ÖGB bangt um Einfluss im AMS
Arbeitsmarkt. Türkis-Blau will nicht nur die Arbeitsmarktpolitik neu ausrichten, sondern auch das Arbeitsmarktservice. Die Gewerkschaft sorgt sich um ihre Mitspracherechte.
Wie sie sich eine erfolgreiche Arbeitsmarktpolitik vorstellt, hat die Regierung schon durchblicken lassen. Arbeitsanreize erhöhen, Arbeitshemmnisse abbauen, Dauer der Arbeitslosigkeit verkürzen. Aber nicht nur die Arbeitsmarktpolitik soll neu ausgerichtet werden. Sondern auch das Arbeitsmarktservice. Zur effizienten Gestaltung der Arbeitsmarktpolitik sei auch eine „Neuausrichtung des derzeitigen Arbeitsmarktservice notwendig“, heißt es im Regierungsprogramm.
Das Sozialministerium gibt sich zu konkreten Vorhaben noch bedeckt. Aber bei der Gewerkschaft schrillen angesichts der Formulierung die Alarmglocken. „Manche Passagen im Regierungsprogramm lassen vermuten, dass die Regierung den Einfluss der Sozialpartner zurückdrängen will“, sagt Bernhard Achitz, Leitender Sekretär des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB) zur „Presse“. Der ÖGB vermutet, dass die Regierung bei den Reformplänen an die Abschaffung des AMSVerwaltungsrates denkt.
Frage der Steuerung
Unter dem Schlagwort „Prüfung der Effizienz und der Organisation beim AMS“stellt die Regierung in ihrem Programm die „Frage der Steuerung durch Ministerien und Sozialpartner“. Ein Nebensatz, der es in sich haben könnte. Der Verwaltungsrat ist das oberste Gremium des AMS. Er ist mit je drei Vertretern von Arbeitnehmern, Arbeitgebern und Regierung besetzt und trifft wesentliche Entscheidungen, etwa bei der Besetzung von Managementpositionen. Die Verträge der Vorstände Johannes Kopf und Herbert Buchinger wurden erst im Oktober verlängert. Bei zustimmungspflichtigen Rechtsgeschäften wie Budgets, Immobiliengeschäften oder Verpflichtungen über 3,5 Millionen Euro braucht es die Zustimmung des Sozial- und Finanzministeriums. Durch diese Organisation haben Sozialpartner und Interessenvertretungen – Gewerkschaft und Arbeiterkammer sind ebenso vertreten wie Arbeiterkammer und Industriellenvereinigung – große Mitspracherechte in der Arbeitsmarktpolitik.
Die Gewerkschaft fürchtet nun, dass das anders werden soll. Die Abschaffung des Verwaltungsrats würde eine „Einflussnahme des ÖGB und der AK auf die Arbeitsmarktpolitik“verhindern, heißt es in einer Stellungnahme des ÖGB zum Regierungsprogramm.
Im Verwaltungsrat gebe es dazu noch keine Debatte, sagt Gernot Mitter, Arbeitsmarktexperte der AK und Mitglied im AMS-Verwaltungsrat. Das Thema müsse die Ministerin angehen. Aber was die Regierung unter „prüfen“verstehe, habe man schon bei der „Beschäftigungsaktion 20.000“erlebt. Im Regierungsprogramm habe man lediglich die „Prüfung“der Aktion angekündigt, dann sei sie „in einer Nacht-und-Nebel-Aktion“ausgesetzt worden, so Mitter.
In der Wirtschaftskammer sieht man das Thema entspannter. „Es gibt jeden Tag neue Befürchtungen“, so Martin Gleitsmann, der für die Kammer im Verwaltungsrat sitzt. Das „Triple Prinzip“sei ein gutes Prinzip, das AMS gut aufgestellt. „Was nicht heißt, dass es nicht besser werden kann.“
Rechnungshof rät zu Reform
Sozialministerin Beate HartingerKlein (FPÖ) will sich zu Vorhaben mit dem AMS nicht äußern. Man stehe erst am Anfang des Diskussionsprozesses und wolle konkrete Maßnahmen erst kommunizieren, wenn sie akkordiert vorliegen, sagt eine Sprecherin.
Dabei hätte sie für eine Reform des AMS Rückendeckung vom Rechnungshof. Der ortete in einem Bericht im Dezember mangelnde Effizienz und abnehmende Wirksamkeit der AMS-Fördermaßnahmen. Und empfahl ein „neues Modell zur strategischen Steuerung“und die vollständige Ausgliederung des AMS als eigenständigen Rechtsträger, in dem der Bund, anders als jetzt, die Stimmenmehrheit hätte. Das käme einer Entmachtung der Sozialpartner gleich. Die sprachen sich gegen den Vorschlag aus, auch das Arbeitsmarktservice gab sich in einer Stellungnahme skeptisch.
Mit einem ähnlichen Vorhaben scheiterte schon die schwarzblaue Regierung im Jahr 2001. Der damalige Wirtschaftsminister, Martin Bartenstein, wollte das Arbeitsmarktservice in eine GmbH im hundertprozentigen Eigentum des Bundes umwandeln. Das Vorhaben scheiterte an der notwendigen Kapitalausstattung.