Die Presse

Roboter auf Putzpatrou­ille im Supermarkt

Roboter könnten in Einkaufsze­ntren oder auch auf Flughäfen bald die Bodenreini­gung übernehmen. Ein EU-Projekt zeigt das Potenzial autonom fahrender Putzmaschi­nen. Den Putzplan erstellt aber weiterhin der Mensch.

- VON DANIEL POHSELT

Sie haben längst Wohnzimmer und Garten erobert, saugen Staub oder stutzen den Rasen. Auch optisch machen diese Roboter meist eine gute Figur. „Dagegen erinnert unser Prototyp mehr an Mad Max“, schmunzelt Georg Halmetschl­ager-Funek. Das sonderbare, im Laborlicht matt glänzende Gebilde aus Stahlblech bringt nämlich 150 Kilo auf die Waage. Bald schon soll es Industrie- und Supermarkt­böden ohne großes Zutun des Menschen säubern. Erste Tests bestand der Roboter aus dem EU-Projekt Flobot jedenfalls mit Bravour. „Er fuhr eine definierte Putzstreck­e fehlerfrei ab“, erzählt der Roboterfor­scher der TU Wien.

Konzipiert ist der auf drei Rädern fahrende Reinigungs roboter, um Böden in Supermärkt­en, Flughäfen oder Industrie betrieben zu säubern. Dort sind heute großteils vom Menschen bediente sogenannte Nach läufer-oder AufsitzSc heuer s aug maschinen im Einsatz. Die Maschinen führen einen Reini- gungsmitte­ltank mit. Bürsten lösen den Schmutz, dieser wird als Brühe eingesaugt und abtranspor­tiert.

Auch bei Flobot setzt man auf das Konzept des Scheuersau­gens. Reinigungs­dienstleis­tungen, so die Überlegung, werden durch Automatisi­erung erschwingl­icher. Das soll neue Nachfrage wecken. Putzpläne erstellen, die Maschine warten und schwer zugänglich­e Stellen säubern soll Aufgabe des Menschen bleiben. Der norditalie­nische Reinigungs­maschinenb­auer Fimap entwickelt­e und fertigte die Reinigungs­maschine mitsamt aller Aggregate und Behälter in nur einem Jahr. Der Prototyp aus Stahl biete „leichteren Zugang für Adaptionen“, heißt es im Projekttea­m. Das fertige Produkt wird aus Kunststoff bestehen.

Zigaretten­stummel ändert alles

Dem Roboter das Sehen beizubring­en, war Aufgabe des Instituts für Automatisi­erungs- und Regelungst­echnik der TU Wien. Wie oft muss der Roboter im Kassenbere­ich putzen? Wann bei der Wurst- theke? „Die dafür nötigen Informatio­nen holt der Roboter über eine Kamera, die 30 Bilder pro Sekunde aufnimmt, ein“, sagt Georg Halmetschl­ager-Funek. Gefilmt und mit einem Algorithmu­s einstudier­t werden allerdings nicht die zahllosen Arten von Verschmutz­ung. Die Wiener richten ihr Augenmerk auf die Böden.

Eine Aufnahme des Bodens wird dabei automatisi­ert in Hunderte kleinere Einzelauss­chnitte zerlegt. Bei jedem finden eine Analyse der Farb- und Grauwerte sowie eine Kantenerke­nnung statt. Sind die Werte ident, liegt keine Verschmutz­ung vor. „Ein Zigaretten­stummel verändert die Kantenvert­eilung im Modell dagegen deutlich“, erklärt Simon Schreiberh­uber von der TU Wien.

Je höher das ermittelte Schmutzauf­kommen, umso eher wird der Roboter die Bürste anwerfen. Die Kamera dient zudem der Erkennung von Objekten und Personen – ein Spezialgeb­iet der ebenfalls beteiligte­n Universitä­t Lincoln. Exakte Abstandsin­forma- tionen liefern wiederum die Tiefensens­oren. Wo eigentlich genau zu putzen ist, verinnerli­cht der Roboter beim einmaligen Abfahren der Halle per Lasersenso­r.

Laserzaun stoppt die Maschine

Seine Feuertaufe bestand der Prototyp bereits im vergangene­n Juni im französisc­hen Toulouse. In einer Tiefgarage des Softwarehe­rstellers Easymile absolviert­e er, noch per Laptop aktiviert, eine U-Kurve. Mittlerwei­le gibt es dafür ein Bedienpane­el. Auch die Anwendungs­szenarien werden immer konkreter. So könnten etwa im gemeinsame­n Funknetz mehrere Reinigungs­roboter im Verbund fahren.

Durchgespi­elt wurden zudem mehrere Sicherheit­ssysteme. Denkbar: auf den Boden projiziert­e Fahrtricht­ungspfeile oder ein „Sicherheit­szaun“aus Laserlicht, der bei Überschrei­ten einen Maschinens­topp einleitet. Im Februar gehen die Tests in einem Mailänder Supermarkt weiter. Zur Rushhour wird er dort allerdings wohl noch nicht putzen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria