Milliardenstrafe für einen Apple-Lieferanten
Die EU verhängt knapp eine Milliarde Euro Strafe gegen den US-Chipbauer Qualcomm. Das Unternehmen soll Apple gezahlt haben, damit dieser nicht anderswo einkauft.
Der US-Chipkonzern Qualcomm soll eine EU-Strafe von fast einer Milliarde Euro bezahlen, weil er fünf Jahre lang einen Exklusivdeal mit Apple hatte: Er bezahlte „Milliarden an Dollar“, damit der iPhone-Konzern in seinen Geräten keine LTE-Kommunikationschips anderer Hersteller einsetzt. Qualcomm will berufen.
Die EU-Wettbewerbsbehörde geht gegen den US-Chipbauer Qualcomm wegen Marktmissbrauchs mit einer Milliarden-Strafe vor. Qualcomm habe Apple über Jahre „Milliarden an US-Dollar“gezahlt, damit der US-Elektronikriese Chips für iPhones und iPads nicht bei anderen Zulieferern kauft, teilte die EU-Kommission am Mittwoch mit. „Damit konnte kein Konkurrent, gleich wie gut seine Produkte waren, Qualcomm auf diesem Markt herausfordern“, sagte Kommissarin Margrethe Vestager.
„Bei diesen Zahlungen handelte es sich nicht einfach um Preisnachlässe - sie wurden unter der Bedingung geleistet, dass Apple in sämtlichen iPhone- und iPad-Geräten ausschließlich QualcommChipsätze verwendet“, sagte Vestager weiter. „Durch das Verhalten von Qualcomm wurden Verbrauchern und anderen Unternehmen mehr Auswahl und Innovation vorenthalten - und das in einem Sektor mit riesiger Nachfrage und enormem Potenzial für innovative Technologien.“
Intel als Leidtragender
Vestager spielte damit darauf an, dass die sogenannten BasisbandChipsätze für die Verbindung von Smartphones und Tablets mit Mobilfunknetzen sorgen und sowohl für die Stimm- als auch für die Da- tenübertragung genutzt werden. Sie sind damit unverzichtbar für den Betrieb der Geräte. Qualcomm ist nach Angaben der EU-Kommission mit Abstand der weltgrößte Anbieter in dem Bereich.
Nach Einschätzung der Wettbewerbshüter versuchte das Unternehmen durch seine rechtswidrigen Praktiken vor allem eine stärkere Konkurrenz durch Intel zu verhindern. Intel versucht seit Jahren, das schwächere Geschäft mit PC-Chips durch neue Produkte auszugleichen. Bei den Mobilfunkchips konnte sich der Chipgigant allerdings häufig nicht gegen Qualcomm durchsetzen. Die nun ver- hängte Geldstrafe in Höhe von 997 Mio. Euro entspricht 4,9 Prozent des Umsatzes von Qualcomm im Jahr 2017. Die Papiere des Unternehmens starteten am Mittwoch mit einem leichten Minus in den Börsentag.
Qualcomm bekämpft Strafe
Qualcomm will die EU-Strafe anfechten. „Wir sind überzeugt, dass diese Vereinbarung nicht gegen die EU-Wettbewerbsregeln verstieß und keine negativen Folgen für den Wettbewerb auf dem Markt oder europäische Verbraucher hatte“, erklärte Qualcomms Chefjurist Don Rosenberg am Mittwoch. Des- wegen solle ein Berufungsverfahren in Gang gesetzt werden.
Für den Chiphersteller ist die Entscheidung der EU-Wettbewerbshüter ein weiterer schwerer Rückschlag. Das Unternehmen sieht sich derzeit mit einem feindlichen Übernahmeversuch des USRivalen Broadcom konfrontiert. Zudem liefert sich Qualcomm seit Monaten einen Rechtsstreit mit seinem wichtigen Kunden Apple. In diesem klagte zunächst Apple mit dem Vorwurf, der HalbleiterSpezialist verlange zu viel für Patentlizenzen und forderte eine Milliarde Dollar (816 Mio. Euro) Rabatt-Zahlungen, die Qualcomm zunächst zugesagt habe, dann aber zurückgehalten habe. Der ChipHersteller antwortete mit einer Gegenklage und warf Apple unter anderem vor, Tatsachen zu verfälschen und Regulierer in den USA und Asien zu Attacken angestachelt zu haben.
Qualcomm selbst versucht, den niederländischen Konkurrenten NXP Semiconductors zu übernehmen. Die EU-Kommission hat dem geplanten Geschäft jüngst unter Auflagen zugestimmt. Ob die Übernahme wirklich zustande kommt, gilt als fraglich. Das 47 Mrd. Dollar schwere Angebot von Qualcomm für NXP musste zuletzt wegen geringen Interesses der Aktionäre verlängert werden.