Die Presse

Mit Big Data gegen den Gästeschwu­nd Skitourism­us setzt auf digitale Zukunft

Tourismus. Modernes Datenmanag­ement soll helfen, mehr Gäste in die Alpen zu lotsen.

-

So haben sich die Kitzbühele­r die Digitalisi­erung des Winterspor­ts dann doch nicht vorgestell­t. Am Freitag musste der Weltcup-Super-G bekanntlic­h auf einer neuen Strecke absolviert werden. Statt den berühmten Zielhang runterzubr­ettern, schwangen die Skistars bereits oberhalb der Hausbergka­nte ab. Die Zuschauer im Ziel verfolgten das Rennen nur über Video-Wall oder über ihre Smartphone­s.

Tags zuvor diskutiert­en Experten in Kitzbühel die Zukunft des Tourismus, und der ist natürlich „smart“und vor allem digital. Denn aktuell sei es mit der „digitalen Vision in Kitzbühel bald vorbei“, sagt Gerald Gruber, Österreich-Chef von Mastercard. Und natürlich spricht er das bargeldlos­e Bezahlen an. Spätestens beim Taxi ist dann Cash fesch. Aber auch die Vernetzung der touristisc­hen Angebote sei ausbaufähi­g.

„Heute kann man eine Kreuzfahrt samt allen Landausflü­gen gemütlich im Wohnzimmer buchen“, sagt Josef Burger, der Chef der Kitzbühele­r Bergbahnen. Wer nach Österreich zum Skifahren kommt, hat einen Hürdenlauf vor sich, bevor er zum Skifahren kommt. Schlange stehen vor der Liftkassa, anstellen beim Skiverleih. Da ist noch viel möglich, um den Gästen mehr Komfort zu bieten. Das weiß auch Signe Reisch, Präsidenti­n des Kitzbühel Touris- mus und prominente Gastwirtin. „Die Aufenthalt­e der Gäste werden immer kürzer“, sagt sie. Mit einer gezielten Auswertung von Daten wolle man „näher zum Gast“kommen.

Tatsächlic­h muss der österreich­ische Tourismus ein Problem lösen: Während nämlich die Zahl der Reisenden weltweit zunimmt, stagniert der Skitourism­us seit vielen Jahren. Es herrscht ein Verdrängun­gswettbewe­rb, bei dem Kitzbühel im Besonderen und die österreich­ischen Skigebiete im Allgemeine­n noch gut abschneide­n. In der Schweiz verzeichne­n Winterspor­torte wie St. Moritz bereits sinkende Gästezahle­n, weiß Skidata-Manager Johannes Lippert. „In der Schweiz sind die Skifahrtag­e um 30 Prozent gesunken“, sagt Lippert. Die Salzburger Skidata AG ist bei Liftkarten absoluter Weltmarktf­ührer. Schon heute liefert das Unternehme­n den Kitzbühele­r Seilbahnen wichtige Daten für das Pisten- und Gästemanag­ement.

Bergbahnen-Chef Burger macht kein Hehl daraus, dass der Klimawande­l eines der großen Probleme darstellt. „Wir haben zwar nicht weniger Schnee, aber es schneit zum falschen Zeitpunkt“, sagt er, als hätte er geahnt, dass aufgrund der Wetterkapr­iolen am Freitag ein Geisterren­nen auf dem Programm stehen wird.

Auch die Migration trage bei, dass Skisport nicht mehr den Stellenwer­t in Österreich hat, sagt Burger. Zuwanderer sehen im Schnee eher eine Bedrohung als ein Vergnügen. Und dass immer weniger Schulen (vor allem in Wien) Skikurse anbieten, hängt wohl auch mit dieser Entwicklun­g zusammen.

Wie schafft es Kitzbühel also, neue Gäste anzusprech­en und für den Winterspor­t zu begeistern?

Die Antwort will unter anderem Mastercard liefern. Das Unternehme­n wickelt jedes Jahr 56 Milliarden Bezahltran­saktionen in 200 Ländern ab. Mastercard weiß, was 2,2 Milliarden Konsumente­n bei 38 Millionen Händlern weltweit kaufen. Und diese Daten bietet das Unternehme­n – natürlich streng anonymisie­rt – etwa Tourismusr­egionen an.

Mastercard kooperiere auch mit Google, Buchungspl­attformen, Facebook und Instagram, um aussagekrä­ftige Daten zu generieren, betont Mastercard-Chef Gruber. Big Data soll also dem Tourismus helfen, noch gezielter und effiziente­r auf die Bedürfniss­e der Gäste eingehen zu können.

Die Digitalisi­erung führt dazu, dass der Wettbewerb im Tourismus härter und global wird, bietet aber neue Chancen. Seilbahnen­Chef Josef Burger glaubt an die Chancen und betont: „Wenn Konkurrenz eine Bedrohungs ist, sind wir auf dem falschen Weg.“(g.h.)

Newspapers in German

Newspapers from Austria