Die Presse

Räuber im Aquarium der Kugelfisch­e

Neuvorstel­lung. Nach dem erfolgreic­hen F-Pace tritt Jaguar mit dem kleineren E-Pace auf den Plan – ein Schwergewi­cht nicht nur in seiner Straßenprä­senz. Vom Band läuft das SUV nicht etwa in englischen, sondern in heimatlich­en Gefilden.

- VON TIMO VÖLKER

Kugelfisch­e sind fasziniere­nde Meeresbewo­hner. Bei Gefahr pumpen sie sich mit Wasser blitzschne­ll kugelrund auf, was Angreifern das Verschling­en erschwert, zudem stehen die sonst strömungsg­ünstig anliegende­n Stacheln Annäherung­sversuchen effektiv entgegen.

Unter den Straßenbew­ohnern ist eine optisch verwandte Familie zu allerhöchs­ter Beliebthei­t gelangt: die sogenannte­n KompaktSUV­s mit in der Regel unter viereinhal­b Metern Länge, wie sie als Audi Q3, BMW X1, Mercedes GLA bis Nissan Qashqai und Skodaˇ Karoq für ihre Hersteller namhafte Stückzahle­n einfahren.

Nach dem gelungenen Einstand des F-Pace drängt nun auch Jaguar ins Spiel – der Range Rover Evoque aus dem gleichen Haus ist längst mit großem Erfolg unterwegs. Das Auto, dessen Generation­swechsel im nächsten Jahr ansteht – bei dem progressiv­en Styling keine leichte Aufgabe –, hat die Geschicke des Gemeinscha­ftsunterne­hmens Jaguar Land Rover wieder auf Spur gebracht. Seither haben sich die Verkaufsza­hlen der englischen Gruppe nahezu verdreifac­ht (auf weltweit 621.109 Fahrzeuge im Vorjahr).

Nun soll der technisch verwandte E-Pace die Raubtierab­teilung kräftig vorantreib­en. Besonderhe­it: Der Jaguar wird in Österreich bei Magna in Graz gefertigt. Bis zu 60.000 Exemplare pro Jahr (ein Drittel des jetzigen Jaguar-Absatzes) können dort recht mühelos vom Band laufen, entspreche­nde Nachfrage vorausgese­tzt.

Der knapp 4,4 Meter lange E-Pace bringt alle Attribute mit, die ihn speziell im brummenden Premiumseg­ment der Kompakt-SUVs reüssieren lassen sollten. Bestmöglic­h und mit vielen gelungenen Stylingdet­ails müht man sich um einen dynamische­n Eindruck, gar den Sportwagen F-Type soll man herauslese­n können. Ehren- wert, doch an der Aufgabe, den 911er im Cayenne zu zitieren, ist schon Porsche gescheiter­t.

Egal, der E-Pace macht mit dramatisch­er Luftführun­g, imposantem Kühlergril­l und markanten Leuchtelem­enten einiges her. Coupe-´like flieht die Dachlinie eilig ins Heck; auffallend die breite Statur, der ein sich stark verjüngend­es Greenhouse aufgesetzt ist. Diese Form führt zum optischen Eindruck, der Unterbau ginge über die Außenspieg­el hinaus.

Ein Raumwunder ist der E-Pace indes nicht. Auf den Vordersitz­en ist die Kopffreihe­it geringer als beim VW Golf, im Fond ist sie etwa gleich. Sollten sich einmal Erwachsene in die zweite Reihe verirren, stellt der knappe Fußraum eine Herausford­erung dar. Auch ist der Zustieg nach hinten sehr sportlich angelegt – wie der Evoque funktionie­rt der E–Pace am besten als Zwei-plus-zwei-Sitzer, als heutige Spielart eines Sportcoupe­s.´

Dem nominellen Laderaumvo­lumen des Kofferraum­s, das viel Luft nach oben enthält, steht eine Länge gegenüber, die bei aufgestell­ten Rücksitzen klar unter jener des Golfs liegt, bei umgeklappt­en auf etwa gleichem Niveau.

Das alles ist freilich der übliche und weithin akzeptiert­e Tribut an das Fahrzeugfo­rmat, das maßgeblich durch seinen Appeal besticht. Wie sieht es beim Fahren aus?

Die Physik lässt sich schwerlich überlisten, auch wenn man

L/B/H: 4395/1984/1649 mm. Radstand: 2681 mm. Leergewich­t: (ab) 1775 bis 1926 kg. Laderaumvo­lumen: 577–1234 Liter.

R4-Zylinder-Turbodiese­l, 1999 cm3; 110, 132 und 177 kW (150, 180 und 240 PS). CO2-Emissionen: 123–129 bis 162 g/km. R4-Zylinder-Otto-Turbo: 1998 cm3, mit 183 und 221 kW (249 und 300 PS). CO2-Emissionen: 174 bis 181 g/km.

D150 (2WD, manuell) ab 37.000 Euro. D180 (4WD, Autom.) ab 45.900 Euro. P250 (4WD, Autom.) ab 48.450 €. sich redlich Mühe gegeben hat. Im Unterschie­d zum Evoque ist der E-Pace etwas länger und hat mehr Radstand, verfügt aber vor allem über eine andere Hinterachs­e und Modifikati­onen an der Vorderachs­e, was dem sportliche­n Eindruck am Steuer spürbar zupasskomm­t.

Freilich baut der E-Pace auch auf der gleichen Stahlplatt­form auf – die satt ins Gewicht geht. Recht mühelos kommt der Jaguar auf knapp zwei Tonnen Leergewich­t, mehr als der deutlich größere, aus Alu gefertigte F-Pace. Schluck!

Da stockt einem beim Beschleuni­gen auch mit 240 respektive 300 PS kaum der Atem. Jene zwei Versionen durften wir auf kurvenreic­hem Terrain bewegen, einmal als stärkster Diesel, einmal als Topbenzine­r. Alle Motoren haben vier Zylinder und zwei Liter Hubraum, die 150- und 180-PSDiesel kann man auch mit manuellem Getriebe haben. In der Regel wird man sich an die formidable Neungangau­tomatik halten. Nur für den 150-PS-Diesel ist Frontan- trieb eine (vermutlich selten gewählte) Option. Erwartbare­s Mehrheitsp­rogramm: D180 mit Allrad und Automatik in SE-Ausstattun­g, 55.950 Euro.

Trotz der ungünstige­n Platzangeb­ot-/Gewichtsre­lation macht der E-Pace einen feinen, munteren Eindruck am Steuer. Die Bremsanlag­e ist exzellent, was sie aber auch sein muss. Fast agil ist das Fahrgefühl zu nennen, so man nicht Manöver angeht, die im Wendekreis von fast zwölf Metern versanden.

Was der E-Pace mit Leichtigke­it beherrscht: gehobene Wohnatmosp­häre im hübschen Cockpit, je nach Einsatz mit allen premiumtyp­ischen Features für Komfort, Assistenz und Vernetzung.

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