Starke Seelen im Walzertakt
Tanz. Felix Röper und Swatina Wutha eröffnen gemeinsam am Opernball. Zuvor tanzt die „Ich bin o.k.“-Dance Company heute Abend im Dschungel Wien.
Eigentlich, erzählt Swatina Wutha, habe ihre Mutter ja vorgehabt, sich den Opernball im Fernsehen anzuschauen. Doch dann hätten sie, als Swatina über Weihnachten zu Hause in Hamburg war, gemeinsam die „Sissi“-Filme gesehen. Für Swatina die Gelegenheit, ihrer Mutter zu erklären, „dass man den Opernball live erleben muss. Ich hätte das auch allein durchgezogen, aber jetzt kommt sie mit, ich hab’s geschafft.“
Swatina Wutha ist eine der 144 Jungdamen, die am 8. Februar den Opernball eröffnen werden, die einzige mit Trisomie 21 – und vermutlich diejenige mit der meisten Erfahrung im Rampenlicht. Schon als Kind hat die Hamburgerin mit Zirkusakrobatik begonnen. Beim Ensemble Meine Damen und Herren und in der Schauspielschule Artrium wurde sie zur Schauspielerin ausgebildet, dazu kamen Fortbildungen in Tanz. Als „Seele, die aus der Haut kommt“, beschreibt sie ihn.
Seit September macht sie bei „Ich bin o.k.“die neu geschaffene Ausbildung zur Tanzassistentin. Dazu zog sie eigens nach Österreich. „Das war schon ein großer Schritt für mich“, sagt sie. „Aber mein Ziel war immer, ins Ausland zu gehen. Etwas anderes als nur Hamburg zu erleben.“Nun wohnt sie in der Nähe der Seestadt Aspern und erkundet Wien. Ihr neues Tanzstudio liegt in einem Innenhof in der Goethegasse, in jenem Komplex zwischen Staatsoper und Burggarten, in dem auch die Ballettschule der Oper oder die Kostümwerkstätten Art for Art unterbracht sind. Von Art for Art hatte „Ich bin o.k.“vor ein paar Jahren erstmals eine Kostümkammer zur Verfügung gestellt bekommen. Als man kürzlich zum Gespräch gebeten wurde, erzählt Leiter Attila Zanin, „da haben wir gedacht, wir müssen raus“. Stattdessen bekam er größeren Ersatz, der nach seinen Wünschen barrierefrei eingerichtet wurde. „Da haben wir gewusst, jetzt sind wir angekommen.“
Dennoch spricht aus Zanin bis heute auch Vorsicht. Zu lang schon kennt er die Schwierigkeiten, mit denen die ungewöhnliche Tanzschule kämpft. Vor 39 Jahren hat seine Mutter Katalin Zanin den Verein gegründet. „Für mich war nie selbstverständlich, dass ich ihn einmal übernehmen würde“, sagt er. „Weil ich gewusst habe, wie schwer es ist.“Stattdessen ging er nach Deutschland, um zu unterrichten. „Aber dort habe ich gemerkt: Es fehlt mir was.“Auftritte des Vereins wie jener am Opernball sind wichtig, auch um Unterstützer zu gewinnen.
Swatinas Tanzpartner ist der Niederösterreicher Felix Röper. Anders als die redegewandte Swatina kommuniziert er auch abseits der Bühne gern nonverbal. Mit gewandten Gesten, sorgfältiger Kleidung, Handkuss zur Begrüßung. Er liebt die Oper, sieht sich als „starke Seele“, drückt sich in „Kein Stück Liebe“am liebsten aus – das Stück ist heute im Dschungel Wien zu sehen. Auch er wird zum Tanzassistenten ausgebildet. Viele Tänzer mit Behinderungen, sagt Zanin, würden auf Felix eher hören als auf ihn.
Schon 2011 ist die „Ich bin o.k.“Dance Company zum ersten Mal beim Opernball in Erscheinung getreten – damals hatte Renato Zanella sie in seine Balletteinlage eingebaut. Inzwischen war drei Mal ein Tänzer Teil des Eröffnungskomitees. Nun, erzählt Obfrau Hana Zanin Pauknerova,´ hätten sie erstmals gewagt, zu fragen, ob zwei Tänzer teilnehmen dürften. Dass diese dann tatsächlich als Paar tanzen würden, „damit haben wir gar nicht gerechnet“. Bleibt der Linkswalzer als Herausforderung. Aber mit dem haben schon viele andere gekämpft.
wurde 1979 von Katalin Zanin als Kultur- und Bildungsverein gegründet, um eine inklusive Gesellschaft zu fördern. Das Tanzstudio bietet rund 100 Mitgliedern jede Woche 17 Kurse. 2010 gründeten Attila und Hana Zanin die „Ich bin o.k.“-Dance-Company, seit September 2017 bieten sie mit dem Sozialministerium eine Ausbildung zum Tänzer und Tanzassistenten an, die Felix Röper und Swatina Wutha gerade absolvieren. Die beiden eröffnen am 8. Februar den Opernball. Heute Abend zeigt die Company um 19.30 Uhr im Dschungel Wien „Kein Stück Liebe“.