Nur wir haben keine Namen für Gerüche
Jäger und Sammler in Südostasien können exakt benennen, was in ihre feinen Nasen gerät.
Wie sieht das aus, was Sie gerade in den Händen halten, und wie riecht es? Na ja, es hat viele Farben, vor allem Schwarz und Weiß, und die Bilder sind auch rot und grün etc. Aber der Geruch? Am ehesten riecht es „nach Druckerschwärze“, so wie der Kaffee, den Sie vielleicht zur Lektüre trinken, eben „nach Kaffee“riecht: Gerüchen stehen wir sprachlos gegenüber, wir haben keine Namen für sie.
Das kann daran liegen, dass unsere Ahnen den Geruchssinn zurückgefahren haben, als sie sich von allen vieren erhoben haben. Nun war die Nase nicht länger am Boden mit seinen lockenden, drohenden Dünsten, dafür konnte der Blick weit schweifen: So wurden 60 Prozent der Gene der Geruchsrezeptoren stillgestellt, und beim Gehirn nimmt die zuständige Region 0,01 Prozent ein, bei Mäusen sind es zwei. Da wundert es wenig, dass wir für Gerüche keine Namen haben.
Es gibt aber auch Menschen, die Gerüche präzise benennen, man bemerkte es an Jahai, Jägern und Sammlern in Südostasien. Ihre Besonderheit kann viele Gründe haben, sie kann etwa von ihrer Sprache kommen oder von ihrer Umwelt oder von ihrer Lebensweise. Zur Klärung hat Asifa Majid (Nijmwegen) zwei anderen Ethnien der Region Farbmuster und Duftproben vorgelegt. Die einen, die Beri, sind Jäger und Sammler, die anderen, die Semela, sind sesshaft, pflanzen kleinflächig Reis an und betreiben Hortikultur. Beide haben eng verwandte Sprachen, beide leben überwiegend im Wald.
Den Semela geht es wie uns: Sie können Gerüche nur umschreiben. Anders die Beni: Sie haben individuelle Namen für das, was in ihre feinen Nasen gerät, sie haben auch Kategorien für Duftgruppen. Und sie haben Gerüche in ihre Kultur integriert: Für sie hat jedes ihrer Mitglieder einen eigenen Geruch, dieser darf sich nicht unangemessen mit dem eines anderen mischen: Schwester und Bruder etwa dürfen nicht zu nahe beieinander sitzen, das wäre Inzucht (Current Biology, 18. 1.).
„Der Geruchssinn von Jägern und Sammlern ist dem von Sesshaften überlegen“, schließt Asifa, die im nächsten Schritt in einem breiten Vergleich von Jägern und Sammlern klären will, was an dieser Lebensweise den Sinn so schärft, dass er nach Worten ruft.