Der Miau-Faktor
Die Grazer Forscherin Edith Podhovnik befasst sich mit Katzen im Internet, in der Werbung – und damit, wie sie auch die Sprache verändern.
Begonnen hat alles mit einem Kollegen, der für seine Katze eine eigene Facebook-Seite hat. Eigentlich bloß spaßhalber tat Edith Podhovnik es ihm gleich und meldete ihre eigene Katze Murrli ebenfalls in dem sozialen Netzwerk an. „Da bin ich draufgekommen, dass ziemlich viele andere Katzen auch online sind“, erzählt die Soziolinguistin, die im Studiengang Journalismus und PR an der Grazer Fachhochschule Joanneum lehrt.
Von da an achtete Podhovnik in den (sozialen) Medien mehr und mehr auf katzenbezogene Inhalte: die Katzenvideos und die Grumpy-Cat-Bilder, die Facebook regelrecht überschwemmen, international rezipierte Nachrichten wie die von der russischen Katze Mascha, die angeblich ein Baby vor dem Erfrieren rettete, Katzen mit eigenen Twitter- und InstagramAccounts. „Katzen sind überall.“Und sie weckten denn auch Podhovniks Forschungsinteresse.
In einem ersten Paper klärte sie einmal grundsätzlich die Rolle der Katze – bei den alten Ägyptern als Gottheit verehrt, im Mittelalter als Teufel geschmäht – in der öffentlichen Sphäre. Sie kategorisierte die verschiedenen Typen von Katzencontent und versuchte, ihre enorme Präsenz im Internet zu verstehen („The Meow Factor. An Investigation of Cat Content in Today’s Media“). Eine These, auf die sie dabei stieß: Katzenbesitzer können ihre Tiere im Netz sozusagen ausführen und herzeigen – wie Hundebesitzer im echten Leben.
Katzen sind immer gut
Für ihren Forschungsbeitrag „Catvertising. The Appeal of Cats in Advertising“, in dem sie sich mit Katzen in der Werbung befasste, wurde Podhovnik vergangenes Jahr bei einer Konferenz in Mailand ausgezeichnet. Ausgangspunkt: Dass mit Katzen auch für Produkte geworben wird, die mit Katzen an und für sich nichts zu tun haben, von Telefonie über Möbel bis zu Autos. „Berichten zufolge ist der Bekanntheitswert einer britischen Milchproduktefirma nach einem Katzenwerbespot nach oben geschnellt – und ich habe mich gefragt: Warum funktioniert das?“
Einige Antworten, nach Medienanalysen, Expertengesprächen und Fokusgruppen: Mit Kindern und Tieren kann man in der Werbung prinzipiell nichts falsch machen. Bei Katzen wirkt das Kind-
Cats in the Public Sphere ist seit dem Jahr 2014 eines ihrer Forschungsthemen. Podhovnik schreibt darüber auch einen Forschungsblog (The Meow Factor). Ihre eigene Katze Murrli ist im Internet präsent: auf Facebook, auf Twitter und unter dem Namen freemurrli_cat auch auf Instagram. chenschema. Sie gelten als süß, als flauschig und gleichzeitig als elegant. Sie sind ein Haustier, das viele aus der Kindheit kennen. Katzen bedienen vor allem positive Emotionen: Dass sie die Stimmung von Menschen verbessern, dazu gibt es Studien, eine Forscherin hat nun sogar herausgefunden, dass auch Katzenvideos diesen Effekt haben. Und der Eigensinn und die Unabhängigkeit der Katzen machen sie für viele besonders sympathisch.
Sprache wird katzifiziert
Inzwischen ist Podhovnik auch mit den Katzen wieder näher bei ihrem eigentlichen Forschungsgebiet, der Soziolinguistik, angekommen: Zuletzt untersuchte sie, wie die ver- stärkte Katzenpräsenz im Internet auch zu sprachlichen Innovationen führt („The Purrification of English: Meowlogisms in Online Communities“). „Meowlogism“ist dafür (wie auch „purrification“und „catvertising“) gleich ein Beispiel, konstruiert aus „Neologismus“und dem englischen Wort für „Miau“.
Anhand von drei englischsprachigen Katzen-Accounts auf Instagram, wo ihre eigene Katze als freemurrli_cat übrigens auch präsent ist, hat sich Podhovnik angesehen, welche neuen Wortkreationen es mit Begriffen aus der Katzenwelt gibt. Wortspiele gibt es da beispielsweise mit Pelz („fur-iend“statt „friend“), Pfote („pawse“statt „pause“), Miau („ameowzing“statt „amazing“) oder Schnurren („purr- fect“statt „perfect“). „Da werden sehr viele Wortteile substituiert.“
Tatsächlich ist das aber mehr als ein Social-Media-Phänomen – wo mit dieser sozusagen katzifizierten Sprache betont wird, dass etwas aus der Perspektive der Katze geschieht. Bisweilen nutzen auch (Online-)Medien solche Neologismen für Nachrichten mit Katzenbezug, wie Podhovnik herausgefunden hat. So schrieben britische Boulevardzeitungen mehrfach von „catitude“(statt attitude“) und vom „long arm of the paw“statt „law“. Und den Begriff „purr-fect“verwendete sogar die BBC.
Mehr Miaulogismen
„Internetkatzen haben ihre Kratzspuren in der englischen Sprache hinterlassen“, stellt Podhovnik fest. Katzen sind demnach also nicht nur mit Fotos, Videos oder Memes im Internet präsent, sondern auch in der Sprache. Und nachdem der Katzentrend im Internet wohl noch etwas anhalten wird, dürfte sich das noch verstärken, meint die Forscherin. „Für die englische Sprache könnte das bedeuten, dass Miaulogismen weiterhin ihre Pfotenabdrücke in Social-Media-Plattformen und in Onlinemedien hinterlassen werden.“
Internetkatzen haben ihre Kratzspuren in der englischen Sprache hinterlassen. Edith Podhovnik, Soziolinguistin