Peking sperrt das Internet ganz zu
Digital. China stopft die Lücken in seiner großen „Firewall“. Nächste Woche soll der letzte Zugang zum freien Netz geschlossen werden. Das stellt auch Österreichs Betriebe im Land vor ein Problem.
China hat in Sachen Internetfreiheit keinen allzu guten Ruf zu verteidigen. Seit Jahren landet die Volksrepublik, die zwischenzeitlich sogar Winnie Puuh aus dem lokalen Internet verbannt hat, bei den einschlägigen Rankings konsequent an letzter Stelle. Der Titel wird Peking auch künftig kaum zu nehmen sein. Denn Berichten zufolge will das Regime nächste Woche das letzte Schlupfloch im digitalen Zensursystem schließen.
So sollen die Telekomanbieter ab Februar gezwungen sein, die Nutzung von VPN-Diensten zu blockieren. Simpel gesagt, gaukeln diese Tunnelverbindungen dem System vor, dass der Nutzer nicht aus China, sondern aus anderen Teilen der Welt auf das Netz zugreift. Entsprechend beliebt sind die VPN-Dienste bei Chinesen, um auch auf die Tausenden Webseiten zu gelangen, die Peking blockiert. Dazu gehören Google, Twitter und Facebook, aber auch Medien wie „Le Monde“und „Guardian“.
Jahrelang hat China mit den VPNDiensten Katz und Maus gespielt, den Zugang verschärft und wieder gelockert. Staatschef Xi Jinping will damit nun Schluss machen. Im Juli musste Apple über 600 VPN-Apps aus dem chinesischen App-Store löschen. Jetzt sollen die letzten Alternativen verschwinden.
Doch das trifft nicht nur Chinas Bürger, sondern auch auslän- dische Unternehmen vor Ort. Dabei verwenden sie VPN-Zugänge in den allermeisten Fällen nicht, um auf Social-Media-Plattformen über das Regime zu schimpfen, mit dem sie Geschäfte machen wollen. Vielmehr sind die Tunnelverbindungen für sie oft der einzige Weg, um etwa mit Kollegen in anderen Ländern an einem Google-Doc-File zu arbeiten oder Daten sicher in die Cloud zu befördern. All das könnte nun schwieriger werden.
Die lokalen Behörden beteuern zwar, dass ausländische Firmen von den Restriktionen ausgenommen seien, doch die Klagen häufen sich. Selbst die EU musste im Dezember offiziell Beschwerde einlegen, weil in den Botschaften zweier EU-Staaten in China die VPN-Zugänge gesperrt wurden. Auch einige österreichische Betriebe im Land berichten unter Zusicherung der Anonymität, dass ihre Mitarbeiter in China es kaum noch ins freie Internet schafften. VPNZugänge würden zumindest teilweise blockiert.
Sie sind stattdessen angehalten, eine staatliche Software zu verwenden, um die Zensur zu umgehen. Doch diese Programme sind erstens teuer und liefern die Un- ternehmen zweitens vollends dem Zugriff der Behörden aus.
Die Unternehmer haben gute Gründe, skeptisch zu sein. Seit dem Vorjahr sind sie verpflichtet, Daten, die in China anfallen, auch in China zu speichern und der Regierung bei Bedarf auszuhändigen. Selbst wenn es manche Unternehmen schaffen, sich zu arrangieren, leichter dürfte es für sie nicht werden. „Sie werden schwerer Leute finden“, sagt ein heimischer IT-Berater, der oft in Asien zu tun hat. „Wer will schon aus Österreich ans andere Ende der Welt – und dann nicht einmal mit der Familie daheim chatten können?“