Steuer-Show für Apple und Trump
USA. Apple muss 38 Mrd. Steuer auf Auslandsgewinne zahlen und verkauft das als moralische Großtat. Andere Konzerne folgen. Aber bringt die Steuerform auch neue Fabriken in den USA?
Eine perfekte Inszenierung: Der IT-Konzern Apple, der wegen seiner Praktiken der Steuervermeidung weltweit am Pranger steht, zahlt dem amerikanischen Fiskus 38 Mrd. Dollar – die höchste Steuerzahlung der Geschichte. Sie steht im Zusammenhang mit der soeben in Kraft getreten Steuerreform, die dafür sorgen soll, dass US-Konzerne mehr zuhause investieren. Deshalb verspricht AppleChef Tim Cook in einem Atemzug 30 Mrd. Dollar an Investitionen auf heimatlicher Scholle und 20.000 neue Jobs. Das alles aus einem „tiefen Gefühl der Verantwortung“heraus, dem Land „etwas zurückzugeben“. Und Präsident Trump twittert dazu: „Ein riesiger Sieg für Amerikas Arbeiter!“
Leider ist die schöne Botschaft fast nur Blendwerk. Zunächst: Apple zahlt nicht freiwillig. Es geht um den riesigen Berg an Auslandsgewinnen, die US-Konzerne meist in Niedrigsteuerländern horten. Bisher galt: Wer das Geld heimholte, den traf voll der Knüppel des Fiskus, mit 35 Prozent (unter Abzug der im Ausland schon gezahl- ten Steuer, aber die war meist sehr gering). Das ließ den Berg immer weiter anwachsen, auf geschätzte 2,2 Billionen Dollar (davon 1,3 Bio. von Nichtbanken). Mit der Reform besteuert der Staat diese Auslandsgewinne nun einmalig zu einem reduzierten Satz von 15,5 Prozent (für Cash und liquide Papiere), unabhängig davon, ob die Firmen ihr Kapital „repatriieren“oder im Ausland lassen. Von der dort entrichteten Steuer wird weniger als die Hälfte angerechnet. Die Unternehmen haben nur die Option, die Last auf acht Jahre aufzuteilen.
Das ist auf den ersten Blick eine überraschend bittere Pille, die „Corporate America“da schlucken muss. Mit einer – wenn auch niedrigen – Zwangsbesteuerung hatte man nicht gerechnet. Die meisten gingen von einem reduzierten Satz als Geschenk für freiwillige Heimkehrer aus. Apple zählt zu den wenigen, die für eine Nachzahlung in der Bilanz (fast) ausreichend vorgesorgt haben (viele Firmen fürchteten, dass sie das Geld wirklich heimbringen müssen, sobald sie eine Rückstellung bilden). Aber die bittere Pille hat einen süßen Nachgeschmack: In den USA erzielte Gewinne besteuert der Zentralstaat nur mehr mit 21 Prozent. Zwar hatten Konzerne schon früher Möglichkeiten, die Inlandsbelastung zu drücken, aber in Summe kommt doch eine schöne Ersparnis heraus. Sie soll zu mehr Investitionen animieren.
Zugleich darf der Fiskus über die nächsten acht Jahre – nach seinen Angaben – mit über 300 Mrd. Dollar an Einnahmen aus bisher verschonten Auslandsgewinnen rechnen. So gesehen geht Trumps Kalkül auf. Aber dass die Reform dazu führt, dass die Großkonzerne nun allerorts Fabriken aus amerikanischem Boden sprießen lassen, ist kaum zu erwarten.
Das zeigen schon die Ankündigungen von Apple. Das Gros der versprochenen „Beiträge zur USWirtschaft“war schon längst geplant oder würde auch ohne Steueranreiz erfolgen. So baut Apple neue Rechenzentren, die es bei steigendem Datenvolumen ohnehin braucht. Niemals käme Cook auf die Idee, iPhones statt in China in US-Fabriken zu fertigen. Für alle betroffenen Großkonzerne gilt: Es mangelte ihnen nie an Kapital, auch wenn es im Ausland festsaß. Denn mit ihm als Sicherheit konnten sie Anleihen begeben, um etwa ihre Dividenden zu finanzieren – oder eben Investitionen vor Ort, so ein Bedarf bestand. Sie werden zwar nun einen Teil ihrer Schätze heimholen, damit aber vor allem Anleihen tilgen, Dividenden erhöhen oder eigene Aktien aufkaufen, was den Kurs in die Höhe treibt.
Die Sektkorken knallen also an der Wall Street, nicht in den maroden Industriestädten im Rostgürtel, wo Trumps treue Wähler wohnen. Das wissen freilich auch die Republikaner. Sie setzen darauf, dass der Anschub am Kapitalmarkt zu einer Gründerwelle führt – was eine ziemlich vage Hoffnung ist.
Zumal die Großen weiter Anreize haben, ihre einmalig besteuerten Cash-Berge in den Steueroasen zu belassen. Denn für die Zukunft übernehmen die USA das weltweit übliche „Territorialprinzip“: Von Auslandstöchtern erzielte Gewinne bleiben im Sitzland der Mutter unversteuert. Das legt den Konzernen nahe, ihr Kapital dort weiter arbeiten zu lassen, wo es fast unversteuert Früchte trägt.