Um bei Wählern zu punkten, erlässt die Regierung neue restriktive Gesetze gegen Flüchtlingshelfer. Zuletzt ließ sie aber exakt so viele Asylwerber ins Land, wie ihr die EU-Quote auferlegte.
Ungarn.
Viktor Orban´ kennt das Spiel mit der EU. Und die EUSpitzen kennen ihn. Er mache seine Innenpolitik, reize die Grenzen des EU-Rechts aus, aber schrecke vor dem großen Bruch zurück. So beschreibt ein hoher Beamter der EU-Kommission den ungarischen Regierungschef. Diesen Grenzgang wandte Orban´ bei der Diskriminierung ausländischer Konzerne, bei seinem Vorgehen gegen die von George Soros finanzierte Universität (CEU) an. Nun geht er in ähnlicher Weise in der Flüchtlingspolitik vor.
„Die Regierung holt heimlich, ohne Wissen der ungarischen Bürger, Flüchtlinge ins Land, während sie einen blindwütigen Kampf gegen die Flüchtlingsverteilung in Europa führt“, beschreibt der sozialistische Abgeordnete Zsolt Molnar diese Woche die Situation. Kurz zuvor hatte der stellvertretende Staatssekretär im Außenministerium, Kristof Altusz, in einem Zeitungsinterview bestätigt, dass im vergangenen Jahr insgesamt 1300 Flüchtlinge in Ungarn „geheim“aufgenommen wurden. Diese ungewöhnlich hohe Zahl, die Ende vergangenen Jahres erstmals von der „Presse“berichtet wurde, entspricht fast genau der EU-Flüchtlingsquote für Ungarn von 1294 Asylwerbern.
Allerdings, so präzisiert die Sprecherin des UNHCR, Ruth Schöffl, betrifft die Aufnahme nur Flüchtlinge, die in Ungarn einen Asylantrag gestellt hatten und die 2017 ein Aufenthaltsrecht bekamen. Obwohl anzunehmen ist, dass Orban´ in EU-Gremien nun argumentieren wird, dass damit die Quote erfüllt ist, waren es nicht Flüchtlinge, die wie einst von den EU-Innenministern beschlossen aus Griechenland und Italien umverteilt werden sollten.
Statt all die Widersprüche gegenüber der eigenen Bevölkerung aufzuklären, bereitet die FideszRegierung, die im Parlament über eine klare Mehrheit verfügt, neue restriktive Gesetze vor, die sich diesmal gegen Flüchtlingshilfsorganisationen richten. In der Öffentlichkeit wird dies so dargestellt, als richte sich das Maßnahmenpaket ausschließlich gegen die von Soros finanzierten Organisationen, denen Orban´ vorwirft, das Land systematisch mit muslimischen Migranten überschwemmen zu wollen. Wahr ist, dass der USMilliardär Nichtregierungsorganisationen in Mittel- und Osteuropa finanziell unterstützt. Für einen Soros-Plan zur Förderung illegaler Migration gibt es hingegen keinen Beleg.
Alle Organisationen, die „illegalen Migranten“helfen, müssen sich künftig bei Gerichten registrieren lassen. Dies ist spitzfindig formuliert, weil auch in einem Asylverfahren später anerkannte Flüchtlinge keine andere Wahl haben, als vorerst illegal ins Land einzureisen. Einen legalen Weg, etwa indem sie bereits bei der Botschaft im Ausland einen Asylantrag stellen, gibt es nicht mehr. Das Gesetz, das auch eine Strafsteuer von 25 Pro- zent vorsieht, betrifft also alle privat organisierten Flüchtlingshelfer, die finanzielle Unterstützung aus dem Ausland erhalten. Mit dem auf diesem Weg eingenommenen Geld soll nach dem Plan der Regierung der Schutz der Grenzen finanziert werden. Orban´ hat mehrfach kritisiert, dass sein Land das Geld für die Errichtung des Grenzzauns und für die Kontrollen der Grenze zu Serbien selbst aufbringen müsse.
haben laut UNHCR im vergangenen Jahr in Ungarn einen positiven Bescheid erhalten und durften im Land bleiben.
sollte Ungarn aus Italien und Griechenland im Rahmen der Umverteilung übernehmen. Budapest hat sich immer dagegen gewehrt. „Was tun Brüssel und Berlin? Sie zahlen uns nicht, und sie beschimpfen uns“, polterte er erst kürzlich in einem Interview mit der italienischen Tageszeitung „La Repubblica“.
Die ungarische Regierung will mit dem Gesetzespaket zudem Möglichkeiten schaffen, ausländische Hilfskräfte des Landes zu verweisen. Sie begründete all dies in einer Aussendung mit den Ergebnissen von zwei nationalen Bürgerbefragungen im vergangenen Frühling und Herbst. In beiden Fällen hatte die Regierung Fragebogen an alle Haushalte zur EUund Flüchtlingspolitik versandt. Unter anderem wurde darin gefragt: „Was sollte Ungarn tun, wenn Brüssel es zwingen will, illegale Einwanderer ins Land zu lassen – trotz der jüngsten Serie von Terrorangriffen in Europa?“