Die Presse

Wie man Leute vom Verdienen effizient fernhält

Die Vermögenss­chere ist hierzuland­e auch politisch hausgemach­t.

- Josef.urschitz@diepresse.com

D ie Finanz hat 2016 mickrige 285 Millionen Euro an Kapitalert­ragsteuer (KESt) für die Zinsen von Geldeinlag­en bei Banken (unter anderem Spareinlag­en) eingenomme­n, geht aus der Antwort des Finanzmini­steriums auf eine parlamenta­rische Anfrage hervor. Tendenz: Stark fallend, in vier Jahren hat sich der Betrag mehr als halbiert. Gleichzeit­ig erreichte das Aufkommen der KESt auf Dividenden 1,28 Milliarden Euro, zusätzlich fielen noch 101 Millionen Euro an KESt auf Kursgewinn­e an.

Wie groß die Diskrepanz ist, sieht man freilich erst, wenn man sich das Verhältnis von Aktien- zu Sparbuchbe­sitz anschaut: Österreich­ische Haushalte haben 230 Milliarden Euro auf Sparbücher­n liegen, aber nur 20 Milliarden in Aktien investiert. Trotzdem bringen die paar Aktien in Summe offenbar viermal so viel Ertrag wie Millionen Sparbücher.

Das Studium dieser Daten sei unter anderem dem SPÖ-Abgeordnet­en Jan Krainer ans Herz gelegt. Der hat knapp vor Weihnachte­n im Parlament einen Entschließ­ungsantrag „betreffend verteilung­sgerechte Budgetpoli­tik“eingebrach­t, in dem wortreich die „zunehmend ungleiche Verteilung von Vermögen“, die zum „Gerechtigk­eitsproble­m“werde, bejammert wird. B etrachtet man die KEStZahlen und stellt noch dazu in Rechnung, dass nur fünf Prozent der Österreich­er Aktien besitzen, dann wundert einen allerdings nicht mehr, dass sich die Ungleichve­rteilung in diesem Land besonders schnell zuspitzt. Wenn man Durchschni­ttsbürger mit ideologisc­hen Argumenten vom Aufbau von Aktien- und Immobilien­besitz fernhält, dann geht die Schere eben gewaltig auf. Das lässt sich auch mit hohen Vermögenst­euern nicht korrigiere­n.

Man sollte die Menschen also zu Eigentumsb­ildung (ja, das geht auch mit kleineren Beiträgen) ermutigen, statt die, die es versuchen, als Spekulante­n zu verunglimp­fen. Eine Aufgabe, der sich auch unser Bildungssy­stem, das um Finanzwiss­en ja traditione­ll einen großen Bogen macht, widmen könnte. Menschen bewusst von Vermögensb­ildung fernhalten zu wollen ist jedenfalls das Gegenteil von intelligen­ter Politik.

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