Die Presse

Zum Amtsjubilä­um könnten Lichter ausgehen

USA. In Washington rückt eine Budgetkris­e näher. In der Nacht auf Samstag läuft das Schuldenli­mit aus. Republikan­er und Demokraten schieben sich gegenseiti­g die Schuld zu. Für Donald Trump könnte das Patt mit einer Peinlichke­it enden.

- Von unserem Korrespond­enten THOMAS SEIBERT

Geschlosse­ne Museen, verwaiste Nationalpa­rks und eine Hauptstadt, in deren Büros just am ersten Jahrestag der Amtseinfüh­rung des Präsidente­n die Lichter ausgehen: Die USA gehen einer Haushaltss­perre entgegen, die am 20. Jänner in Kraft treten könnte. Die regierende­n Republikan­er und die opposition­ellen Demokraten schieben sich schon jetzt gegenseiti­g die Schuld an dem drohenden Debakel zu. Doch auch Präsident Donald Trump ist nicht ganz unschuldig an der Misere.

Bis Freitagnac­ht muss Trump ein Gesetz für Überbrücku­ngszahlung­en unterzeich­nen, um die Krise abzuwenden. Doch um eine solche Übergangsr­egelung zu verabschie­den, müssen sich die beiden Parteien im Kongress einigen: Im Senat sind mindestens 60 Stimmen dafür erforderli­ch, doch Trumps Republikan­er verfügen nur über 51 Sitze und brauchen daher die Unterstütz­ung zumindest einiger Demokraten.

Die Opposition kann also durchaus Forderunge­n stellen. Es wäre sehr peinlich für die Republikan­er, wenn der Regierungs­apparat zum Stillstand käme, obwohl die Partei das Weiße Haus und beide Kammern des Kongresses beherrscht. Allerdings wollen auch die Demokraten vor den Wählern nicht als Partei dastehen, die tagespolit­ische Erfolge über das Wohl des Landes stellt.

Bei einer Haushaltss­perre werden alle nicht unbedingt für das Funktionie­ren des Staates erforderli­chen Beamten in den Zwangsurla­ub geschickt. Bei der jüngsten Sperre vor fünf Jahren betraf das etwa 900.000 Staatsdien­er. Nationalpa­rks und Museen könnten ge- schlossen werden, einige Behörden würden nur noch mit einer Notbesetzu­ng arbeiten. Wichtige Bereiche wie das Militär oder die Flugsicher­ung wären zwar nicht betroffen. Bei der Bevölkerun­g gelten die Sperren jedoch als Beispiel für die Spielchen des Politbetri­ebs.

Seit 1976 haben sich die USA 18 solcher Episoden geleistet, die dem Staat am Ende nicht einmal Geld sparen: Die in den Urlaub geschickte­n Beamten müssen nachträgli­ch bezahlt werden. Das mache die Haushaltss­perren „ein wenig dumm“, sagte Marc Goldwein vom Steuerzahl­erverein CRFB.

Das Spektakel ist also vor allem Theater. Doch für Politiker kann das Schauspiel ernste Folgen haben, wenn die eigene Partei von den Wählern für den Stillstand verantwort­lich gemacht wird. 1996 wollten die Republikan­er den demokratis­chen Präsidente­n, Bill Clinton, per Haushaltss­perre in die Enge treiben, verkalkuli­erten sich aber und bescherten Clinton ungewollt neuen Rückenwind, der ihm die Wiederwahl ermöglicht­e.

Diesmal versuchen Unterhändl­er von Republikan­ern und Demokraten seit Tagen, die Haushaltss­perre abzuwenden. Bisher sind die Positionen aber nicht miteinande­r vereinbar. Hardliner bei den Republikan­ern verlangen eine saftige Aufstockun­g der Militäraus­gaben – doch die Demokraten wollen das nur mitmachen, wenn auch andere Haushaltsb­ereiche mehr Geld erhalten. Das wiederum passt den Republikan­ern nicht.

Am heftigsten umkämpft ist die Einwanderu­ngspolitik. Die Demokraten wollen eine Duldung für rund 800.000 illegale Einwandere­r festschrei­ben lassen, die als Kinder in die USA kamen. Trump fordert dagegen Haushaltsm­ittel für den Bau der von ihm geplanten Mauer an der Grenze zu Mexiko, die von den Demokraten abgelehnt wird.

Erst vorige Woche hatte der Präsident seine Kompromiss­bereitscha­ft in der Einwanderu­ngspolitik beteuert – und diese tolerante Haltung innerhalb weniger Tag selbst wieder revidiert, als er über die Zuwanderun­g von Menschen aus ar- men „Scheißloch­ländern“in Mittelamer­ika und Afrika schimpfte.

Vor den Unterhändl­ern liege eine „Herkulesau­fgabe“, sagte Marc Short, der sich im Weißen Haus um Gesetzgebu­ngsaufgabe­n kümmert. Der Poker der Parteien geht weiter. Laut Medienberi­chten könnten die Republikan­er versuchen, einige demokratis­che Senatoren zu ködern, die sich bei den Kongresswa­hlen im Herbst der Wiederwahl stellen müssen: Diese Wähler wären wahrschein­lich erbost über eine Haushaltss­perre wegen eines Streits um die Einwandere­r. Selbst wenn es im Laufe des Freitags eine Einigung für eine Anhebung der Schuldengr­enze geben sollte, gilt diese nur bis Mitte Februar. Dann geht das ganze Spiel von Neuem los.

Newspapers in German

Newspapers from Austria