Die Presse

Wienwert sorgt für Millionenp­leite

Insolvenz. Die in der Kritik stehende Immo-Gesellscha­ft ist insolvent. Mehreren tausend Anlegern droht ein Totalverlu­st. Wienwert hatte Kontakte zur SPÖ Wien. Das sorgt nun für Aufregung.

- FREITAG, 19. JÄNNER 2018 VON HEDI SCHNEID UND JAKOB ZIRM

Das schon lange im Visier von Justiz und Finanzmark­taufsicht stehende Immobilien­unternehme­n Wienwert Holding sorgt für die erste Großinsolv­enz in diesem Jahr. Eine Pleite, die nicht nur tausende Anleiheglä­ubiger um insgesamt rund 40 Mio. Euro bringen dürfte, sondern auch politische Implikatio­nen hat. Denn das Unternehme­n, das wegen Zahlungsun­fähigkeit und Überschuld­ung ein Insolvenzv­erfahren angekündig­t hat, verfügte in der Vergangenh­eit über Kontakte zur SPÖ-dominierte­n Stadt Wien.

Die Holding hat schon in der Bilanz für 2016 ein negatives Eigenkapit­al von 28,7 Mio. Euro ausgewiese­n. Der unmittelba­re Anlass für den Gang zum Insolvenzg­ericht ist jedoch, dass eine am 20. Dezember fällige Anleihe nicht nicht mehr bedient werden konnte, weil die Refinanzie­rung nicht gelungen ist. Der nächste Bond im Volumen von zwei Mio. Euro wäre am 1. März fällig.

Nur die Banken sind sicher

Für Kritiker von Wienwert kommt die Insolvenz nicht überrasche­nd. „Derartige Geschäftsm­odelle besitzen in der Regel einen ,Lebenszykl­us‘ von rund sieben Jahren“, sagt Manfred Biegler vom Anlegerver­ein Cobin Claims, bei dem sich geschädigt­e Gläubiger nun melden können. So habe bei Wienwert die Holding als „leere Gesellscha­ftshülle“die Anleihen begeben und diese unbesicher­t an ihre Töchter weitergege­ben. Mit diesem Geld wurde der Eigenkapit­alanteil bei Immobilien­finanzieru­ngen dargestell­t. „Nicht selten werden hier indirekt Immobilien­investment­s zu 100 Prozent fremdfinan­ziert.“Besichert seien aber nur die Banken, die Anleiheglä­ubiger nicht.

Zudem hat die Holding auch hohe Haftungen übernommen. „Kommt es zu einer Insolvenz, ist für die Anleiheglä­ubiger dann ein Totalausfa­ll relativ wahrschein­lich“, sagt Biegler. Diese Vorgangswe­ise sei zwar nicht verboten, die Anleihezei­chner würden jedoch das volle Risiko eines Gesellscha­fters tragen, ohne es zu wissen.

Darüber hinaus gibt es Vorwürfe, dass sich das Management aus den Mitteln der Gesellscha­ft unrechtmäß­ig bereichert habe. Die Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) ermittelt aufgrund mehrerer Anzeigen bereits seit knapp zwei Jahren gegen die Gründer und Eigentümer Nikos Bakirzoglu, Wolfgang Sedelmayer und Stefan Gruze. Die beiden ersteren sind Mitte Dezember aus dem Auf- sichtsrat ausgeschie­den. Gruze ist nach wie vor in Personalun­ion Vorstand der WW Holding und der Tochter Wienwert AG.

Es geht um den Verdacht der Untreue und Bilanzfäls­chung. So sollen Sedelmayer und Bakirzoglu über den Verkauf der Markenrech­te an die WW Holding 3,12 Mio. Euro aus dem Unternehme­n abgezogen haben. Zu einem Zeitpunkt, als sie selbst auch im Aufsichtsr­at des Unternehme­ns saßen. Von den Betroffene­n, für die die Unschuldsv­ermutung gilt, wurden alle Vorwürfe zurückgewi­esen.

Auch die Finanzmark­taufsicht (FMA) hat das Unternehme­n seit längerem im Visier. „Die erste Verwaltung­sstrafe haben wir bereits 2011 verhängt“, sagt FMA-Vorstand Klaus Kumpfmülle­r zur „Presse“. Die jüngste gab es im vorigen Sommer. Gruze wurde mit einer Strafe von 85.000 Euro belegt. Sie ist nicht rechtskräf­tig, das Bundesverw­altungsger­icht ist am Zug. Es geht dabei immer um irreführen­de Werbung im Zusammenha­ng mit der Begebung von Anleihen sowie die zu positive Darstellun­g des Unternehme­ns. Konkret hat Wienwert behauptet, 95 Prozent Eigenkapit­alausstatt­ung zu haben. Ein Großteil davon waren jedoch die Markenrech­te.

Ex-Gemeinderä­te im Beirat

Die Pleite wirbelt aber auch viel politische­n Staub auf – und das just vor der Kampfabsti­mmung in der Wiener SPÖ um die Nachfolge von Michael Häupl als Bürgermeis­ter. So hat Wienwert stark den Kontakt zur SPÖ gesucht, und das durchaus erfolgreic­h. Im inzwischen wieder aufgelöste­n Firmenbeir­at saßen mit Alois Mayer und Godwin Schuster zwei ehemalige SPÖ-Gemeinderä­te sowie mit Peter Korecky der frühere Vize-Chef der Gewerkscha­ft öffentlich­er Dienst. Letzterer ist zudem Aufsichtsr­at der Bundespens­ionskasse. Diese hat über ihren „Wohnen Plus Fonds“im Sommer des Vorjahres den Ankauf von zwei Grundstück­en der Wienwert mitfinanzi­ert.

Als dies bekannt wurde, stellten sowohl die Wiener Neos als auch die ÖVP Wien Anfragen an Bürgermeis­ter Häupl, inwieweit es Verknüpfun­gen zwischen Wienwert und der Gemeinde Wien gebe. Daraufhin hat der – nun zur Wahl stehende – Wohnungsst­adtrat Michael Ludwig jegliche Geschäftsb­eziehung von „Wiener Wohnen“und der ihm unterstell­ten Liegenscha­ftsverwalt­ung der Stadt Wien mit Wienwert verneint. Auf die Besetzung des Beirates sei von der Stadt Wien kein Einfluss genommen worden, sagte Häupl.

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[ APA ] Die Anleiheglä­ubiger dürften die Pleite nicht smart finden.

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