Wenn die Garantie nicht hält, was der Verkäufer verspricht
Vertragsbedingungen. Eine kostenpflichtige Garantieverlängerung bei einem Elektrogerät erwies sich als herbe Enttäuschung: Nach einem irreparablen Schaden wollte der Händler nur einen Teil des Kaufpreises zurückzahlen. Kann das rechtens sein?
Der Kühlschrank um 1199 Euro war nicht gerade ein Schnäppchen. Das Angebot des Verkäufers, für 150 Euro eine Garantieverlängerung für fünf Jahre abzuschließen, erschien der Kundin da durchaus attraktiv. Für diese Zeit sei man gegen etwaige Schäden abgesichert, versicherte der Verkaufsmitarbeiter. So stand es dann auch auf der Rechnung: „Garantieverlängerung fünf Jahre. Abgesicherter Betrag: 1199,00“.
Es ging um ein Gerät der Marke Elektra Bregenz, gekauft wurde es am 6. September 2011 bei Saturn. Rund viereinhalb Jahre später, am 20. März 2016, ging es kaputt – und die „Garantie Plus“erwies sich als herbe Enttäuschung. Der Kühlschrank sei irreparabel, hieß es nach rund zwei Monaten. Auch zum – zunächst in Aussicht gestellten – Austausch gegen ein Ersatzgerät kam es nicht. Angeboten wurde nur eine Kaufpreisrückerstattung – in Höhe von 479,60 Euro.
Wie das? Es gab da eine Klausel ziemlich weit unten in den Garantiebestimmungen: Falls die Reparatur aufgrund „wirtschaftlicher oder tatsächlicher Unmöglichkeit“nicht mehr durchführbar sei, liege es im Ermessen des Verkäufers, das Gerät auszutauschen oder den Kaufpreis zurückzuzahlen. Zu 100 Prozent allerdings nur im ersten und zweiten Jahr, im dritten zu 80 Prozent, im vierten zu 60 und im fünften zu 40 Prozent.
Verkaufsgespräch wiegt schwerer
Nun mag das aus Firmensicht nachvollziehbar sein, immerhin hatte die Kundin das Gerät ein paar Jahre lang benützt. Beim Verkaufsgespräch war allerdings keine Rede von Garantiebeschränkungen gewesen. Es hieß nur, das Gerät werde im Fall eines Defekts repariert. Das war letztlich der Grund, warum die Käuferin am Ende doch noch den gesamten Kaufpreis zurückerhielt: Der Fall landete vor Gericht, und dieses entschied, dass die Zusagen des Verkaufsmitarbeiters schwerer wiegen als das Kleingedruckte.
Das Urteil, das der „Presse“vorliegt, verweist auf einen Paragrafen im ABGB, der Kunden vor „Bestimmungen ungewöhnlichen Inhalts“in AGB oder Vertragsformblättern schützen soll (§ 864a). Diese werden demnach nicht Vertragsbestandteil, wenn sie für den anderen Vertragspartner nachteilig sind und wenn er „mit ihnen auch nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde, nicht zu rechnen brauchte“. Es sei denn, derjenige, der die Klausel in seinem Vertragsformblatt verwendet, hätte den Geschäftspartner besonders darauf hingewiesen.
Laut dem Urteil gilt das auch dann, wenn eine AGB-Klausel zwar nicht unüblich ist, aber trotzdem für den anderen Vertragspartner überraschend kommen muss. Ist beim Verkaufsgespräch von einer vollen Absicherung für fünf Jahre die Rede, muss man demnach nicht damit rechnen, dass die Garantie – an ziemlich versteckter Stelle im Kleingedruckten – dann doch wieder massiv eingeschränkt wird. „Die Garantievereinbarung kam im Sinne der mündlichen Erklärungen des Verkäufers zustande“, heißt es im Urteil. Die einschränkende Klausel sei gar nicht Vertragsbestandteil geworden.
Vertragsbedingungen prüfen lassen
Was bedeutet dieser Einzelfall nun aber für andere Kunden und Unternehmen? Garantieverlängerungen gegen Aufpreis sind im Elektro- und Elektronikhandel weit verbreitet – und sie enthalten auch bei anderen Händlern mehr oder weniger weitreichende Einschränkungen. Die „Presse“fragte in der Kanzlei PHH nach, die in dem Verfahren die Käuferin vertreten hat. „Wenn es Garantiebeschränkungen gibt, muss im Verkaufsgespräch darauf hingewiesen werden“, sagt AGB-Spezialistin Karin Bruchbacher. Die Garantiebedingungen sollten dem Kunden genau erklärt und – in übersichtlicher Form – vor Vertragsabschluss ausgehändigt werden. Zwar muss das bei „normalen“AGB nicht immer sein. Zumindest bei großen Unternehmen müssen Kunden laut Judikatur damit rechnen, dass es solche gibt. Bei besonderen Garantiebedingungen könne man das aber nicht voraussetzen, sagt Bruchbacher.
Ein weiterer häufiger Fehler sei es, dass Unternehmen beim Erstellen ihrer Geschäftsbedingungen zu oberflächlich vorgehen. Immer wieder fänden sich Klauseln, die rechtlich nicht haltbar sind. Die Juristin warnt auch davor, Vorlagen aus dem Internet – oder AGB anderer Firmen – einfach zu übernehmen. Zudem sei es wichtig, die AGB regelmäßig rechtlich prüfen zu lassen – allein schon, um Prozessrisiken zu vermeiden: Selbst im konkreten Fall, der bereits in der ersten Instanz entschieden wurde, überstiegen die Prozesskosten den Streitwert.
Saturn hat die Garantiebedingungen inzwischen übersichtlicher gestaltet. Sinkende Rückzahlungsbeträge, falls eine Reparatur nicht möglich ist, gibt es freilich immer noch. „Die Anpassung von Garantieverlän- gerungen und anderen Serviceleistungen erfolgt regelmäßig aufgrund verschiedener Faktoren. Das können Marktgegebenheiten oder Erfahrungswerte und Kundenfeedback sein“, sagte eine Sprecherin von Saturn Österreich auf „Presse“-Anfrage. Unabhängig davon habe die betroffene Filiale auf das Urteil „entsprechend reagiert“. Und alle Saturn-Mitarbeiter seien angewiesen worden, „bei der Erklärung von Garantie Plus und anderen Serviceprodukten besonders detailliert und umfassend zu informieren“.
Kunden sollten mehr fragen
Auch die Kunden sollten von sich aus genauer nachfragen, bevor sie ein solches Zusatzangebot annehmen, rät Bruchbachers Kanzleikollegin Natalie Dummer. Eine Garantieverlängerung sei häufig auch deshalb
verlockend, weil Kunden sich durch die gesetzliche Gewährleistung nicht gut genug abgesichert fühlen. Denn nach einem halben Jahr muss der Kunde nachweisen, dass der Fehler schon beim Kauf zumindest der Anlage nach vorhanden war. Und gerade bei elektronischen Geräten ist das oft nicht möglich. Also freut man sich umso mehr über eine erweiterte Garantie, für die man keine Nachweise braucht. „Aber trotzdem sollte man genau hinterfragen: Was ist da drinnen?“, sagt Dummer.
Wie weit Garantiebeschränkungen gehen dürfen – und ab wann sie als gröblich benachteiligend gelten – wurde übrigens im konkreten Fall nicht geprüft. Das sei nicht möglich gewesen, heißt es in dem Urteil, weil die Klausel ja gar nicht zum Vertragsbestandteil wurde.