Fake News auf dem Siegeszug – oder nur Trumps Liebling?
Davos. Experten suchen nach Strategie gegen Fake News: Weder Staat noch Medienkonzerne sollen regulieren, Journalisten müssen dagegenhalten.
In Davos steht nicht nur ein riesiges Kongresszentrum, für das Weltwirtschaftsforum wurde auch ein globales Medien-KonzernDorf errichtet, das irgendwo zwischen Disneyland und dem österreichischen Minimundus einzuordnen ist. Für die Forumswoche haben manche Davoser das Geschäft des Jahres gemacht – zumindest die, die ein Häuschen im Zentrum besitzen. Ein paar Dutzend Häuser wurden so von den Silicon-Valley-Riesen Facebook, Palentier und Google gemietet, völlig neu gestaltet und als freundliche Präsentationsfläche genutzt.
Auch ein paar Länder wie Indien und Indonesien, eine Gruppe von Investoren um das Kaspische Meer präsentieren sich in Geschäftslokalen. Den Vogel haben die Erzfeinde Russland und Ukraine abgeschossen. Vis-`a-vis haben die beiden ihre Werbebotschaften bezogen, die Ukrainer sind immer voll und es ist lang und laut. Die Russen haben das kitschigste Haus auf der Promenade bezogen. Sie veranstalten ihren eigenen kleinen Kongress. Dabei geht es auch um Medien und Politik. Russische Manipulationen, wie sie allen Indizien zufolge bei den US-Wahlen oder vor Urnengängen in Europa stattgefunden haben, werden hier natürlich in Abrede gestellt.
Ähnlich argumentiert Anna Belkina vom russischen Sender RT (vormals Russia Today) bei einer von der BBC geleiteten und gesendeten Debatte: Dass Frankreichs Präsident Macron RT der Fake News über ihn beschuldigt hat, seien die wahren Fake News. Jimmy Wales, Gründer von Wikipedia, hält dagegen: Politiker und Medien aller Couleur hätten Hiweise, dass unter anderem russische Medien Nachrichten manipulieren. Belkina: Westliche Medien seien selbst schuld an der Diskussion, hätten sie doch andersdenkende Journalisten mit diesem unhaltbaren Vorwurf bedacht.
Einigkeit herrscht unter anderen Medienmachern, die in Davos unter „Media Leader“als eigene Kategorie geführt werden, darin, dass weder staatliche Kontrolle noch Gesetze, sondern nur die Kraft des objektiven und transparenten Journalismus dagegenhalten könne.
Dass immer mehr Menschen den Meldungen in sozialen Netzwerken misstrauen, zeigt eine Studie, die in Davos veröffentlicht wurde. Für das „Edelman Trust Barometer“, das seit 18 Jahren im Vorfeld des Weltwirtschaftsforums erscheint, wurden diesmal mehr als 33.000 Teilnehmer befragt. Die Ergebnisse sind laut „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“(FAZ) alarmierend: 63 Prozent aller Befragten rund um die Welt gaben an, Qualitätsjournalismus nicht von Fake News unterscheiden zu können, da sich ihre Darstellung in Netzwerken wie Facebook und Twitter ähneln. Der Abstieg ist in erster Linie auf die Internetkonzerne und Plattformbetreiber zurückzuführen. In 21 Ländern sinkt die Zustimmung, insgesamt hat nur noch jeder Zweite Vertrauen in Google, Facebook und Twitter.
Die Ausbreitung von Fake News bringt laut der in der FAZ veröffentlichten Studie auch Gewinner hervor: Es sind klassische Medien wie Fernsehsender und Zeitungen sowie seriöse Onlinemedien. Ihr Ansehen steigt gegenüber der vergangenen Umfrage um fünf Punkte auf 59 Prozent.
Eine konkrete, einleuchtende Ursache nannte der bekannte Historiker Timothy Snyder. Er bezog sich auf die Lage in den USA, wo Fake News zu den Lieblingsworten des Präsidenten zählt: Der Niedergang der lokalen US-Zeitungen, Radio- und TV-Stationen sei schuld, sagte Snyder der „Presse“am Rande eines Medien-Lunchs: Wenn der lokale Reporter verschwindet und mit ihm die Möglichkeit fast jedes Bürgers, selbst im Bezirksblatt vorzukommen, gibt es keine Identifikation des Einzelnen. Überregionale Medien wirkten fremder, aufgrund der Ferne abgehoben und manipulativer. Das sei das Ende des breiten Vertrauens in die klassischen Medien.