Monogamie war ein Faktor der Menschwerdung
Gesteigerte Fürsorglichkeit der Männer habe uns so erfolgreich gemacht, sagt ein US-Anthropologe.
Was hat uns zu Menschen gemacht? Der aufrechte Gang? Das große Großhirn? Die kleinen Eckzähne? Die Sexualität? Die Kultur? Alle diese Faktoren nannte der US-Anthropologe Owen Lovejoy 1981 in seiner Science- Publikation „The Origin of Man“. Seither forscht und grübelt er weiter – und meldet sich bisweilen mit originellen Arbeiten. Etwa soeben in Pnas (22. 1.) mit einer „neurochemical hypothesis for the origin of hominids“. Mit Kollegen hat er die Biochemie im Striatum, einer Hirnregion, die fürs soziale Verhalten wichtig ist, untersucht, bei diversen Affen und eben auch bei Menschen. Ergebnis: Bei uns findet sich dort mehr Dopamin als bei Gorillas und Schimpansen, dafür weniger Acetylcholin. Das habe uns empathisch und sozial gemacht und sogar die Sprachentwicklung gefördert.
Zugleich mit dieser neurochemischen Umstellung seien in der Entwicklung zum Homo die Eckzähne geschrumpft, meint Lovejoy. Das habe das für das Affen typische bedrohliche Grinsen ins freundliche menschliche Lächeln verwandelt. Vor allem aber sei mit den Eckzähnen die offene Aggression zwischen Männern seltener geworden. Diese wurden sanfter und fürsorglicher, vor allem gegenüber Kindern und Frauen. Dass diese besser versorgt wurden und dadurch länger lebten, sieht Lovejoy als wesentlichen Grund für die starke Vermehrung und Ausbreitung der Gattung Homo.
Mit der Verringerung der Aggressivität innerhalb der Gruppen habe sich eine unter Primaten „einzigartige soziale Struktur“gebildet: soziale Monogamie. (Die im Unterschied zur sexuellen Monogamie zeitweilige Untreue kennt.) Gefördert worden sei die Bindung durch Ausdehnung der Sexualaktivitäten auch auf unfruchtbare Phasen, erklärt Lovejoy: Bei Menschen seien die Signale für den Eisprung viel schwächer als bei Affen, auch die – für Menschen typische – permanente Vergrößerung der Mammae wirke offensichtlich nicht mehr als Zeichen der Laktation und damit als Anti-Sex-Signal.
Ebenfalls demografisch recht erfolgreich – wenn auch nicht so sehr wie der Mensch – seien Makaken, schreiben Lovejoy und Kollegen in einer zweiten Arbeit, in der sie zeigen, dass auch bei diesen Affen die jungen Frauen resp. Weibchen deutlich mehr Lebenserwartung haben als etwa Schimpansen. „Der effektivste Weg zum Reproduktionserfolg ist wohl eine dramatische Verringerung der Frauensterblichkeit“, schreibt Lovejoy.