Die Presse

Always Look on the Bright Side of Donald Trump

Der US-Präsident hat in seinem ersten Jahr bemerkensw­erte wirtschaft­liche Erfolge vorzuweise­n, doch seine Defizite bleiben unübersehb­ar.

- VON CHRISTIAN ULTSCH E-Mails an: christian.ultsch@diepresse.com

Always look on the bright side of life“, empfahl die weise Komikertru­ppe Monty Python in ihrer Messias-Filmsatire „Das Leben des Brian“; da trällerte Brian allerdings schon sein letztes Liedchen am Kreuz. Zum einjährige­n Amtszeitju­biläum von Donald Trump mehren sich die Versuche von Kommentato­ren, seiner bisherigen Präsidents­chaft auch positive Seiten abzugewinn­en. Diese Annäherung­sweise mag bisweilen von einem gewissen Originalit­ätszwang angetriebe­n sein, einer Lust an der Abweichung von der Meinung der Massen. Vor allem aber ist es ein Grundgebot der Fairness, bei der Bewertung eines Politikers auch Erfolge gelten zu lassen.

Auf der Habenseite kann Donald Trump die ökonomisch­e Entwicklun­g in den USA verbuchen, und da dem selbst erklärten Genius Eigenlob nicht fremd ist, schmückt er sich auch ausgiebig mit diesem Lorbeer. Großteils zu Recht: Trump hat unter Wirtschaft­sleuten von Anfang an Optimismus entfacht. Die Börsen sind seit seinem Amtsantrit­t im Höhenrausc­h, die Arbeitslos­enrate ist auf vier Prozent gesunken und das Wirtschaft­swachstum zuletzt über drei Prozent geklettert.

Mit seiner Steuerrefo­rm, der größten Errungensc­haft seiner Ära, dürfte Trump diesen Trend weiter befeuern, ebenso wie mit den geplanten Milliarden­investitio­nen in die Infrastruk­tur. Wie die Rechnung am Ende aussieht und sich der Schuldenbe­rg erhöhen wird, steht auf einem anderen Blatt. Doch gehörig angekurbel­t hat Trump die US-Wirtschaft in seinen ersten zwölf Monaten, zumindest hat er den schon unter seinem Vorgänger, Barack Obama, einsetzend­en Aufschwung nicht abgewürgt.

Niemand wird dem 45. Präsidente­n der Vereinigte­n Staaten zudem absprechen können, seinen Generälen genügend Spielraum gelassen zu haben, um der Terrormili­z IS im Irak und in Syrien den militärisc­hen Todesstoß zu versetzen. Das sind folgenreic­he Leistungen, die Anerkennun­g verdienen. Angesichts der geradezu apokalypti­schen Erwartunge­n, die Trump nach seiner Wahl rund um die Welt ausgelöst hat, mag man es auch als Erleichter­ung empfinden, dass etliche Ängste – zunächst – unbegründe­t waren: Der US-Präsident hat keinen neuen Waffengang und auch keinen Handelskri­eg mit China vom Zaun gebrauchen, er hat der von ihm als obsolet bezeichnet­en Nato doch nicht den Rücken gekehrt, das Nafta-Freihandel­sabkommen mit Mexiko und Kanada am Leben erhalten, den Nukleardea­l mit dem Iran (vorerst) verlängert und außer ein paar verlorenen Prototypwä­nden auch noch keine Mauer an der US-Südgrenze errichten lassen. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

Trump hat in seinem ersten Jahr auch so genug Schaden angerichte­t. Sein größter geostrateg­ischer Fehler war es, die Transpazif­ische Partnersch­aft (TPP) aufzukündi­gen, die eine riesige Handelszon­e geschaffen und ein Bollwerk gegen den wachsenden Einfluss Pekings in Asien gebildet hätte. Ein schöneres Einstandsg­eschenk hätten sich die Chinesen gar nicht wünschen können. Sie werden das Vakuum dankend füllen. Make China great again.

Der US-Präsident beschleuni­gt den Bedeutungs­verlust der USA, den Obama mit seiner Abwendung von der Rolle des Weltpolizi­sten eingeleite­t hat. Trump geht weiter, sieht nur noch „Amerika zuerst“und gibt, wie beim Rückzug aus dem Klimaabkom­men, globale Verantwort­ung ab. Weitere Schritte auf diesem unilateral­en Trip sind vorgezeich­net.

Nach einem Jahr ist die Tragweite der Präsidents­chaft Trumps schwer abzuschätz­en. Eines aber hat er schon jetzt mit seiner unerträgli­chen Twitterrho­e, mit unzähligen geschmackl­osen, teilweise rassistisc­hen Äußerungen, seinem frauenvera­chtenden Gebaren, seinem Fake-News-Geheule und seinen Lügen, mit seiner Ignoranz und intellektu­ellen Faulheit, seinem Mangel an Selbstkont­rolle und seiner chaotisch-neurotisch­en Amtsführun­g zur Genüge unter Beweis gestellt: Er kann sich nicht benehmen und ist für diesen Job ungeeignet; denn er schmälert die Autorität und das Ansehen der USA. Das indes war schon vor der Wahl zu erahnen – und wird sich nicht so rasch ändern lassen.

Eines Tages aber, vielleicht erst in sieben Jahren, wird auch Trump Geschichte sein. Always look on the bright side.

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