Immuntherapie: Wie Resistenzen entstehen
Homogenisierung durch die Therapie ist die Ursache.
Bei zehn bis 20 Prozent der Krebspatienten greift eine Immuntherapie. Das Immunsystem richtet sich dabei, unterstützt von Medikamenten, gegen den Tumor (siehe auch Artikel rechts). Ein Teil der Patienten entwickelt jedoch nach einem bis zwei Jahren Resistenzen gegen die Behandlung. Ein Team aus Bioinformatikern und Zellgenetikern der Med-Uni Innsbruck hat nun eine erste Erklärung dafür geliefert. Die in „Nature Communications“veröffentlichten Erkenntnisse sollen dazu beitragen, die Immuntherapie weiter zu verbessern.
Die Forscher zeigten mittels immunologischer und genetischer Methoden, dass Tumoren im Verlauf einer Immuntherapie genetisch homogener werden. Das passiere, weil durch sogenannte Immun-Editierung bei der Therapie Tumorzellen mit bestimmten Mutationen eliminiert werden, erklärt Bioinformatiker Zlatko Trajanoski. Die Folge: Das Immunsystem erkennt die Tumorzellen nicht, die Tumoren beginnen wieder zu wachsen.
Der Nachweis gelang den Forschern um Zellgenetiker Gottfried Baier am Beispiel von Dickdarmkrebs bei Mäusen. Die Tiere haben bestimmte Immunzelltypen nicht, daher lasse sich der Einfluss des Immunsystems gut getrennt von Einwirkungen der Genetik betrachten, heißt es. So hat sich gezeigt, dass die Tumorentwicklung im Mausmodell neutral verläuft, also ohne positive oder negative Selektion, und nicht – wie in Lehrbüchern dargestellt – darwinistischen Prinzipien folgt, wonach nur die fittesten Mutationen überleben. Die Untersuchungen ließen sich anhand der Daten eines Melanompatienten bestätigen.
Die Innsbrucker Wissenschaftler schlagen daher vor, Tumorproben umfassend auf genetische Heterogenität zu analysieren, um Resistenzentwicklungen prognostizieren und die Therapie anpassen zu können. Dennoch: Die Interaktion zwischen Tumor und Immunsystem sei höchst komplex und benötige noch viel Aufklärungsarbeit, sagt Trajanoski. (APA/gral)