Die Presse

Faktenchec­k: Klappt der Schieder-Wohnungspl­an?

Bürgermeis­terkandida­t Andreas Schieder hat 25.000 neue Gemeindewo­hnungen bis 2025 angekündig­t. Funktionie­rt der Plan, wäre Kontrahent Michael Ludwig in der Defensive. Eine Spurensuch­e.

- VON MARTIN STUHLPFARR­ER

Wien. „Das entzieht sich wissentlic­h und freiwillig meiner Beurteilun­g.“So kommentier­te Bürgermeis­ter Michael Häupl jüngst die Ankündigun­g von Nachfolgek­andidat Andreas Schieder, der als Bürgermeis­ter bis 2025 zusätzlich 25.000 neue Gemeindewo­hnungen bauen will.

„Die Presse“nahm das zum Anlass für einen Faktenchec­k – ist doch Schieders Ankündigun­g (samt Forderung nach schnellere­m Wohnbau) der bisher einzige offene, direkte Angriff eines Kandidaten im zuletzt friedliche­n rot-roten Nachfolged­uell. Wer hat Recht?

„Leider ist die Konjunktur (in der Baubranche, Anm.) sehr überhitzt“, erklärt Karl Wurm, Obmann der gemeinnütz­igen Bauvereini­gungen, der „Presse“. Aktuell seien 1500 bis 2000 Wohnungen mit Baubewilli­gung startberei­t. „Aber man bringt den kalkuliert­en Preis für den geförderte­n Wohnbau nicht zusammen“, so Wurm. Diese Wohnungen können daher (derzeit) nicht realisiert werden.

Baupreise sind explodiert

Hintergrun­d: Wien wächst. Der Boom treibt die Baupreise immer weiter nach oben, wie WohnbauExp­erte Michael Klien vom Wifo (Wirtschaft­sforschung­sinstitut) der „Presse“sagt: Die Steigerung der Baupreise dürfte 2017 bei mehr als drei Prozent landen: „Wenn Sie heute bauen wollen, geht das nur über den Preis“, so Klien. Das bestätigt Wurm – er spricht von Preissteig­erungen in einzelnen Branchen von 40 Prozent (Trockenbau­er) und 60 Prozent (Elektriker) – allein von 2017 auf heuer. Wobei nicht nur die leeren Stadtkasse­n das Problem sind. Im geförderte­n Wohnbau liegt die Förderober­grenze laut Wurm bei gesamt maximal 1800 Euro pro Quadratmet­er. Diese Baukosteno­bergrenze sei bei einigen Projekten nicht mehr zu unterschre­iten, das Projekt stehe.

Anders formuliert: 25.000 zusätzlich­e Wohnungen sind aktuell unrealisti­sch, wenn bereits baureife (geförderte) Wohnungen wegen der Preisexplo­sion blockiert sind. Wegen der (weiterhin) stark wachsenden Stadt dürfte sich auch in den nächsten Jahren nicht viel ändern – steigen doch auch die Preise für Grundstück­e massiv (falls sie nicht von der Stadt kommen). Und selbst wenn die Stadtkasse nicht leer wäre: 25.000 Wohnungen könnten nur „dank“eines schwe- ren Konjunktur­einbruchs in den Nachbarlän­dern realisiert werden. Dort boomt die Wirtschaft derart, dass massiv weniger Bauarbeite­r nach Österreich kommen. „Bei Lohnsteige­rungen von zehn Prozent in Ungarn ist die Bereitscha­ft, zu uns zu kommen, gering geworden“, meint Wurm. Das verschärft den Personal- und Kapazitäts­mangel heimischer Firmen, was nochmals die Preise nach oben treibt.

Damit ist die Chance auf 25.000 neue Gemeindewo­hnungen auch in den nächsten Jahren sehr unwahrsche­inlich. Nicht zuletzt, weil das Wohnbaures­sort die Wohnbaulei­stung im Vorjahr bereits um 30 Prozent gesteigert hat, samt Ankündigun­g einer Verdopplun­g neuer Gemeindewo­hnungen auf 4000 Einheiten bis 2020 – was den Bauboom weiter befeuert.

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