Zu schade für die Kläranlage
Restwasser aus der industriellen Trocknung von Holz wird normalerweise ungenützt abgeleitet – samt wertvoller Inhaltsstoffe. Forscher wollen es für neue Produkte nutzbar machen.
Bäume haben vielfältige Strategien, um sich selbst zu schützen: Sie können durch Duftstoffe Insekten vertreiben, das Pilzwachstum hemmen oder Bruchstellen mit antimikrobiellen Substanzen schließen, damit ihr Inneres keinen Schaden nimmt. Harze, Wachse, Phenole, Säuren, Terpene oder Duftstoffe sind natürliche Abwehrstoffe und „Arzneien“, die Bäume zur Verfügung haben. Substanzen, die Thomas Schnabel, Forscher am Fachbereich Holztechnologie und Holzbau der FH Salzburg, für neue industrielle Anwendungen nützen will.
Mit dem vom Technologieministerium geförderten Projekt „Nutzbarmachung bioaktiver Substanzen bei der Trocknung (BioSubTro)“macht er sich gemeinsam mit Partnern auf die Suche nach innovativen industriellen Verfahren, um jene Extraktstoffe, die im Zuge der Holztrocknung bisher ungenutzt in der Kläranlage landen, als wertvolle Ressource für neue Anwendungen zu nutzen. Bei der Trocknung von Holz in der Sägeindustrie entsteht Wasserdampf. Dieses Kondensat enthält aber auch wertvolle Holzinhaltsstoffe, die zu schade sind, um einfach entsorgt zu werden. Besonders viele dieser Inhaltsstoffe sind in der Rinde der Bäume. Sehr interessant sind dabei die antimikrobiellen Eigenschaften des Kondensats, das im Rahmen des Projekts nachgewiesen wurde.
„Für die chemische, pharmazeutische und kosmetische Industrie könnten diese Holzextraktstoffe ein wertvoller Rohstoff sein“, erklärt Schnabel die Idee hinter dem Projekt. Einen interessierten Partner hat er für BioSubTro schon ins Boot geholt. Der Naturkosmetikhersteller Martin Sanoll testet, ob die antimikrobielle Wirkung der Extraktstoffe die Haltbarkeit von Hautcremen verbessert. „Es ist ein Forschungsprojekt. Wir sind am Probieren, haben aber schon einige schöne Erfolge“, erzählt Sanoll.
ist ein Ansatz, bei dem Abfall als Ausgangspunkt für neue Produkte gesehen wird. Die Idee ist auch unter dem Schlagwort „Cradle to Cradle“bekannt. Ein Beispiel: Emissionen werden eingefangen und als Brennstoff verwendet. An der Fachhochschule Salzburg suchen Forscher nach neuen industriellen Anwendungen beispielsweise für Reststoffe, die bei der Trocknung von Holz anfallen, oder für Lederabfälle.
Das Kondensat wurde beim sogenannten Konservierungsbelastungstest eingesetzt. Dabei werden mehrere Bakterien und Pilze in eine Creme eingebracht, durch die Konservierungsmittel müssen diese nach einem bestimmten Zeitraum wieder verschwinden. Bei den Bakterien wirkte das Kondensat mit den Holzextraktstoffen sogar besser als herkömmliche Konservierungsmittel, berichtete Sanoll. Bei den Pilzen ist man allerdings noch nicht so weit. Der Naturkosmetikhersteller ist aber zuversichtlich, dass am Ende ein völlig natürliches Konservierungsmittel stehen könnte.
Schon etwas weiter ist ein anderes Forschungsprojekt, bei dem Schnabel ebenfalls biogene Abfälle als Ausgangspunkt für neue Produkte nutzt. Abfälle aus der Lederindustrie werden bisher entsorgt. „Leder brennt schlechter als Holz“, weiß Schnabel und hat damit eine interessante Anwendung gefunden: Holz-Leder-Platten. Die winzigen Gewebeschnitzel, die in der Lederindustrie als Abfall entstehen, sind nämlich den Holzschnitzeln, die in der Plattenproduktion verwendet werden, recht ähnlich.
Mit einem Standardklebstoff aus der Industrie wurden aus dem Lederabfall Platten gepresst. Entstanden ist ein Verbundwerkstoff, der aus einem Holzkern und je einer Leder- und Holzfaserplatte besteht. „Wir konnten schon nachweisen, dass die Leder-Holz-Platte einen besseren Brandschutz als herkömmliche Platten bietet“, berichtet Schnabel.
Bei den Dämmeigenschaften sind die Platten vergleichbar, bei den technologischen Eigenschaften hat der Leder-Holz-Verbundwerkstoff fast keine Nachteile gegenüber einer reinen Holzfaserplatte. Der neue Werkstoff könnte für Wandverkleidungen, Türen oder Möbel interessant sein, ist Schnabel überzeugt. In einem nächsten Schritt sollen Partner gesucht werden, um die Idee der Leder-Holz-Platte zu einer industriellen Anwendung weiterzuentwickeln.
Für die Produktion von Dämmplatten könnten sich auch einjährige Pflanzen – wie beispielsweise Elefantengras – eignen. Gemeinsam mit der Höheren Bundeslehranstalt für landwirtschaftliche Berufe Ursprung untersucht Schnabel Methoden, wie solche Dämmplatten direkt auf dem Bauernhof für lokale Anwendungen gepresst werden können. „Damit entstünden ein höherwertiges Produkt und lokale Wertschöpfung“, ist der Forscher überzeugt.