Fressen die Roboter lieber Frauen oder Männer?
Wer verliert mehr durch die Automatisierung? Der hochstilisierte Kampf der Geschlechter lenkt nur noch ab.
Wir sind zu sicher geworden, dass es kein Problem gibt.
Die Welt kann ganz schön verwirrend sein. Wie gut, dass es Forscher gibt, die helfen, alles ein wenig besser einzuordnen. Diese Woche hat uns aber auch die Wissenschaft ordentlich im Stich gelassen. Oder was soll man davon halten, wenn Ökonomen an einem Tag die Männer der Mittelschicht zu den großen Verlierern der Digitalisierung abstempeln, und ihre Kollegen nur wenige Stunden später erklären, dass vor allem Frauen durch die Ankunft der Roboter ihre Jobs verlieren werden.
Wem soll man denn nun glauben? Dem Oxford-Ökonom Benedict Frey, der das Thema vor einigen Jahren erst losgetreten hat? Er ist sicher, dass vor allem Industriearbeiter gefährdet sind. Zurück bleibe eine zornige Masse mäßig ausgebildeter Männer, die dann – erraten – Trump oder Strache wählen. Oder soll man doch den Altherren des Weltwirtschaftsforums in Davos vertrauen, die heuer – ganz im Zeichen der | metoo-Debatte – eine Studie bei der Boston Consulting Group bestellt haben, wonach nicht die vielstrapazierten Schichtarbeiter, sondern doch eher Sekretärinnen leiden werden.
Die zynische Antwort: Vermutlich haben beide recht und über kurz oder lang werden alle Jobs von Maschinen übernommen. Das ist ebenso wahrscheinlich wie die Prognose, dass die Automatisierung in jedem Fall mehr Arbeit bringen wird als sie ersetzt.
Die ehrliche Antwort: Niemand kann heute vorhersagen, wie viele Jobs verschwinden werden und wen es am ehesten treffen wird. Die Frage, ob nun Frauen oder Männer mehr zu befürchten haben, bringt uns keinen Millimeter weiter. Im Gegenteil: Sie lenkt den Blick von den eigentlichen Herausforderungen ab.
Denn in einem hat Benedict Frey recht: Wir sind „zu sicher geworden, dass es kein Problem gibt“. Zigtausende werden ihre Jobs verlieren. Ob sie es schaffen, genug zu lernen, um wieder gute Arbeit zu finden, hängt auch davon ab, ob sie im Fortschritt nur Feind oder auch Freund sehen. Was aus dem Technologiemekka Silicon Valley berichtet wird, ist nicht allzu ermunternd. Dort ist der Hass auf die Branche so groß, dass Mitarbeiterbusse von Google und Apple neue Routen fahren müssen, um nicht beschossen zu werden. Auch Roboterautos wurden zuletzt von Passanten attackiert. Große Fortschrittsliebe sieht anders aus. Noch ist der Sturm auf die Maschinen kein Breitensport, aber wenn es so weit ist, wird es niemanden mehr interessieren, ob es nun Frauen oder Männer sind, die hier verzweifelt gegen die Zukunft anrennen.