Wie man Leute vom Verdienen effizient fernhält
Die Vermögensschere ist hierzulande auch politisch hausgemacht.
D ie Finanz hat 2016 mickrige 285 Millionen Euro an Kapitalertragsteuer (KESt) für die Zinsen von Geldeinlagen bei Banken (unter anderem Spareinlagen) eingenommen, geht aus der Antwort des Finanzministeriums auf eine parlamentarische Anfrage hervor. Tendenz: Stark fallend, in vier Jahren hat sich der Betrag mehr als halbiert. Gleichzeitig erreichte das Aufkommen der KESt auf Dividenden 1,28 Milliarden Euro, zusätzlich fielen noch 101 Millionen Euro an KESt auf Kursgewinne an.
Wie groß die Diskrepanz ist, sieht man freilich erst, wenn man sich das Verhältnis von Aktien- zu Sparbuchbesitz anschaut: Österreichische Haushalte haben 230 Milliarden Euro auf Sparbüchern liegen, aber nur 20 Milliarden in Aktien investiert. Trotzdem bringen die paar Aktien in Summe offenbar viermal so viel Ertrag wie Millionen Sparbücher.
Das Studium dieser Daten sei unter anderem dem SPÖ-Abgeordneten Jan Krainer ans Herz gelegt. Der hat knapp vor Weihnachten im Parlament einen Entschließungsantrag „betreffend verteilungsgerechte Budgetpolitik“eingebracht, in dem wortreich die „zunehmend ungleiche Verteilung von Vermögen“, die zum „Gerechtigkeitsproblem“werde, bejammert wird. B etrachtet man die KEStZahlen und stellt noch dazu in Rechnung, dass nur fünf Prozent der Österreicher Aktien besitzen, dann wundert einen allerdings nicht mehr, dass sich die Ungleichverteilung in diesem Land besonders schnell zuspitzt. Wenn man Durchschnittsbürger mit ideologischen Argumenten vom Aufbau von Aktien- und Immobilienbesitz fernhält, dann geht die Schere eben gewaltig auf. Das lässt sich auch mit hohen Vermögensteuern nicht korrigieren.
Man sollte die Menschen also zu Eigentumsbildung (ja, das geht auch mit kleineren Beiträgen) ermutigen, statt die, die es versuchen, als Spekulanten zu verunglimpfen. Eine Aufgabe, der sich auch unser Bildungssystem, das um Finanzwissen ja traditionell einen großen Bogen macht, widmen könnte. Menschen bewusst von Vermögensbildung fernhalten zu wollen ist jedenfalls das Gegenteil von intelligenter Politik.