Schladmings entbehrliche Schneeballschlacht
Brauchen Skirennen Wurfzäune wie Fußballspiele? Bewahren nur drakonische Strafen Österreichs Sportsgeist?
Eklat mit Schneebällen: Unfair, unsportlich, beschämend.
Henrik Kristoffersen ist wirklich ein großartiger Sportler. Sein womöglich größter Sieg war es aber nicht, in Kitzbühel an Marcel Hirscher vorbeizukurven. Nein, in Wahrheit war er einer der Gewinner des Schladminger Nachtslaloms. Denn der Norweger hat den unfairen Halblustigen, die ihn während seiner Fahrt mit Schneebällen beworfen haben, gezeigt, wie echte Sportstars reagieren. Eine Handbewegung, ein Schrei – mehr Aufmerksamkeit darf man als Betroffener solch dummen, plumpen Störaktionen nicht geben.
Dass er die Schneebälle – sie haben seine Fahrt und Konzentration sicher gestört – nicht als Ausrede für seine Niederlage heranzog, dokumentiert zudem, welch wichtiger Sportsmann Kristoffersen für den kompletten Skizirkus ist.
Unter 30.000, teils schwerer illuminierten Zuschauern tummeln sich immer ein paar „schwarze Schafe“. Aber weder Alkohol, Euphorie, Dummheit, falsch interpretierter Patriotismus noch der Begehr nach Hilfeleistung – die Hirscher ja ohnehin nicht nötig hätte – rechtfertigen so ein Fehlverhalten der Zuschauer. Es überstrahlt in der Nachbetrachtung alles. Das Event, die Montagnachmittag ohne Volksbefragung eingereichte Olympiabewerbung für 2026 und der von Hirscher sensationell eingestellte Maier-Rekord von 54 Weltcupsiegen geraten ins Hintertreffen.
Diesen Eklat haben sich weder der Skizirkus, seine Stars noch Schladming verdient. Nur, wo waren die Ordner? Zudem, flogen nicht schon einmal Schneebälle beim Nightrace? War nicht 2012 der Kroate Ivica Kostelic´ „Opfer“einer Schneeballschlacht geworden, als Revanche für seine harsche (falsche) Einfädler-Kritik im Zagreb-Slalom? Es ist schade und unglaublich bitter für den möglichen Olympiaort Schladming, dass diese beschämende und ungeheuer unsportliche Affäre das Event mit dieser Wiederholung in ein derart schiefes Licht stellt.
Braucht man bei Skirennen jetzt einen Wurfzaun wie bei Fußballspielen, weil fehlgeleitete Zuschauer eingreifen? In Österreich kennt man an sich solche Methoden nicht, deshalb irritieren sie jetzt umso mehr. Aber allein die Vorstellung, was alles hätte passieren können, wäre Kristoffersen getroffen worden, ist verheerend. Sturz, Verletzung, Olympia-Aus, Negativwerbung in der anstehenden Olympiakampagne etc. – all das hätte doch auch negative Folgewirkung für Marcel Hirscher.
Die Verantwortlichen in der Steiermark wären gut beraten, die Täter auszuforschen. Denn dieser Skandal darf sich nicht wiederholen, nicht nur der Fairness wegen. Wenn man die Übeltäter erwischte, sollten sie – auch als plakative Abschreckung – drakonische Strafen ausfassen.