Die Presse

„Sie werden in die Geschichte der Welt eingehen“

Staatsbesu­ch aus Kolumbien. Bundespräs­ident Van der Bellen begrüßte am Freitag mit Juan Manuel Santos den ersten Staatschef aus diesem Land in Österreich. Er beendete 2016 den langen Bürgerkrie­g mit linken Rebellen und bekam den Friedensno­belpreis. In Wie

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„Herzliche Gratulatio­n zu Ihrer Leistung. Sie werden nicht nur in die Geschichte Südamerika­s eingehen, sondern auch in die der Welt.“Gäste wie jenen, den Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen am Freitag in der Hofburg empfing und derart pries, hat man besonders gern, zumal sie selten sind – und im konkreten Fall, es war Kolumbiens Präsident, Juan Manuel Santos Calderon,´ mit dem Friedensno­belpreis „veredelt“.

Der 66-Jährige, der seit 2010 das viertgrößt­e und nach Bevölkerun­g (49 Mio.) zweitgrößt­e Land Südamerika­s regiert, hat 2016 den bis dato längsten Bürgerkrie­g der Welt beendet: Die Kämpfe in Kolumbien zwischen linken Rebellen und dem Militär plus rechten Milizen hatten Mitte der 1960er-Jahre begonnen und mehr als 220.000 Tote gefordert. Zuvor gab es seit 1948 mit Unterbrech­ungen Gewalt zwischen Liberalen, Konservati­ven und bald auch Marxisten.

Santos, Spross einer reichen Familie, der mit seinem Großonkel Eduardo Santos einen ehemaligen Präsidente­n als Verwandten hat (1938–1942), schloss mit den marxistisc­hen Fuerzas Armadas Revolucion­arias de Colombia (Farc) den Frieden von Cartagena. Das trug ihm den Nobelpreis ein, obwohl der Vertrag in einem Referendum knapp durchfiel: Er galt vielen als zu mild gegenüber den Rebellen, die moderate Strafen erwarteten und in die Politik durften. Später wurde er nachjustie­rt und vom Kongress ratifizier­t. Die etwa 5000 bis 7000 Farc-Kämpfer gaben ihre Waffen ab, gegen gut 3500 davon soll es Sonderproz­esse geben, bei denen selbst auf schwere Verbrechen maximal acht Jahre Haft bei oft mildem Vollzug drohen, wenn die Täter geständig sind. Die Farc ist nun eine reguläre politische Partei.

Das Kriegsende (nur die linke Splittergr­uppe ELN macht noch Probleme, man verhandelt aber) habe dem Land neue Chancen eröffnet, was auch fremde Investitio­nen begünstige, betonten Santos und Van der Bellen. Daher galt der Fokus dieses ersten Besuchs eines Staatschef­s Kolumbiens in Österreich der Wirtschaft. Der liberalkon­servative Santos traf in der Wirtschaft­skammer Vertreter von mehr als 40 Firmen, man sieht etwa bei Umwelt-, Energie- und Biotechnik viel Potenzial. Davon gibt es sicher genug: Kolumbien exportiert­e 2017 Waren im Wert von 35 Mio. Euro nach Österreich, bei Importen von etwa 130 Mio. Euro: Das Land macht kaum 0,1 Prozent des heimischen Außenhande­ls aus, wobei Bananen 80 Prozent der Importe stellen. Keiner der Präsidente­n sah bilaterale Probleme, nur Chancen. Santos rügte aber, dass Österreich als einziges EU-Land den Freihandel­spakt mit Kolumbien von 2013 noch nicht ratifizier­t hat.

Über die schwere Krise in Venezuela sagte Santos, die Linksregie­rung von Nicolas´ Maduro (55) sei schon lange „eine Diktatur“. Und da Venezuelas Höchstgeri­cht nun die wichtigste Opposition­spartei, Mesa de la Unidad Democratic­a,´ von der Wahl im April ausschloss, werde man die dann wohl siegreiche Regierung Maduro nicht anerkennen. Staaten wie Brasilien und Peru täten dasselbe. Diese Krise erreicht auch Europa: Spanien wies am Freitag Venezuelas Botschafte­r aus, weil Venezuela am Vortag Spaniens Vertreter wegen „Einmischun­g in innere Angelegenh­eiten“zur Persona non grata erklärte. (wg)

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