Eklat um Strache-Sager zu Bosnien
Diplomatie. Der FP-Vizekanzler hatte im September, noch als Oppositionschef, bei einem Besuch der Republika Srpska, dem serbischen Teil Bosniens, deren Unabhängigkeit gefordert. Das sorgt nun für heftige Kritik.
Die Position der Regierungspartei FPÖ zu Bosnien und Herzegowina sorgt erneut für Wirbel. Diesmal geht es um Aussagen von Vizekanzler HeinzChristian Strache in einem TV-Interview vom September. In dem nun bekannt gewordenen Auftritt in der serbischen Teilrepublik sprach er sich gegen den Gesamtstaat Bosnien und Herzegowina und für eine Unabhängigkeit der Republika Srpska aus.
Den Bericht eines dortigen Senders haben die Neos dem „Standard“zugespielt. Strache sagte demnach in Banja Luka vor der Nationalratswahl in Österreich unter anderem: „Ich würde gern wissen, warum die internationale Gemeinschaft auf ein multiethnisches Bosnien und Herzegowina insistiert. Das heutige Bosnien und Herzegowina kann nicht funktionieren. Die internationale Gemeinschaft schützt einen künstlich kreierten Staat mit Gewalt, was nicht dem Wunsch der Menschen in diesem Staat entspricht.“Er sehe auch keine positive Zukunft für diesen, also sollte man „über die Möglichkeit nachdenken, der Republika Srpska das Recht der Abspaltung zu geben“.
Eine Abspaltung würde gegen die bosnische Verfassung und den Friedensvertrag von Dayton (1995) verstoßen. Daher hagelte es am Donnerstag prompt Kritik: Der geschäftsführende SPÖ-Parlamentsklubchef, Andreas Schieder, warf Strache „sehr gefährliche politische Brandstiftung“vor und forderte eine Reaktion von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Außenministerin Karin Kneissl. Österreich habe eine wichtige Vermittlerrolle am Balkan, sie werde durch die FPÖ „gerade zunichtegemacht, mit ungewissen Folgen für die ganze Region“.
Kneissl: „Stehe im Dialog mit Strache“
Kneissl wollte die Causa am Donnerstag nicht kommentieren, da es um Aussagen Straches als Chef einer damals noch Oppositionspartei gehe. Kneissl stehe aber mit Strache „im Dialog“, teilte ihre Sprecherin mit. Gegenüber Ö1 sagte Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal, die Regierung stehe zur „territorialen Souveränität und Integrität von Bosnien und Herzegowina“. Man mische sich in interne Angelegenheiten nicht ein und unterstütze keine Separatisten.
Strache bestritt die Aussagen am Donnerstag nicht, aber tönte nun etwas anders: „Ich stehe zur staatlichen Integrität Bosnien und Herzegowinas, genauso zum Selbstbestimmungsrecht der Völker für einen nachhaltigen notwendigen Friedensprozess.“
Noch vor Bekanntwerden der StracheAussagen hatte der Balkan-Experte Wolfgang Petritsch in der „Presse“die FP-Balkanpolitik kritisiert: „Der Lackmustest wird sein, inwieweit sich die Ministerin (Kneissl, Anm.) von diesen gefährlich-skurrilen außenpolitischen Ausritten der FPÖ freispielen kann“, so der frühere Spitzendiplomat.
Auch aus den Reihen der ÖVP kam Kritik an den Aussagen von Vizekanzler Strache. Der Bezirksobmann der Jungen ÖVP in Rudolfsheim-Fünfhaus, Muamer Becirovic, schrieb auf Twitter: „Unser Vizekanzler würde sich also über erneute kriegerische Auseinandersetzungen in Bosnien freuen. Kein Sager ist erbärmlich genug, um ihn nicht auszuprobieren“, sagte der Jungpolitiker, der selber bosnische Wurzeln hat. Er appellierte an seine eigene Partei „die Blauen endlich zu zähmen“. (APA/red.)