingestuft hat. Vizekanzler Heinz-Christian Strache erschien, anders als Gudenus, zwar nicht zur Ordensverleihung. Aber nur, weil er keine Zeit dafür hatte, wie sein Sprecher der „Presse“sagte. Angenommen hat er die Auszeichnung trotzdem. Dann ist ein TV-Interview aufgetaucht, das schon vom September stammt. Darin macht Strache seine Position noch deutlicher: Der Republika Srpska, der Serbischen Republik in Bosnien und Herzegowina, sollte die Möglichkeit zur Unabhängigkeit gegeben werden.
Damit nahm Strache eine Haltung ein, die sogar die Regierung Serbiens und der starke Mann in Belgrad, Staatspräsident Aleksandar Vuciˇc,´ – zumindest offiziell – nicht mehr vertreten. Und der österreichische Vizekanzler konterkariert damit die langjährige Bosnien-Politik der EU, der UNO – und auch Österreichs.
Strache und Gudenus fallen zudem einem österreichischen Spitzendiplomaten in den Rücken: dem Botschafter Valentin Inzko, der seit 2009 als Hoher Repräsentant der Internationalen Gemeinschaft um die Geschicke Bosniens bemüht ist. Inzkos Arbeit ist nicht gerade einfach. Anfang der 2000er-Jahre nutzten die jeweiligen Hohen Repräsentanten noch ihre umfangreichen Vollmachten weidlich aus, um etwa Gesetze zu dekretieren oder Politiker zu entlassen. Mittlerweile hat der Einfluss des Amtes an sich aber kontinuierlich abgenommen. Das ist einerseits gut, weil die demokratisch gewählten Vertreter der Bevölkerung Bosniens damit mehr Freiraum – und Verantwortung – erhalten. Andererseits stecken die gemeinsamen Institutionen des Staates immer wieder in einer allgemeinen politischen Blockade fest.
Daran ist nicht nur der Präsident der Republika Srpska schuld. Er hat aber einen maßgeblichen Anteil daran. Dodik hat den Hohen Repräsentanten zu einer besonderen Hassfigur auserkoren. Er beleidigte immer wieder Inzko und versuchte, dessen Tätigkeit zu hintertreiben. Und nun ist der österreichische Diplomat auch noch mit den Querschüssen aus Österreich konfrontiert.
Mehr als 22 Jahre nach Ende des besonders grausamen Krieges mit Massenmord und Massenvertreibungen wird in Bosnien und Herzegowina heute noch immer über ähnliche Probleme gestritten wie damals. Der mittlerweile wegen Völkermordes verurteilte Serbenführer Radovan Karadziˇc´ hatte schon kurz vor Beginn der Feindseligkeiten klargestellt, dass die bosnischen Serben nicht mitgehen werden, sollte Bosnien ein eigener Staat werden – und mit Gewalt gedroht.
Und heute stellen Politiker wie Dodik nach wie vor infrage, dass Bosniens Serben Teil des gemeinsamen Staates aus Bosniaken (bosnischen Muslimen), Serben und Kroaten sind. Dodiks Sezessionsideen rufen vor allem bei den Bosniaken Wut und Entsetzen hervor. Denn mit einer Abspaltung der Republika Srpska würde sich aus ihrer Sicht ein Gebilde aus dem Staat lösen, dessen Grenzen im Krieg durch Genozid und ethnische Säuberungen gezogen worden sind. E s besteht kein Zweifel daran, dass das Land Bosnien und Herzegowina einen gewaltigen Reformschub braucht, um die offenen Probleme zu lösen. Und zu diesen zählen keineswegs nur ethnisch-nationale Fragen, sondern vor allem ökonomische Schwierigkeiten, Arbeitslosigkeit und Vetternwirtschaft. Die derzeitige Politik Dodiks ist jedenfalls nicht dazu geeignet, um die Probleme in den Griff zu bekommen.
Wenn Vizekanzler Strache und FPÖKlubobmann Gudenus etwas Positives beitragen wollen, sollten sie ihren Einfluss auf Dodik dazu nützen, um ihn zu einem konstruktiveren Vorgehen zu überreden. Und auch Außenministerin Karin Kneissl ist gefordert. Sie muss klarstellen, wie die offizielle BosnienPolitik Österreichs aussieht. Denn hier steht auch das Ansehen Österreichs in Südosteuropa auf dem Spiel.