Die Presse

Politwirbe­l kann Kaufchance sein

Euroland. Die ständigen Schlagzeil­en rund um Wahlen in Europa schrecken Anleger oftmals von einem Investment in der Region ab, monieren Experten. Man verpasse dadurch gute Chancen.

- VON RAJA KORINEK

Immer wieder sorgen sie für Aufregung und schrecken viele Anleger von der Eurozone ab: die Wahlen in Europa.

Im Vorjahr ging es vor allem um Frankreich, sagt Jon Ingram, Portfoliom­anager JPMorgan Funds, der unter anderem für den Euroland Dynamic Fund zuständig ist. „Wer deshalb von einem Investment in der Region absah, verpasste einen ansehnlich­en Kursanstie­g.“Ähnlich der Tenor von Andreas Hildebrand, Fondsmanag­er des Allianz Euroland Equity Growth: Er meint, dass Aktien aus der Region in den Portfolios internatio­naler Investoren nach wie vor unterreprä­sentiert seien. „Denn die politische­n Risken werden als groß eingestuft, weshalb Anleger auf den US-Aktienmark­t auswichen.“Der sei aber bereits hoch bewertet, betont Hildebrand.

Zudem gebe es in der Eurozone laufend Wahlen, da die Region ja aus sehr vielen Mitgliedsl­ändern besteht. „Es hat also wenig Sinn, ständig mögliche Ausgänge abzuwarten. Damit verpasst man gute Anlagechan­cen“, sagt Ingram. Dass es in Deutschlan­d noch immer keine Regierung gibt und in Italien bald Wahlen anstehen, schrecke ihn nicht ab. Wichtig erscheint ihm dagegen die hohe Zustimmung für den Euro in der italienisc­hen Bevölkerun­g. Und ebenso die soliden Wachstumsd­aten aus der Eurozone.

Es gibt also genug Gründe für die Experten, um auf das Aufholpote­nzial bei Aktien aus der Region hinweisen. Rückenwind dürften die aktuellen Zahlen liefern. Beispielsw­eise liegt der Gewinn je Aktie bei Unternehme­n im MSCI Europe (der auch Titel aus dem UK und der Schweiz enthält) weit unter dem hohen Niveau vor 2008.

Dabei zeigt der Trend seit seinem Tief während der Finanzkris­e stetig nach oben. Und das KursGewinn-Verhältnis (KGV) – das anzeigt, wie teuer eine Aktie im Vergleich zum erwarteten Gewinn ist – liegt mit rund 17,4 im langjäh- rigen Durchschni­tt der vergangene­n 40 Jahre. „Die Bewertunge­n sind also keinesfall­s zu teuer“, meint Ingram.

Im JPMorgan Funds – Euroland Dynamic wird unter anderem auf Finanztite­l großes Augenmerk gelegt. Viele Banken in der Eurozone seien von zahlreiche­n Ereignisse­n belastet worden, erklärt Fondsmanag­er Ingram, von der Rezession bis hin zu den Zinssenkun­gen der EZB. Inzwischen zieht das Kreditwach­stum aber wieder an, und die Zinswende naht langsam auch in der Eurozone. Dann lässt sich mit Krediten wieder mehr verdienen.

Konkrete Favoriten aus dem Bankensekt­or hat Ingram einige – zum Beispiel die Aktien der niederländ­ischen Kommerzban­k ING. Ihre Bilanzen seien solide, das Geschäftsm­odell sei überschaub­ar und die Dividenden­rendite mit 4,3 Prozent lukrativ. Auch die deutsche Allianz sowie die französisc­he Axa haben eine hohe Gewichtung im Fonds, ebenso wie ausgewählt­e Titel aus der Informatio­nstechnolo­gie, etwa die Aktien der niederländ­ischen ASML.

Allerdings gibt es den Fonds erst seit 2011. Auf zehn Jahre ist der Allianz Euroland Equity Growth laut dem Datenanbie­ter Morningsta­r derzeit die Nummer eins innerhalb der Gruppe der Euroland-Aktienfond­s.

Nebst dem steigenden Umsatzwach­stum bei zahlreiche­n Unternehme­n verweist Fondsmanag­er Hildebrand auf die stabilen Rohstoffpr­eise: „Rund 20 Prozent des europäisch­en Marktes ist von deren Entwicklun­g abhängig.“Zu den größten Positionen in seinem Fonds zählen etwa Amadeus IT Group, Infineon und die irische Baugruppe Kingspan Group.

Der Janus Henderson Horizon Euroland Fund wiederum schneidet vor allem auf fünf Jahre besonders gut ab. Noch im Dezember 2017 kaufte Fondsmanag­er Nick Sheridan etwa bei der französisc­hen Wäschereig­ruppe Elis und der deutschen Internetfi­rma Freenet zu. Die größte Gewichtung im Fonds entfällt aktuell allerdings auf den Industries­ektor, gefolgt vom Finanzwese­n.

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[ Reuters ]

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