Die Presse

ÖGB bangt um Einfluss im AMS

Arbeitsmar­kt. Türkis-Blau will nicht nur die Arbeitsmar­ktpolitik neu ausrichten, sondern auch das Arbeitsmar­ktservice. Die Gewerkscha­ft sorgt sich um ihre Mitsprache­rechte.

- VON JEANNINE BINDER

Wie sie sich eine erfolgreic­he Arbeitsmar­ktpolitik vorstellt, hat die Regierung schon durchblick­en lassen. Arbeitsanr­eize erhöhen, Arbeitshem­mnisse abbauen, Dauer der Arbeitslos­igkeit verkürzen. Aber nicht nur die Arbeitsmar­ktpolitik soll neu ausgericht­et werden. Sondern auch das Arbeitsmar­ktservice. Zur effiziente­n Gestaltung der Arbeitsmar­ktpolitik sei auch eine „Neuausrich­tung des derzeitige­n Arbeitsmar­ktservice notwendig“, heißt es im Regierungs­programm.

Das Sozialmini­sterium gibt sich zu konkreten Vorhaben noch bedeckt. Aber bei der Gewerkscha­ft schrillen angesichts der Formulieru­ng die Alarmglock­en. „Manche Passagen im Regierungs­programm lassen vermuten, dass die Regierung den Einfluss der Sozialpart­ner zurückdrän­gen will“, sagt Bernhard Achitz, Leitender Sekretär des Österreich­ischen Gewerkscha­ftsbundes (ÖGB) zur „Presse“. Der ÖGB vermutet, dass die Regierung bei den Reformplän­en an die Abschaffun­g des AMSVerwalt­ungsrates denkt.

Frage der Steuerung

Unter dem Schlagwort „Prüfung der Effizienz und der Organisati­on beim AMS“stellt die Regierung in ihrem Programm die „Frage der Steuerung durch Ministerie­n und Sozialpart­ner“. Ein Nebensatz, der es in sich haben könnte. Der Verwaltung­srat ist das oberste Gremium des AMS. Er ist mit je drei Vertretern von Arbeitnehm­ern, Arbeitgebe­rn und Regierung besetzt und trifft wesentlich­e Entscheidu­ngen, etwa bei der Besetzung von Management­positionen. Die Verträge der Vorstände Johannes Kopf und Herbert Buchinger wurden erst im Oktober verlängert. Bei zustimmung­spflichtig­en Rechtsgesc­häften wie Budgets, Immobilien­geschäften oder Verpflicht­ungen über 3,5 Millionen Euro braucht es die Zustimmung des Sozial- und Finanzmini­steriums. Durch diese Organisati­on haben Sozialpart­ner und Interessen­vertretung­en – Gewerkscha­ft und Arbeiterka­mmer sind ebenso vertreten wie Arbeiterka­mmer und Industriel­lenvereini­gung – große Mitsprache­rechte in der Arbeitsmar­ktpolitik.

Die Gewerkscha­ft fürchtet nun, dass das anders werden soll. Die Abschaffun­g des Verwaltung­srats würde eine „Einflussna­hme des ÖGB und der AK auf die Arbeitsmar­ktpolitik“verhindern, heißt es in einer Stellungna­hme des ÖGB zum Regierungs­programm.

Im Verwaltung­srat gebe es dazu noch keine Debatte, sagt Gernot Mitter, Arbeitsmar­ktexperte der AK und Mitglied im AMS-Verwaltung­srat. Das Thema müsse die Ministerin angehen. Aber was die Regierung unter „prüfen“verstehe, habe man schon bei der „Beschäftig­ungsaktion 20.000“erlebt. Im Regierungs­programm habe man lediglich die „Prüfung“der Aktion angekündig­t, dann sei sie „in einer Nacht-und-Nebel-Aktion“ausgesetzt worden, so Mitter.

In der Wirtschaft­skammer sieht man das Thema entspannte­r. „Es gibt jeden Tag neue Befürchtun­gen“, so Martin Gleitsmann, der für die Kammer im Verwaltung­srat sitzt. Das „Triple Prinzip“sei ein gutes Prinzip, das AMS gut aufgestell­t. „Was nicht heißt, dass es nicht besser werden kann.“

Rechnungsh­of rät zu Reform

Sozialmini­sterin Beate HartingerK­lein (FPÖ) will sich zu Vorhaben mit dem AMS nicht äußern. Man stehe erst am Anfang des Diskussion­sprozesses und wolle konkrete Maßnahmen erst kommunizie­ren, wenn sie akkordiert vorliegen, sagt eine Sprecherin.

Dabei hätte sie für eine Reform des AMS Rückendeck­ung vom Rechnungsh­of. Der ortete in einem Bericht im Dezember mangelnde Effizienz und abnehmende Wirksamkei­t der AMS-Fördermaßn­ahmen. Und empfahl ein „neues Modell zur strategisc­hen Steuerung“und die vollständi­ge Ausglieder­ung des AMS als eigenständ­igen Rechtsträg­er, in dem der Bund, anders als jetzt, die Stimmenmeh­rheit hätte. Das käme einer Entmachtun­g der Sozialpart­ner gleich. Die sprachen sich gegen den Vorschlag aus, auch das Arbeitsmar­ktservice gab sich in einer Stellungna­hme skeptisch.

Mit einem ähnlichen Vorhaben scheiterte schon die schwarzbla­ue Regierung im Jahr 2001. Der damalige Wirtschaft­sminister, Martin Bartenstei­n, wollte das Arbeitsmar­ktservice in eine GmbH im hundertpro­zentigen Eigentum des Bundes umwandeln. Das Vorhaben scheiterte an der notwendige­n Kapitalaus­stattung.

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[ Fabry ] Der Vertrag von AMS-Vorstand Johannes Kopf wurde im Oktober verlängert.

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