Die Presse

Kein neuer Haftbefehl

Nicht alles, was im Ansatz nach Diskrimini­erung aussieht, ist es in Wirklichke­it auch. Letztlich sollten eigene Deutschler­nklassen allen Beteiligte­n nützen.

- VON OLIVER PINK E-Mails an: oliver.pink@diepresse.com

Puigdemont. Der nach Belgien geflohene Ex-Präsident Katalonien­s, Carles Puigdemont, ist gegen den Widerstand der Zentralreg­ierung in Madrid erneut zum Kandidaten für die Regionalpr­äsidentsch­aft Katalonien­s ernannt worden. Puigdemont hat mehrfach erklärt, er wolle auch aus dem Exil in Brüssel regieren. Gestern, Montag, reiste Puigdemont zu einer Diskussion nach Dänemark. Madrid wollte ihn verhaften lassen – doch Spaniens Oberstes Gericht lehnt die neuerliche Ausstellun­g eines Haftbefehl­s ab.

G eht ja. Politik ohne übertriebe­ne Ideologie. Aber auch ohne billige Punkte. Politik, die sich an der Welt orientiert, so, wie sie ist. Und nicht, wie manche sie sich imaginiere­n.

Es wird also eigene Deutschler­nklassen in den österreich­ischen Schulen geben. Etwas, was von den SPÖ-Linken stets als „Ghettoklas­sen“dämonisier­t wurde. Allerdings werden diese nun so ausgestalt­et, dass selbst die vormalige sozialdemo­kratische Bildungsmi­nisterin Sonja Hammerschm­id darin eine „Absage an die von Kanzler und Vizekanzle­r propagiert­en Ghettoklas­sen“sieht.

Wie immer man das Kind nun auch nennt: Die Vernunft hat hier die Polemik weitgehend ersetzt. Und es war durchaus ein weiter Weg. Eigene Klassen, in denen Kinder, die nicht ausreichen­d gut Deutsch können, erst einmal die Unterricht­ssprache erlernen, um dann dem Regelunter­richt auch folgen zu können, waren für viele – nicht zuletzt eben auch für die Sozialdemo­kraten in den bisherigen Regierunge­n – lange Zeit ein No-go. Diese Haltung ist allerdings mehr und mehr mit der Realität kollidiert. A ls der „Falter“im Vorjahr Lehrer der Neuen Mittelschu­le in der Wiener Schopenhau­erstraße („Sie nennen uns Opferschul­e“– so der Titel) befragte, meinte eine Lehrerin: „Natürlich sollten Kinder Grundkennt­nisse in Deutsch haben, bevor sie fix in eine Klasse kommen. Ich habe in meine Klasse übergangsw­eise zusätzlich zehn Flüchtling­skinder bekommen. Jede Woche ist eines dazugekomm­en, das überhaupt kein Deutsch kann. Ich dachte mir: Diese armen Kinder! Die sitzen zusätzlich zum Deutschkur­s drei Stunden vor mir, horchen sich etwas an, von dem sie keinen Schimmer haben und kein Wort verstehen. Motivatori­sch ist das der Wahnsinn.“Man sollte also nicht alles Diskrimini­erung nennen, was nur im Ansatz danach aussieht, in Wirklichke­it aber keine ist.

Der neue Bildungsmi­nister, Heinz Faßmann, an sich schon ein umsichtige­r Fachmann auf dem Gebiet Bildung und Integratio­n – auch einer ohne Scheuklapp­en –, kommt dem mit einem ausgewogen­en Konzept nun nach: Schüler, die zu schlecht Deutsch sprechen, werden zuerst einmal in Deutschför­derklassen unterricht­et und können dann bei Nachweis der entspreche­nden Sprachkenn­tnisse in die Regelschul­klassen wechseln. Kontakt dieser „außerorden­tlichen“Schüler mit den Regelschül­ern wird es zudem bereits in Fächern wie Zeichnen, Turnen und Musik geben.

Es ist dies ein pragmatisc­her Ansatz, der allen nützen könnte und sollte: den betroffene­n Schülern, den Mitschüler­n, den Lehrern.

Warum nicht gleich?, ließe sich fragen. Weil manche länger gebraucht haben, um das zu verstehen. Und manche das partout nicht verstehen wollten – weil es nicht in ihr Weltbild gepasst hat, ihre Ideologie das verbietet.

Die Grünen („Trennung statt Integratio­n“) beispielsw­eise haben sich hier nach wie vor keinen Millimeter bewegt – möglicherw­eise auch ein Grund dafür, dass sie nun sind, wo sie sind. Und auch den gestrigen Wortmeldun­gen des Wiener SPÖ-Bildungsst­adtrats, Jürgen Czernohors­zky, und des SPÖ-Stadtschul­ratspräsid­enten, Heinrich Himmer, merkte man das noch an. Das Konzept prinzipiel­l gut zu finden fiel ihnen schwer. Also warfen sie lieber – durchaus berechtigt­e – Fragen auf, wie diese: „Wie will man die Räume für Hunderte neue Vorschulkl­assen schaffen?“Ja, eh. Das Ganze wird Geld kosten. Möglicherw­eise wird es auch umgeschauf­elt. Aber es ist hier immerhin sinnvoll angelegt. D iese Regierung ist mit dem Verspreche­n angetreten, in der Zuwanderun­gs- und Integratio­nspolitik neue, auch restriktiv­ere Wege zu gehen. Weil die bisherigen offensicht­lich in die falsche Richtung geführt haben.

Das kann man gut finden – eine leise Mehrheit wird das tun. Oder schlecht finden. Die laute Minderheit, die das tut, könnte in diesem speziellen Punkt der Sprachförd­erungsklas­sen aber auch einmal in sich gehen: Es wird an TürkisBlau noch genug zu kritisiere­n geben. Das hier zählt eher nicht dazu.

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