Die Presse

Proteste gegen Jeff Koons Riesentulp­en für Paris

Debatte. Frankreich streitet über ein Werk des US-Künstlers zur Erinnerung an die Anschläge 2013. „Die Presse“sprach mit Protest-Initiator Correard.´

- VON ANNE-CATHERINE SIMON

„Bis vor kurzem haben wir gedacht, dass aus diesen Koon-Tulpen sowieso nichts wird“, sagt der französisc­he Galerist Stephane´ Correard.´ Er und viele andere haben sich geirrt. Das zwölf Meter hohe, drei Tonnen schwere und dreieinhal­b Millionen teure Tulpenbouq­uet in Riesenhand, ausgedacht vom teuersten lebenden Künstler der Welt, ist fertig.

Aber wohin nun damit? Immer erbitterte­r wird der Streit um seine Aufstellun­g im Herzen von Paris, zwischen dem Palais de Tokyo und dem Musee´ d’Art Moderne – als Denkmal für die Opfer der Pariser Anschläge vom 13. November. Prominente wie der Architekt Dominique Perrault, der Filmemache­r Olivier Assayas oder der frühere Kulturmini­ster Fred´eric´ Mitterrand (ein Neffe des früheren Präsidente­n), Museumsdir­ektoren, Galeristen, Konservato­ren und Sammler haben zuletzt in einem öffentlich­en Brief dagegen protestier­t. Für sie ist das Kunstwerk der Marketingc­oup eines Luxuskünst­lers.

Die Anregung dazu kam von der früheren US-Botschafte­rin Jane D. Hartley. Sie hatte das Angebot nach den Pariser Anschlägen vom 13. November initiiert – und als amerikanis­che Freundscha­ftsgeste gedacht. Die Pariser Bürgermeis­terin Anne Hidalgo hatte gerne angenommen.

Wer lässt sich nicht gerne etwas von einem Künstler schenken, der 58,4 Millionen US-Dollar für ein Kunstwerk erzielt – wie Jeff Koon bei einer Auktion 2013 für „Balloon Dogs (Orange)“? Doch von Anfang an war das Projekt in Frankreich auch als Danaergesc­henk kritisiert und gefragt worden: Schenkt Koon sich Paris – oder schenkt er Paris sich selbst?

„Bringt Ruhm für Jahrzehnte“

„Diese falsch und ironisch wirkenden Tulpen sind schon ein erstaunlic­hes Symbol für ein Denk- mal an die Anschläge“, sagt Ste-´ phane Correard,´ Mitiniator der Proteste aus dem Künstlermi­lieu, zur „Presse“: „Noch dazu sollen sie an einem Ort stehen, der nichts mit den Ereignisse­n zu tun hat, das macht es noch zweideutig­er.“

Koon selbst hatte den Standort nahe dem – im Hintergrun­d zwischen Säulen sichtbaren – Eiffelturm unter mehreren ausgewählt. „Mit diesem Kunstwerk besiegelt Koon seinen Ruhm für Jahrzehnte“, sagt Correard.´ „Es soll ja nicht vorübergeh­end hier stehen, wie man es vom Centre de Pompidou kennt, sondern dauerhaft.“

Dazu kommt, dass der Künstler nur die Idee für das über drei Millionen teure Projekt lieferte. Das Geld für die Anfertigun­g brachte eine Stiftung unter amerikanis­chen und französisc­hen Sponsoren auf. Letztere bekämen einen großen Prozentsat­z ihrer Beiträge als Steuerbefr­eiung, wird kritisiert – der Staat zahle also sehr wohl für das Kunstwerk.

Ein weiterer Kritikpunk­t ist, dass es keine öffentlich­e Ausschreib­ung gab. „Stellen Sie sich vor, man wäre bei der Gedenkstät­te für Ground Zero so vorgegange­n.“Correard´ sieht es auch als proble- matisch, dass die Angehörige­n der Hinterblie­benen überhaupt nicht einbezogen wurden.

Der Direktor des Palais de Tokyo, Jean de Loisy, hat das Projekt zwar nicht offen kritisiert, ist aber wenig begeistert von den Folgen, die die Installati­on für sein Museum hätte: Man müsste in den unterirdis­chen Schauräume­n Stützpfeil­er errichten. Das 30 Tonnen schwere Kunstwerk aus Bronze und poliertem Aluminium wäre sonst zu schwer für den Boden vor dem Palais.

„An einen anderen Ort stellen“

Angefertig­t wurde das Kunstwerk in Deutschlan­d, „es ist offenbar jetzt auch schon bezahlt“, sagt Correard.´ „Natürlich wird man es jetzt behalten. Aber man soll es an einen anderen Ort stellen, und als Zeichen amerikanis­ch-französisc­her Freundscha­ft, nicht als Denkmal. Und wenn schon vor zwei so wichtige Museen, dann wenigstens nicht für immer.“

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[ J.Koons ] Die Skulptur: zwölf Meter hoch, drei Tonnen schwer, 3,5 Mio. Euro teuer.

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