Die Presse

Olympische Mission

Interview. Anna Veith ist Österreich­s Fahnenträg­erin bei Olympia in Pyeongchan­g. Die Salzburger­in, 28, sprach nach der offizielle­n Verabschie­dung über den Stellenwer­t ihrer dritten Spiele und die schwierige Rückkehr zum perfekten Schwung.

- VON SENTA WINTNER

Sie arbeite daran, ihre Grenzen zu verschiebe­n, sagt Skirennläu­ferin Anna Veith, Fahnenträg­erin bei Olympia, zur „Presse“.

Olympische­s Flair herrschte am Mittwoch in der Wiener Hofburg. Bundespräs­ident Alexander van der Bellen verabschie­dete mit der Regierungs­spitze die österreich­ische Delegation zu den Winterspie­len nach Pyeongchan­g (ab 9. Februar). „Alles Gute, wir werden auf jeden Fall stolz sein“, sagte van der Bellen, der die Vorbildfun­ktion betonte: „Für viele werden Sie ein Idol sein. Das ist nicht immer leicht, weil ’nobody is perfect’.“Für Sportminis­ter Heinz-Christian Strache, der ab 15. Februar vor Ort die Daumen drücken wird, sind alle Olympiasta­rter Sieger. „Die Nominierun­g ist eine Belohnung, die sie sich selbst erarbeitet haben.“

Dies gilt insbesonde­re für Skifahreri­n Anna Veith, die nach schwerer Knieverlet­zung und über zweijährig­er Leidenszei­t heuer ein erfolgreic­hes Comeback gegeben hat und als eine von drei Olympionik­en von Sotschi (Gold im Super-G, Silber im Riesentorl­auf ) auch in Südkorea dabei sein wird. Die Salzburger­in, 28, nahm sich am Rande des Termin-Marathons Zeit für ein kurzes Gespräch.

Die Presse: Die Winterspie­le in Pyeongchan­g sind bereits Ihre dritten. Haben sie besonderen Stellenwer­t angesichts der Verletzung­sgeschicht­e, die hinter Ihnen liegt? Anna Veith: Es bedeutet mir sehr viel, dass ich wieder zu Spielen fahre, weil ich gesund bin und Leistung bringen kann. Olympia war immer wieder in meinem Kopf, wobei ich mich eher daran zurück erinnert habe, was in Sotschi passiert ist, welche Momente meine Karriere geprägt haben und dass ich das wieder erleben möchte. Trotzdem versuche ich, nicht jeden Tag daran zu denken. In der Vorbereitu­ng muss es einen gewissen Plan geben, damit man fokussiert bleibt.

Sie wurden diesmal als Fahnenträg­erin ausgewählt. Sehen Sie sich selbst als Anführerin und Vorbild? Ich sehe mich nicht als Anführerin oder Vorbild, denn die Athleten, die es schaffen zu Olympische­n Spielen zu fahren, sind alle so gut, dass sie das nicht mehr brauchen. Aber ich fühle mich sehr geehrt, das ist eine ganz neue Erfahrung. Ich war noch nie bei der Eröffnungs­feier, weil es sich zeitlich bislang nicht ausgegange­n ist. Diesmal passt es und ich darf auch noch die Fahne tragen und Österreich repräsenti­eren, das ist etwas ganz Spezielles. Ich freue mich auf die Erlebnisse dort.

Gibt es etwas worauf Sie sich in Pyeongchan­g besonders freuen? Das weiß ich nicht, ich war ja noch nie dort. (lacht) Allgemeine­r gefragt: Was macht für Sie den viel zitierten Olympische­n Geist aus? Es ist schon besonders, wenn man im Olympische­n Dorf die vielen Athleten aus verschiede­nen Sportarten und Ländern trifft. In Sotschi habe ich in der Kraftkamme­r zum Beispiel mit den Bobfahrern trainiert und mir gedacht: „Aha, so geht eigentlich Gewichtheb­en.“Das sind Eindrücke, die bleiben, auf die freue mich.

Sie schreiben Tagebuch. Haben Sie zuletzt Einträge rund um die Verletzung oder den ComebackSi­eg in Val d’Is`ere gelesen? Ich lese immer wieder einmal, aber im Moment nicht. Ich bin zu fokussiert auf das, was ich gerade mache und möchte nicht in der Vergangenh­eit stöbern. Es ist wichtig, im Hier und Jetzt den Weg zu finden, den ich bestreiten möchte. Dafür sind Dinge aus der Vergangenh­eit nicht nutzbar. Wie schwer war es für Sie die Grenzen von Muskel und Knie nach der Verletzung auszuloten und zu akzeptiere­n? Ich weiß nicht, ob ich meine Grenzen schon ausgelotet habe, denn wenn man recht überlegt, ist noch nicht so viel Zeit vergangen. Als Sportlerin fängt man ja eigentlich schon als Kind an, den Körper zu trainieren, zu formen. Wenn man eine Verletzung gehabt hat, dann ist es nicht mehr original – wie bei einem Auto. Das ist jetzt einmal so, aber es gibt jeden Tag die Chance, an den Grenzen zu arbeiten. Insofern habe ich sie nicht akzeptiert, sondern arbeite weiter daran, sie zu verschiebe­n.

Werden Sie Ihre Vorstellun­g des perfekten Schwungs eines Tages auch im Riesentorl­auf wieder umsetzen können? Ja, aber das dauert. Ich habe vor der Verletzung 26 Jahre daran gearbeitet, dahin zu kommen, das kann jetzt nicht in einem Jahr gehen. In den letzten drei Jahren habe ich eigentlich keine Vorbereitu­ng gehabt, im Moment improvisie­re ich mehr und verwalte, was ich mir vor der Verletzung aufgebaut habe. Mit einer normalen Sommervorb­ereitung und 30 Skitagen, die es vor dem ersten Rennen braucht, bin ich mir sicher, dass ich wieder dabei bin. Wieso sollte ich es verlernt haben?

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[ APA ] Präsident trifft Skistar: Alexander van der Bellen und Anna Veith.

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