Auferstanden aus dem Crash
Zypern. Nach überwundener Bankenkrise geht Amtsinhaber Nikos Anastasiades am Sonntag als Favorit in die Präsidentenwahlen.
Ein klarer Favorit und ein heiß umkämpfter zweiter Platz: Das ist die Ausgangsposition für die erste Runde bei den zypriotischen Präsidentenwahlen am Sonntag. Amtsinhaber Nikos Anastasiades von der konservativen Partei (Disy) hat laut Umfragen einen Polster von mehr als zehn Prozentpunkten, mit prognostizierten 30 bis 35 Prozent aber keine Chance auf eine absolute Mehrheit im ersten Wahlgang.
Seine größten Herausforderer sind Stavros Malas, Kandidat der Linkspartei Akel, und Nikolas Papadopoulos, Chef der Demokratischen Partei (Diko). Sie liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den zweiten Startplatz für die Stichwahl am 4. Februar. Der Genforscher Malas verlor 2013 in der zweiten Runde gegen Anastasiades. Papadopoulos ist der Sohn des ehemaligen Präsidenten Tassos Papadopoulos, wie sein Vater gilt er in der Zypernfrage als Hardliner.
Zypern ist eine Präsidialrepublik, der Präsident ist zugleich Regierungschef. Anastasiades koalierte nach seiner Wahl 2013 zunächst mit der Demokratischen Partei, nach deren Ausscheiden 2014 suchte er sich im Parlament wechselnde Mehrheiten: In Wirtschaftsfragen kooperierte er mit Papadopoulos, in der Zypernfrage mit Akel. Anastasiades und sein Widerpart in der türkischen Zone, Mustafa Akıncı, hatten große Hoffnungen auf eine Überwindung der Inselteilung geweckt, letztlich scheiterten die Verhandlungen.
Eine große Rolle im Wahlkampf spielten die Folgen des Bankencrashs des Jahres 2013. Anastasiades hatte das Pech, kaum einen Monat nach seiner Wahl eine Beteiligung der Sparer an einer Bankenrekapitalisierung, aber auch ein Rettungs- und Sparprogramm unterschreiben zu müssen; das Land schlitterte in eine Rezession, die Arbeitslosigkeit stieg bis nah an die 20 Prozent, die Zyprioten haben noch heute ein durchschnittlich 15 Prozent niedrigeres Einkommen als noch 2012. Die Hauptschuld wurde Vorgänger Dimitris Christofias von Akel in die Schuhe geschoben. Aber auch Anastasiades machte Fehler: So garantierte er den Sparern noch kurz vor dem Zusammenbruch, dass ihre Konten unangetastet bleiben.
2016 konnte Zypern den Rettungsschirm wieder verlassen, die Arbeitslosigkeit sank auf zehn Prozent, die Wirtschaft wächst wieder. Nur so lassen sich die guten Umfragewerte des Präsidenten erklären. Hauptproblem der Wirtschaft bleibt die hohe Zahl der unbedienten Kredite – sie machen 120 Prozent der Wirtschaftsleistung aus. (gon)