Wer Juncker und Hahn folgen könnte
EU-Posten. Im Mai 2019 finden die nächsten Europawahlen statt. Jean-Claude Juncker will nicht mehr kandidieren, die Debatte um seine Nachfolge hat begonnen. Auch Hahn steht vor der Ablöse.
Die Spekulationen in den Couloirs der Brüsseler Kommissionsgebäude mehren sich. Mit der Wahl zum europäischen Parlament im Mai 2019 rückt auch die Frage näher, wer im Herbst kommenden Jahres neuer Chef der EUBehörde wird: Deren aktueller Präsident, Jean-Claude Juncker, strebt bekanntlich keine zweite Amtszeit an. Die beiden größten Parteienfamilien Europas – die Europäische Volkspartei (EVP) und die Sozialdemokraten – bringen ihre Kandidaten bereits in Stellung.
Aufseiten der zuletzt siegreichen EVP hat der ehemalige EUKommissar Michel Barnier gute Karten. Er macht sich derzeit als Chefverhandler in den mühsamen Brexit-Verhandlungen einen Namen. Bereits im November könnte der Franzose gekürt werden – dann wählen die Konservativen ihren Spitzenkandidaten bei einem Kongress in Helsinki. Der 67-Jäh- rige ist ein erfahrener Mann auf dem europäischen Parkett. Allerdings wäre Barnier wohl kaum ein Kommissionspräsident, der dem ramponierten Image der Brüsseler Behörde neue Strahlkraft verliehe: Dazu fehlt es dem Ex-Außenminister an Dynamik.
Schon eher bringt dieses Attribut eine Frau mit, die für die Sozialdemokraten ins Rennen gehen könnte: die derzeitige EU-Außenbeauftragte, Federica Mogherini. Zu Beginn ihrer Amtszeit als unerfahren kritisiert, hat die Italienerin unter anderem als Vermittlerin bei den Verhandlungen zum Atomprogramm des Iran Stärke und Ausdauer bewiesen. Für ihren möglichen innerparteilichen Konkurrenten, den Kommissionsvizepräsidenten und Juncker-Intimus Frans Timmermans, stehen die Chancen schlecht: Als Verantwortlicher für das EU-Rechtsstaatsverfahren gegen Warschau hat der Niederländer die osteuropäischen EU-Mitgliedstaaten gegen sich.
Noch ist aber ohnehin nicht sicher, dass auch im kommenden Jahr der Spitzenkandidat der siegreichen Parteienfamilie automatisch zum Kommissionspräsidenten gekürt wird. Das System wurde 2014 erstmals praktiziert. Damals schnapsten sich Juncker und sein sozialdemokratischer Konkurrent, der heutige SPD-Chef Martin Schulz, das Prozedere untereinander aus – sehr zum Missfallen der deutschen Bundeskanzlerin, Angela Merkel (CDU). Zuvor war es Usus gewesen, dass allein die Staats- und Regierungschefs den Kommissionspräsidenten in geheimen Verhandlungen nach der Europawahl bestimmen.
Sollte die Entscheidung 2019 wieder hinter verschlossenen Türen fallen, wäre die liberale Wettbewerbskommissarin Margrete Vestager wohl im engsten Kreis der Favoriten: Sie wird dem Vernehmen nach vom französischen Staatspräsidenten, Emmanuel Macron, favorisiert, der unter seinen Amtskollegen eine gewichtige Stimme hat. Und auch Merkel selbst könnte Interesse an dem Brüsseler Topjob haben, glaubt man Gerüchten aus Berlin: Demnach soll die 63-Jährige die Personalie als passende Möglichkeit für ihren Ausstieg aus dem Kanzleramt betrachten.
Neben Juncker werden im Herbst 2019 auch mehrere Kommissare aus dem Amt scheiden, darunter wohl der Österreicher Johannes Hahn (ÖVP). Logischer Nachfolgekandidat für den Bauernbund ist Andrä Rupprechter, der vor seiner Zeit als Landwirtschaftsminister (2013–2017) bereits im Rat der EU für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung tätig war. Der Kommissar wird von der jeweiligen Regierung nominiert und muss vor seiner Bestellung ein Hearing im Europaparlament absolvieren.